Frauenrechte und Gender Der Gender-Ansatz des BMZ

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts begrenzt alle Menschen in ihren Möglichkeiten, ihre Potenziale zu nutzen und sich für eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Sie lässt sich daher nicht allein durch die gezielte Stärkung der Frauenrechte überwinden. Die feministische Entwicklungspolitik des BMZ zielt darauf ab, diskriminierende Strukturen abzubauen.

Der sogenannte Gender-Ansatz der deutschen Entwicklungspolitik stellt das Verhältnis zwischen den Geschlechtern in den Mittelpunkt: Nur wenn vorherrschende Geschlechterrollen und -stereotype klar angesprochen werden und sich das Bewusstsein und Handeln von allen verändert, lässt sich eine gerechtere Verteilung von Macht, Verantwortung und Ressourcen erreichen.

Zum Begriff „Gender

Zeichen für sexuelle Diversität auf grünem Ampelzeichen. Ein Kreis mit einem nach unten weisendem Kreuz als Symbol für das weibliche Geschlecht, einem nach links oben weisendem, durchgestrichenem Pfeil als Symbol für Diversität und einem nach rechts oben weisenden Pfeil als Symbol für das männliche Geschlecht. Aufnahme aus London, Nähe Trafalgar Square
Zeichen für sexuelle Diversität auf grünem Ampelzeichen, London, Nähe Trafalgar Square

Die englische Sprache unterscheidet das biologische Geschlecht („sex“) vom sozialen Geschlecht („gender“), der individuell erlernten oder zugewiesenen Geschlechterrolle. Diese Rolle wird durch die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Organisation einer Gesellschaft und durch die in ihr geltenden rechtlichen und ethisch-religiösen Normen und Werte bestimmt. Für das Wort „Gender“ gibt es keine exakte deutsche Entsprechung, darum wurde der Begriff in den vergangenen Jahrzehnten von den Sozialwissenschaften als Lehnwort in die deutsche Sprache eingeführt.

Der Gender-Ansatz berücksichtigt, dass zum Beispiel Frauen und Mädchen häufig mehrfach diskriminiert werden – also nicht „nur“ wegen ihres Geschlechts, sondern zusätzlich auch wegen ihrer Religion, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres Alters. All diese Faktoren muss die Entwicklungspolitik ins Auge fassen, wenn sie einen gesellschaftlichen Wandel anstoßen und fördern möchte.

Benachteiligungen beenden

Mit seinem Konzept zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der deutschen Entwicklungspolitik verfolgt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen dreigleisigen Ansatz, um die Benachteiligung von Frauen und Mädchen zu beenden, Geschlechterhierarchien abzubauen und einen Machtausgleich zu erreichen:

  • Empowerment
    In den Kooperationsländern fördert das BMZ spezifische Vorhaben, die zu einer deutlichen Stärkung von Frauenrechten beitragen. Durch Bewusstseinsbildung auf allen gesellschaftlichen Ebenen sollen Frauen als Rechtsträgerinnen gestärkt und ihre Handlungsmöglichkeiten erweitert werden. Dabei ist es wichtig, auch die Männer (zum Beispiel Väter, Brüder, Partner) einzubeziehen und für das Thema zu sensibilisieren. Ein wirkungsvolles Instrument für Empowerment (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) ist die gezielte Aus- und Weiterbildung von Mädchen und Frauen.
  • Gender-Mainstreaming
    Frauen, Männer und Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) sollen gleichberechtigt an Entwicklungsprozessen teilhaben. Daher müssen ihre unterschiedlichen Lebenslagen und Interessen in allen entwicklungspolitischen Strategien, Programmen und Projekten berücksichtigt werden. Dieses Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit bezeichnet man als Gender-Mainstreaming (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen). Es umfasst alle Phasen eines entwicklungspolitischen Vorhabens, von der Planung über die Steuerung bis zur Umsetzung und Auswertung.
  • Politikdialog und -beratung
    Das BMZ hat die Gleichberechtigung der Geschlechter auch im Politikdialog und in der Politikberatung verankert: Bei Regierungsverhandlungen und -konsultationen und im politischen Dialog zu verschiedenen Sachgebieten und mit anderen Gebern werden Gender-Fragen und Frauenrechte verstärkt berücksichtigt.
Titelblatt: Dritter entwicklungspolitischer Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter (2023–27)

Dritter entwicklungspolitischer Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter (2023–27)

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 12/2023 | Dateigröße 719 KB, Seiten 36 Seiten | Zugänglichkeit barrierefrei

Um die Rechte und die Teilhabe von Frauen, Mädchen und besonders benachteiligten Gruppen in all ihrer Vielfalt zu stärken, enthält der dritte entwicklungspolitische Gender-Aktionsplan konkrete Maßnahmen für die Jahre 2023 bis 2027. Er orientiert sich an den Handlungsfeldern der Strategie zur feministischen Entwicklungspolitik des BMZ, setzt thematische Schwerpunkte und soll Orientierung geben, wie sich feministische Entwicklungspolitik in der Praxis umsetzen lässt. Ziel ist dabei vor allem, die feministischen Kernelemente sichtbar, messbar und vor allem nachahmbar zu machen.

