Gewalt gegen Frauen – oder auch gegen Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) – ist eine der schwerwiegendsten und am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen weltweit. Sie tritt in vielen Formen auf: als körperliche, psychische, sexualisierte, soziale, wirtschaftliche, institutionelle und digitale Gewalt. Darunter fallen zum Beispiel Zwangsheirat, Frauenhandel, Massenvergewaltigungen in Kriegs- und Krisensituationen oder weibliche Genitalverstümmelung.
Mädchen in einer Schule in Bangui, Zentralafrikanische Republik
Weltweit ist laut Schätzungen jede dritte Frau während ihres Lebens zumindest einmal von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt innerhalb oder außerhalb von Partnerschaften betroffen. In manchen Ländern liegt der Anteil sogar bei bis zu 70 Prozent.
Viele Frauen sind gleichzeitig mit mehreren Formen von Diskriminierung konfrontiert. Sie tragen deshalb ein erhöhtes Risiko, geschlechtsspezifische Gewalt zu erfahren. Dazu gehören zum Beispiel indigene Frauen, Frauen in ländlichen Gebieten, Frauen mit Behinderungen, Frauen auf der Flucht und Migrantinnen.
Ursachen und Folgen
Geschlechtsspezifische Gewalt ist vor allem ein gesellschaftliches Problem. Sie entsteht aufgrund von ungleichen Machtverhältnissen, fehlenden Gesetzen und/oder mangelnder Strafverfolgung, verfestigten Vorurteilen und nicht hinterfragten Traditionen sowie Gleichgültigkeit.
Die Folgen der Gewalt sind einschneidende psychische und physische Schäden für die Betroffenen. Zudem wird ihr Zugang zum öffentlichen Leben, zur wirtschaftlichen Teilhabe, politischen Beteiligung und zur Bildung eingeschränkt. Neben den enormen Folgen für die Frauen und Mädchen entstehen den Gesellschaften dadurch auch erhebliche finanzielle Kosten. Eine nachhaltige Entwicklung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) kann so nicht gelingen.
Einige der globalen Entwicklungsziele als Sitzkissen bei einer Konferenz
Die internationale Staatengemeinschaft hat sich mit der Agenda 2030 (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zum Ziel gesetzt, alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen im öffentlichen und privaten Bereich zu beseitigen (Nachhaltigkeitsziel 5.2).
Zudem sollen alle schädlichen Praktiken wie Kinderheirat, Früh- und Zwangsverheiratung sowie die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen beseitigt werden (Ziel 5.3).
Deutsches Engagement
Gewalt an Mädchen und Frauen zu bekämpfen und durch Vorbeugung zu vermeiden, ist ein zentrales Anliegen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, das im Gleichberechtigungskonzept des BMZ von 2014 und im entwicklungspolitischen Gender-Aktionsplan 2016–2020 festgelegt ist. Auch das Fünf-Punkte-Papier „Keine Gewalt gegen Frauen“ von 2017 verdeutlicht die klare Ausrichtung des BMZ-Engagements:
1. Wir lassen kein Opfer allein. 2. Wir wollen die Täter zur Verantwortung ziehen. 3. Wir setzen auf gleiche Chancen und gleiche Rechte. 4. Wir wollen Gewalt verhindern, bevor sie passiert. 5. National und international handeln, lokal wirken
Mädchen in einer Schule in Bangui, Zentralafrikanische Republik
Weibliche Genitalverstümmelung, international meist mit dem Begriff „Female Genital Mutilation“ (FGM) bezeichnet, ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Praktiken, bei denen die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane ohne medizinische Notwendigkeit teilweise oder vollständig entfernt werden.
Nach Schätzungen des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) sind weltweit etwa 200 Millionen Frauen und Mädchen von dieser schädlichen Praktik betroffen. Sie ist eine schwere Verletzung der Menschenrechte, etwa des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit. Sie verletzt die Würde der Betroffenen und stellt ein Entwicklungshemmnis sowohl für Mädchen und Frauen als auch die gesamten Gesellschaften dar. Mehr dazu lesen Sie hier.
