Klimarisikoversicherungen
Die unter deutscher G7-Präsidentschaft gestartete Erarbeitung eines Globalen Schutzschirms gegen Klimarisiken bündelt Aktivitäten im Bereich der Klimarisikoabsicherung und -vorsorge. Dadurch werden Hilfen einfacher und schneller für Menschen und Behörden zugänglich, die diese im Katastrophenfall dringend brauchen.
Der Schutzschirm baut dabei auf der InsuResilience Global Partnership auf, die sich weltweit für ein umfassendes und aktives Management von Klimarisiken einsetzt. Dabei fördert sie die Zusammenarbeit von Staaten, dem Privatsektor, multilateralen Institutionen, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Forschungsinstituten.
Deutsches Engagement InsuResilience Global Partnership
Ausbau von Finanzierungs- und Versicherungslösungen für Klima- und Katastrophenrisiken
Deutschland hat die Partnerschaft 2017 im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft mit Großbritannien, Fidschi, Äthiopien und der Weltbank als gemeinsame Initiative von G20 und V20 (den „Vulnerablen 20“) ins Leben gerufen. Die V20-Gruppe ist ein Zusammenschluss der Finanzministerinnen und -minister der 55 gegenüber dem Klimawandel verwundbarsten Länder. Die InsuResilience Global Partnership umfasst inzwischen mehr als 120 Mitglieder aus Industrie- und Entwicklungsländern, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft, internationalen Organisationen und Forschung (Stand: September 2022). Deutschland ist größter Unterstützer dieser zentralen Initiative.
Die verschiedenen Programme innerhalb der Partnerschaft unterstützen im Voraus vereinbarte Ansätze, zum Beispiel Klimarisikoversicherungen, die das finanzielle Risiko von Klimaauswirkungen und Katastrophen abdecken. Durch schnelle Hilfe und Wiederaufbau werden die Lebensgrundlagen armer und vulnerabler Menschen vor klimabedingten Folgen geschützt. Gleichzeitig unterstützt die Partnerschaft die Umsetzung von umfassenden Strategien zu Klima- und Katastrophenrisiken auf nationaler und lokaler Ebene in armen und verwundbaren Ländern.
Mit der Vision 2025 hat sich die Partnerschaft ein ambitioniertes Ziel gesetzt: 500 Millionen der ärmsten und verwundbarsten Menschen sollen bis 2025 abgesichert werden.
Im Rahmen der InsuResilience Global Partnership laufen derzeit 24 Programme mit mehr als 300 Projekten in über 100 Ländern. 2021 konnten somit bereits 150 Millionen Menschen finanziell gegen Klimarisiken abgesichert werden. Auf diesen Erfahrungen, den existierenden Strukturen und der engen Partnerschaft mit den V20 baut der Globale Schutzschirm gegen Klimarisiken auf. Der Schutzschirm soll die bestehenden Aktivitäten bündeln und einfacher zugänglich machen und zusätzliche Finanzierung mobilisieren. Die Absicherung gegen Klimarisiken soll so im Vergleich zu den bisherigen Instrumenten systematischer, besser abgestimmt und dauerhafter werden. Anspruch ist es, noch mehr arme und verletzliche Menschen und Länder besser gegen Klimarisiken abzusichern und Schritt für Schritt ihre Schutzlücke dauerhaft zu schließen.
Weitere Informationen zur Partnerschaft (auf Englisch):
Deutsches Engagement Erfolge des BMZ im Bereich Klimarisikoversicherungen
Bereits bestehende Programme, wie die African Risk Capacity (ARC), werden weiterhin von Deutschland unterstützt. Die ARC-Dürreversicherung hat bis Mitte 2020 61 Millionen US-Dollar an die Regierungen von Mauretanien, Senegal, Malawi, Niger und Côte d‘Ivoire sowie humanitäre Akteure wie das Start Network ausgezahlt, wodurch mehr als 3,2 Millionen Menschen in akuten Dürrekatastrophen geholfen werden konnte.
Fachlicher Hintergrund
Was versteht man unter Klimarisikofinanzierung?
Extremwetterereignisse sind unterschiedlich stark und häufig. Um den daraus resultierenden Klimarisiken wirksam zu begegnen, werden aufeinander abgestimmte Instrumente der Risikofinanzierung benötigt, die jeweils unterschiedliche Finanzierungsbedarfe abdecken: Direkte und indirekte Klimarisikoversicherungen, Garantien, Bonds oder (Reserve-)Fonds sowie Kredite oder Zuschüsse helfen betroffenen Menschen, sich einerseits schnell von Katastrophen zu erholen und sich andererseits zukünftig besser davor zu schützen.
Schäden durch Zyklon Evan 2012 auf Samoa
Klimarisikofinanzierung ist dann am wirksamsten, wenn sie in eine umfassende Risikomanagementstrategie eines Landes eingebettet und in die Budget- und Kreditlinien eines Staatshaushaltes einkalkuliert ist. Jedes Finanzierungsmodell sollte fallspezifisch anhand der lokalen Gegebenheiten und Risikofaktoren identifiziert werden, um einen möglichst hohen Nutzen für die betroffenen Menschen zu gewährleisten. Die Wahl des effizientesten Instruments wird aufgrund des gegebenen Risikos bestimmt – beispielsweise sind bei kleinen, oft wiederkehrenden Ereignissen eher Reservefonds im Staatshaushalt geeignet, während Extremereignisse am effektivsten durch Versicherungen abgedeckt werden können.
