Frauenrechte und Gender Der Gender-Ansatz des BMZ
Zum Begriff „Gender“
Die englische Sprache unterscheidet das biologische Geschlecht („sex“) vom sozialen Geschlecht („gender“), der individuell erlernten oder zugewiesenen Geschlechterrolle. Diese Rolle wird durch die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Organisation einer Gesellschaft und durch die in ihr geltenden rechtlichen und ethisch-religiösen Normen und Werte bestimmt. Für das Wort „Gender“ gibt es keine exakte deutsche Entsprechung, darum wurde der Begriff in den vergangenen Jahrzehnten von den Sozialwissenschaften als Lehnwort in die deutsche Sprache eingeführt.
Der Gender-Ansatz berücksichtigt, dass zum Beispiel Frauen und Mädchen häufig mehrfach diskriminiert werden – also nicht „nur“ wegen ihres Geschlechts, sondern zusätzlich auch wegen ihrer Religion, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres Alters. All diese Faktoren muss die Entwicklungspolitik ins Auge fassen, wenn sie einen gesellschaftlichen Wandel anstoßen und fördern möchte.
Benachteiligungen beenden
Mit seinem Konzept zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der deutschen Entwicklungspolitik verfolgt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen dreigleisigen Ansatz, um die Benachteiligung von Frauen und Mädchen zu beenden, Geschlechterhierarchien abzubauen und einen Machtausgleich zu erreichen:
- Empowerment
In den Kooperationsländern fördert das BMZ spezifische Vorhaben, die zu einer deutlichen Stärkung von Frauenrechten beitragen. Durch Bewusstseinsbildung auf allen gesellschaftlichen Ebenen sollen Frauen als Rechtsträgerinnen gestärkt und ihre Handlungsmöglichkeiten erweitert werden. Dabei ist es wichtig, auch die Männer (zum Beispiel Väter, Brüder, Partner) einzubeziehen und für das Thema zu sensibilisieren. Ein wirkungsvolles Instrument für Empowerment (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) ist die gezielte Aus- und Weiterbildung von Mädchen und Frauen. - Gender-Mainstreaming
Frauen, Männer und Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) sollen gleichberechtigt an Entwicklungsprozessen teilhaben. Daher müssen ihre unterschiedlichen Lebenslagen und Interessen in allen entwicklungspolitischen Strategien, Programmen und Projekten berücksichtigt werden. Dieses Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit bezeichnet man als Gender-Mainstreaming (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen). Es umfasst alle Phasen eines entwicklungspolitischen Vorhabens, von der Planung über die Steuerung bis zur Umsetzung und Auswertung. - Politikdialog und -beratung
Das BMZ hat die Gleichberechtigung der Geschlechter auch im Politikdialog und in der Politikberatung verankert: Bei Regierungsverhandlungen und -konsultationen und im politischen Dialog zu verschiedenen Sachgebieten und mit anderen Gebern werden Gender-Fragen und Frauenrechte verstärkt berücksichtigt.
Der „Entwicklungspolitische Aktionsplan zur Gleichberechtigung der Geschlechter 2016 – 2020“ zeigt auf, wie sich dieser dreigleisige Ansatz in der politischen Steuerung und der konkreten Entwicklungszusammenarbeit widerspiegeln soll.
Jährliche Umsetzungspläne („Road Maps“) geben einen Überblick über die vorrangigen Maßnahmen und Aktivitäten und die angestrebten Wirkungen.
Fachlicher Hintergrund
Europäische Union
Der dreigleisige Ansatz der deutschen Entwicklungspolitik entspricht der Politik der Europäischen Union, die sich im Vertrag von Lissabon (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) (2008) zum Gender-Mainstreaming verpflichtet hat.
Eine wichtige Richtschnur für Deutschland stellt der EU-Aktionsplan 2016 – 2020 für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung von Frauenrechten im Bereich der Außenbeziehungen der EU dar. Er gliedert sich in vier Schwerpunktbereiche: Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Rechte von Frauen, Stärkung der Mitsprache und Beteiligung von Frauen und Mädchen, institutioneller Wandel zur verbesserten Abstimmung aller EU-Akteure und Mitgliedsstaaten.
Internationale Rechtslage
Das Prinzip der Gleichberechtigung der Geschlechter wird durch die Charta der Vereinten Nationen (1945) und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) anerkannt und ist im Zivil- und im Sozialpakt der Vereinten Nationen (1966) rechtsverbindlich verankert.