Gewalt in der Partnerschaft
Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen wird überwiegend von (Ex-)Partnern ausgeübt – häufig über Jahre hinweg. Der Gewalt liegt ein ungleiches Machtverhältnis zugrunde, welches vom Täter gezielt ausgenutzt und eingesetzt wird, um die eigenen Interessen gegen den Willen der Frau durchzusetzen.
Frauen jeder Herkunft, aus allen sozialen Schichten, mit unterschiedlichem Einkommen und Bildungsstand können von dieser Gewalt betroffen sein. Die wenigsten Fälle werden angezeigt oder vor Gericht gebracht.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die nationalen Bemühungen von Partnerländern, betroffenen Frauen einen besseren Zugang zur Justiz und zu qualitativ hochwertigen Beratungs- und Hilfsangeboten zu verschaffen. Außerdem werden die Partnerländer dabei unterstützt, sich aktiv und kritisch mit gesellschaftlichen Normen und Geschlechterstereotypen auseinanderzusetzen und gezielt auf den Abbau bestehender struktureller Ungleichheiten hinzuarbeiten. Dabei ist es entscheidend, auch die Jungen und Männer in diese Bemühungen einzubeziehen.
In einem Krankenhaus in Goma in der Demokratischen Republik Kongo wird eine Frau nach einer Vergewaltigung behandelt.
Weltweit kommt es in bewaffneten Konflikten zu verschiedenen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt.
Unter anderem wird sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen, aber auch gegen Jungen und Männer und sexuelle Minderheiten (LSBTIQ+ (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) als „Kriegswaffe“ eingesetzt – um Macht zu demonstrieren, zu bestrafen, zu demoralisieren und zu entwürdigen, um Bevölkerungsgruppen zu vertreiben, Familien- und Gemeinschaftsstrukturen zu zerstören oder „ethnische Säuberungen“ vorzunehmen.
Deutschland setzt sich international für die Umsetzung der Resolution 1820 (Externer Link) des UN-Sicherheitsrats ein, die sexualisierte Gewalt als Kriegsverbrechen definiert. Die Bundesrepublik tritt für die Bestrafung der Täter auf nationaler Ebene oder vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) ein.
Im April 2019 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die von Deutschland eingebrachte Resolution 2467 (Externer Link). Sie zielt darauf ab, Verantwortliche sexualisierter Gewalt noch stärker zur Rechenschaft zu ziehen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Flucht und Vertreibung
Das UNHCR-Camp für syrische Flüchtlinge in der Autonomen Region Kurdistan im Irak, Aufnahme von 2014
Insbesondere im Kontext von Flucht und Vertreibung geht die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf geschlechtsspezifische Herausforderungen und Bedürfnisse ein und setzt verstärkt Maßnahmen zum Schutz vor und zur Prävention von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt um.
So werden zum Beispiel in Flüchtlingsunterkünften und aufnehmenden Gemeinden in der kurdischen Region im Irak lokale Strukturen zur Gewaltprävention und zur Beratung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt unterstützt und ausgebaut.
Angestellte von Krankenhäusern, Schulen und Beratungsstellen sowie lokale Trainerinnen und Trainer werden zu dem Thema qualifiziert und vernetzt.
In enger Zusammenarbeit mit Frauenrechts- und anderen zivilgesellschaftlichen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Organisationen erhalten geflüchtete Frauen und Mädchen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, psychosoziale sowie rechtliche Beratung.
Menschenhandel, Zwangs- und Kinderprostitution
Schulunterricht für Mädchen in einer Kinder- und Familienschutzzone für syrische Flüchtlinge in Hashemi al-Shimali in Jordanien
Ein weiterer Einsatzbereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit ist die Überwindung von Menschenhandel, Zwangs- und Kinderprostitution. In Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft fördert die Bundesregierung in diesem Bereich Maßnahmen zur Prävention, zum Opfer- und Zeuginnenschutz und zur Rehabilitation und gesellschaftlichen Wiedereingliederung der von diesen Straftaten Betroffenen.
Dazu gehört auch, dass Deutsche, die im Ausland Kinder sexuell missbrauchen, in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden.
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