Über eine ganzheitliche Klimarisikofinanzierung haben Regierungen, humanitäre Akteure oder andere Organisationen im Falle einer Katastrophe schnellen Zugriff auf finanzielle Mittel. Das entlastet den Staatshaushalt und schafft finanzielle Sicherheit und Planbarkeit. Auf staatlicher Ebene ist dabei entscheidend, dass vorab definiert wird, wie im Katastrophenfall die Auszahlung der Mittel erfolgen soll, damit die ärmsten und verwundbarsten Bevölkerungsgruppen davon schnell profitieren und Folgeeffekte minimiert werden.
Potenziale von Risikofinanzierung und Klimarisikoversicherungen
Versicherungen eignen sich vor allem für die Absicherung von mittleren bis schweren Risiken, die in höheren Wiederkehrperioden ab etwa 15 Jahren vorkommen. Regional kann sich diese Eignung allerdings stark unterscheiden. Risikobewertungen sind notwendig, um den adäquaten Einsatz von Versicherungen und weiteren Instrumente der Risikofinanzierung wie beispielsweise Reservefonds genauer zu bestimmen.
Diese werden in einer umfassenden Finanzierungsstrategie des Klima- und Katastrophenrisikomanagements genau festgelegt und entsprechend den lokalen Bedürfnissen angepasst.
Anreize für vorbeugendes und risikominderndes Verhalten: Der Abschluss einer Dürreversicherung erfolgt auf Basis einer systematischen Risikobewertung. Durch risikomindernde Maßnahmen, wie zum Beispiel den Anbau einer dürreresistenteren Frucht oder den Bau schützender Infrastruktur, kann die Höhe der Versicherungsprämie für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern reduziert werden. Das fördert das Bewusstsein für die Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen und Risikovorsorge für den Fall einer Katastrophe. Zudem verlangen einige regionale Risikopools, wie die African Risk Capacity , die Entwicklung von Notfallplänen als Vorbedingung für einen Versicherungsabschluss. Die Notfallpläne sorgen dafür, dass ausgezahlte Mittel effektiv eingesetzt werden.
Feldarbeit in Nordkenia
Synergien zwischen öffentlichen und privaten Bemühungen: Im Allgemeinen mobilisieren Versicherungsprodukte und Finanzlösungen privates Kapital auf vielfältige Weise. Erstens verringern Versicherungen das Risiko finanzieller Verluste, ermöglichen so zusätzliche lokale Investitionen und machen mehr Projekte bankfähig. Zweitens stützen sich Versicherungslösungen oder -pools auf (privates) Rückversicherungskapital, wodurch das erforderliche Solvenz(risiko)kapital erheblich verringert wird. Schließlich können Versicherungsvehikel wie (strukturierte) Fonds, Anleihen oder Fazilitäten eine große Zahl privater Investoren mobilisieren, die aufgrund der Diversifizierungsmöglichkeit angezogen werden.
Somit sind Klimarisikoversicherungen ein gutes Beispiel in der Entwicklungspolitik, wie der öffentliche Sektor gemeinsam mit der Privatwirtschaft Produkte zugunsten von armen und verwundbaren Menschen entwickelt. Insbesondere Versicherungsunternehmen können ihr Risikokapital sowie ihre Expertise zu Risikoanalysen und Versicherungsprodukten einbringen, während der öffentliche Sektor einerseits die finanzielle Förderung bereitstellt, aber auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen muss. Die Entwicklung von lokalen Versicherungsmärkten fällt ebenfalls in diesen Bereich.
Instrumente zur Risikobewertung sind eine wesentliche Voraussetzung für Versicherungen. Im Entwicklungskontext ist die Datenverfügbarkeit begrenzt und die Datenqualität bringt eine weitere Unsicherheitsstufe mit sich, die zu teureren Prämien führen kann. Hier gibt es gemeinsame Bestrebungen, die globale Datenverfügbarkeit bzw. globale Risikomodelle zur Verfügung zu stellen.
Gesteigerte Tragfähigkeit von Klimarisiken in Staatshaushalten: Klimabedinge Katastrophen können Staatshaushalte signifikant belasten, wenn öffentliche Mittel für die unmittelbare Nothilfe und anschließenden Wiederaufbau mobilisiert werden müssen. Dies kann einerseits zu einer Reallokation von Mitteln führen, die sonst der langfristigen Entwicklung des Landes zugutegekommen wären. Andererseits müssen Länder direkt nach der Katastrophe Schulden häufig zu sehr schlechten Finanzierungsbedingungen aufnehmen. Dies hat erhebliche Folgen für das Verschuldungsniveau bereits armer Länder.
Vorab definierte Risikofinanzierungslösungen geben vulnerablen Ländern Verlässlichkeit in der finanziellen Tragfähigkeit von Klimarisiken. Beispiele für diese Lösungen, um auf Klimaschocks und Naturkatastrophen zu reagieren, sind der Aufbau von Reserven im Staatsbudget, die Aufnahme bedingter Darlehen, die nach Naturkatastrophen zu vorab festgelegten Konditionen aktiviert werden können, oder Versicherungslösungen, die rasche Liquidität ohne Schuldenaufnahme bereitstellen, um für Klimaextreme gewappnet zu sein.
Stand: 20.09.2022