1979 verabschiedete die UN-Generalversammlung das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women, CEDAW). Es zählt bis heute zu den weltweit grundlegenden Rechtsinstrumenten im Bereich der Menschenrechte von Frauen. 1999 wurde das Abkommen durch ein Fakultativprotokoll ergänzt, das Individualbeschwerden vorsieht. Einzelne Frauen oder Gruppen haben dadurch die Möglichkeit, nationale Rechtsverletzungen des Übereinkommens an den UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau zu melden.
UN Women
2010 wurden die vier Abteilungen und Programme der Vereinten Nationen zum Thema Frauen- und Mädchenrechte sowie Gleichberechtigung der Geschlechter unter einem Dach vereint: Die UN-Organisation für Geschlechtergerechtigkei (Externer Link)t (United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women, kurz UN Women) nahm ihre Arbeit auf. Ihr Ziel ist es, den Fortschritt bei der Verwirklichung der Menschenrechte von allen Frauen und Mädchen weltweit zu beschleunigen.
So ist es die Aufgabe von UN Women, die Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsthema im gesamten UN-System zu fördern. Die Organisation entwickelt gemeinsam mit den UN-Mitgliedsstaaten und der Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Politikziele, wirkt weltweit auf die Einhaltung und Umsetzung bereits bestehender internationaler Verpflichtungen hin, berät Staatengremien und Mitgliedsstaaten und leistet praktische entwicklungspolitische Programmarbeit im Bereich Geschlechtergerechtigkeit und Frauenförderung.
Agenda 2030
Das Erreichen von Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen wurde auch als eigenständiges Ziel in die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) aufgenommen (Ziel 5). In den Unterzielen werden unter anderem die Handlungsfelder Gewalt gegen Frauen und Mädchen, unbezahlte Haus- und Pflegearbeit sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) benannt. Darüber hinaus ist die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter und die gezielte Stärkung von Frauenrechten auch in den anderen Zielen der Agenda 2030 durchgängig verankert.
Generation Equality Forum
Logo der Kampagne Generation Equality
1995 fand die vierte Weltfrauenkonferenz in Peking statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterzeichneten damals die „Pekinger Erklärung und Aktionsplattform (Externer Link)“ als umfassenden Forderungskatalog für die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Stärkung von Frauen und Mädchen. Aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Plattform wurde 2020 die Initiative „Generation Gleichberechtigung: Frauenrechte verwirklichen – für eine gleichberechtigte Zukunft“ (Generation Equality: Realizing women's rights for an equal future (Externer Link)) gestartet. Ziel ist, den Umsetzungsstand der Agenda 2030 zu überprüfen und bis 2025 konkrete Aktivitäten zu entwickeln, um die Ziele zur Gleichberechtigung der Geschlechter bis 2030 zu erreichen.
Der Prozess steht unter der Schirmherrschaft Mexikos und Frankreichs und wird von UN Women organisiert. Es wurden sechs „Action Coalitions“ gegründet, an denen sich Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen, der Zivilgesellschaft (insbesondere Frauen- und Jugendorganisationen), internationaler Organisationen und der privaten Wirtschaft beteiligen. Themen sind unter anderem geschlechtsspezifische Gewalt, wirtschaftliche Gerechtigkeit, sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, Klimagerechtigkeit sowie Technologie und Innovation.
Deutschland hat eine Führungsrolle in der Action Coalition zu wirtschaftlicher Gerechtigkeit übernommen und macht sich darüber hinaus gegen geschlechtsspezifische Gewalt stark.
Ein globales Treffen für die Gleichstellung der Geschlechter (Generation Equality Forum) wurde aufgrund der Corona-Pandemie verschoben und soll nun im ersten Halbjahr 2021 stattfinden.
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- Hintergrund: Der Gender-Ansatz des BMZ Interner Link
- Frauen in bewaffneten Konflikten: Überlebende, Kämpferinnen, Friedensstifterinnen Interner Link
- Wirtschaftliche Stärkung von Frauen: Gleichberechtige Teilhabe am wirtschaftlichen Leben Interner Link
- Gewalt gegen Frauen und Mädchen: Gewalt verhindern, Betroffene betreuen, Straflosigkeit beenden Interner Link
- Gewalt gegen Frauen und Mädchen: Überwindung der weiblichen Genitalverstümmelung Interner Link
- Gender und Governance: Mitspracherechte kennen, einfordern und anwenden Interner Link
- Gender und ländliche Entwicklung: Gleichberechtigter Zugang zu Land, Produktionsmitteln und Einkommen Interner Link
- Gender und Klima: Anpassung an den Klimawandel: Wissen und Erfahrungen von Frauen aktiv nutzen Interner Link
- Gender und Gesundheit: Recht auf Selbstbestimmung als Leitbild der Entwicklungszusammenarbeit Interner Link
- Gender und Bildung: Mädchen beim Zugang zu Bildung noch immer benachteiligt Interner Link