Mehr Informationen zur feministischen Entwicklungspolitik finden Sie hier.

Fachlicher Hintergrund

Der dreigleisige Ansatz der deutschen Entwicklungspolitik entspricht der Politik der Europäischen Union, die sich im Vertrag von Lissabon (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) (2008) zum Gender-Mainstreaming verpflichtet hat.

Eine wichtige Richtschnur für Deutschland stellt der EU-Aktionsplan 2016 – 2020 für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung von Frauenrechten im Bereich der Außenbeziehungen der EU dar. Er gliedert sich in vier Schwerpunktbereiche: Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Rechte von Frauen, Stärkung der Mitsprache und Beteiligung von Frauen und Mädchen, institutioneller Wandel zur verbesserten Abstimmung aller EU-Akteure und Mitgliedsstaaten.


Das Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter wird durch die Charta der Vereinten Nationen (1945) und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) anerkannt und ist im Zivil- und im Sozialpakt der Vereinten Nationen (1966) rechtsverbindlich verankert.

1979 verabschiedete die UN-Generalversammlung das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women, CEDAW). Es zählt bis heute zu den weltweit grundlegenden Rechtsinstrumenten im Bereich der Menschenrechte von Frauen. 1999 wurde das Abkommen durch ein Fakultativprotokoll ergänzt, das Individualbeschwerden vorsieht. Einzelne Frauen oder Gruppen haben dadurch die Möglichkeit, nationale Rechtsverletzungen des Übereinkommens an den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau zu melden.

2010 wurden die vier Abteilungen und Programme der Vereinten Nationen zum Thema Frauen- und Mädchenrechte sowie Gleichberechtigung der Geschlechter unter einem Dach vereint: Die UN-Organisation für Geschlechtergerechtigkei (Externer Link)t (United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women, kurz UN Women) nahm ihre Arbeit auf. Ihr Ziel ist es, den Fortschritt bei der Verwirklichung der Menschenrechte von allen Frauen und Mädchen weltweit zu beschleunigen.

So ist es die Aufgabe von UN Women, die Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsthema im gesamten UN-System zu fördern. Die Organisation entwickelt gemeinsam mit den UN-Mitgliedsstaaten und der Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Politikziele, wirkt weltweit auf die Einhaltung und Umsetzung bereits bestehender internationaler Verpflichtungen hin, berät Staatengremien und Mitgliedsstaaten und leistet praktische entwicklungspolitische Programmarbeit im Bereich Geschlechtergerechtigkeit und Frauenförderung.

Das Erreichen von Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen wurde auch als eigenständiges Ziel in die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) aufgenommen (Ziel 5). In den Unterzielen werden unter anderem die Handlungsfelder Gewalt gegen Frauen und Mädchen, unbezahlte Haus- und Pflegearbeit sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) benannt. Darüber hinaus ist die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter und die gezielte Stärkung von Frauenrechten auch in den anderen Zielen der Agenda 2030 durchgängig verankert.

Logo zur Kampagne Generation Equality

Logo der Kampagne Generation Equality

Logo der Kampagne Generation Equality

1995 fand die vierte Weltfrauenkonferenz in Peking statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterzeichneten damals die „Pekinger Erklärung und Aktionsplattform (Externer Link)“ als umfassenden Forderungskatalog für die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Stärkung von Frauen und Mädchen. Aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Plattform wurde 2020 die Initiative „Generation Gleichberechtigung: Frauenrechte verwirklichen – für eine gleichberechtigte Zukunft“ (Generation Equality: Realizing women's rights for an equal future (Externer Link)) gestartet. Ziel ist, den Umsetzungsstand der Agenda 2030 zu überprüfen und bis 2025 konkrete Aktivitäten zu entwickeln, um die Ziele zur Gleichberechtigung der Geschlechter bis 2030 zu erreichen.

Der Prozess steht unter der Schirmherrschaft Mexikos und Frankreichs und wird von UN Women organisiert. Es wurden sechs „Action Coalitions“ gegründet, an denen sich Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen, der Zivilgesellschaft (insbesondere Frauen- und Jugendorganisationen), internationaler Organisationen und der privaten Wirtschaft beteiligen. Themen sind unter anderem geschlechtsspezifische Gewalt, wirtschaftliche Gerechtigkeit, sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, Klimagerechtigkeit sowie Technologie und Innovation.

Deutschland hat eine Führungsrolle in der Action Coalition zu wirtschaftlicher Gerechtigkeit übernommen und macht sich darüber hinaus gegen geschlechtsspezifische Gewalt stark.

Stand: 19.12.2023