
Tourismus Eine Chance für nachhaltige Entwicklung
Der Tourismussektor wächst nicht nur schnell und beständig, er ist auch einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige der Gegenwart. Im Jahr 2018 trug er 10,4 Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung bei. Etwa jede beziehungsweise jeder zehnte Angestellte auf der Welt hat einen Job, der im direkten Zusammenhang mit dem Tourismus steht. – Die weltweite wirtschaftliche Bedeutung der Tourismusbranche ist somit höher als beispielsweise die der Automobilindustrie.
Besucherzahlen in Entwicklungs- und Schwellenländern steigen stärker als im globalen Durchschnitt
Immer mehr Entwicklungsländer schöpfen ihr touristisches Potenzial aus – zum Beispiel ein warmes Klima, kulturelle Reichtümer und intakte Naturräume – und unterziehen es einer wirtschaftlichen Bewertung.
In den am wenigsten entwickelten Ländern ist das Tourismuswachstum doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt, und nach Schätzungen werden künftig die Besucherzahlen gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern überproportional ansteigen.
Allein aus Deutschland reisen jährlich mehr als elf Millionen Menschen in solche Länder. Sie tragen dort aktuell mit 19 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei und sichern so etwa 1,8 Millionen Arbeitsplätze. Zudem steigt die Zahl der Menschen aus Entwicklungs- und Schwellenländern, die selbst auf Reisen gehen.

Basar in der Altstadt von Tunis, Tunesien
Nachhaltigkeit und Verantwortung im Tourismus
Die Leitmotive der deutschen Entwicklungspolitik im Bereich Tourismus sind Nachhaltigkeit und Verantwortung.
Eine nachhaltige Entwicklung bringt wirtschaftliches Wachstum mit ökologischer Tragfähigkeit in Einklang. Nachhaltiger Tourismus ist langfristig ausgelegt, folgt ethischen Grundsätzen, ist sozial gerecht, kulturell respektvoll und umweltverträglich. Gleichzeitig sollte eine nachhaltige Tourismusentwicklung ökonomisch ergiebig und beschäftigungsintensiv sein und dadurch die lokale Wirtschaft und Entwicklung absichern.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert zudem eine inklusive und klimafreundliche Tourismusentwicklung.
Auf Basis der beschriebenen Leitmotive Nachhaltigkeit und Verantwortung hat das BMZ sechs vorrangige Handlungsfelder für das deutsche Engagement definiert:
- Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigungsförderung
- Gemeinde- und Kommunalentwicklung
- Schutz und nachhaltige Nutzung von Biodiversität
- Ressourcen- und Energieeffizienz sowie Klimaschutz
- Good Governance und gute politische Rahmenbedingungen
Chancen der Tourismusentwicklung
Tourismus bietet Schwellen- und Entwicklungsländern große Chancen, Infrastruktur aufzubauen, Arbeitsplätze und somit Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, lokale Wirtschaftskreisläufe zu fördern, Naturschätze zu bewahren und die Armut der Bevölkerung zu reduzieren.
In vielen Entwicklungsländern hat sich Tourismus von einem Nischen- zu einem Massenprodukt entwickelt. In den am wenigsten entwickelten Ländern haben sich die Tourismusankünfte innerhalb von zehn Jahren verdreifacht. Als beschäftigungsintensive Branche leistet der Tourismus einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung: Es wird geschätzt, dass in den nächsten zehn Jahren allein in Afrika acht Millionen neue Arbeitsplätze durch den Tourismus entstehen könnten.
Auch benachteiligte Bevölkerungsgruppen sowie Klein- und Kleinstunternehmer können an dieser Entwicklung teilhaben. Für viele Jobs im Tourismus sind weder spezielle Fachkenntnisse noch hohe Investitionen erforderlich. Neben der Hotel- und Gastronomiebranche profitieren auch Bereiche wie Landwirtschaft, Handwerk, Kunsthandwerk und Transport von der zunehmenden Zahl ausländischer Gäste. Tourismus ist somit ein effektives Instrument, das direkt und indirekt Einkommen und damit Perspektiven schaffen kann.
Risiken der Tourismusentwicklung
Neben zahlreichen positiven Effekten birgt ein unkontrolliertes Tourismuswachstum auch Risiken. So unterliegt Tourismus großen saisonalen Schwankungen und ist von der Sicherheitslage vor Ort abhängig. Die Einnahmen aus der Saison müssen reichen, um Perioden auszugleichen, in denen nur wenige Gäste kommen. Für die lokalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann das zu unsicheren Beschäftigungsverhältnissen führen. Zudem ist die lokale Bevölkerung häufig nicht ausreichend an der Wertschöpfung und an den Einnahmen aus dem Tourismus beteiligt.
Aber auch wirtschaftspolitische Fehlentwicklungen drohen, beispielsweise die zu einseitige Konzentration der Volkswirtschaft auf den Tourismus. Außerdem kann eine nicht nachhaltige touristische Entwicklung zur Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen, zur Belastung und Zerstörung von Ökosystemen, zu soziokulturellen Konflikten und zu Menschenrechtsverletzungen führen.

Touristen am Strand von Petrovac in Montenegro
Agenda 2030 und Tourismus
Mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung haben die Vereinten Nationen 2015 ein Programm verabschiedet, um den Weg für eine gerechtere und nachhaltigere Welt zu ebnen. Die insgesamt 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) umfassen alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bereiche, so auch den Tourismus.
Die Agenda 2030 betont die hohe entwicklungspolitische Bedeutung eines nachhaltigen Tourismus. Ausdrücklich erwähnt wird er in folgenden Zielen:
- 8.9: Förderung eines nachhaltigen Tourismus, der Arbeitsplätze schafft und die lokale Kultur sowie lokale Produkte fördert
- 12.b: Beobachtung der Auswirkungen eines nachhaltigen Tourismus
- 14.7: Die wirtschaftlichen Vorteile für die kleinen Inselentwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder durch nachhaltiges Management der Fischerei, der Aquakultur und des Tourismus erhöhen
Da Tourismus aus einer Vielzahl von Einzelleistungen (etwa Transport, Unterkunft, Verpflegung, Freizeitaktivitäten) besteht, ist er eng mit der Herstellung und dem Angebot unterschiedlichster Güter und Dienstleistungen verbunden. Daher kann er auch zur Verwirklichung anderer Ziele der Agenda 2030 beitragen, zum Beispiel zur Stärkung kleiner Nahrungsmittelproduzenten (Ziel 2.3), zur nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen (Ziel 12.2) und zur Verringerung der Ungleichheit in und zwischen Ländern (Ziel 10).

Einheimische Touristenführer begleiten die Besucher des Dzanga-Sangha-Nationalparks in der Zentralafrikanischen Republik.
Besonderheiten der touristischen Wertschöpfung
Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ist der Tourismus relativ arbeits- und weniger kapitalintensiv.

Westlicher Flachlandgorilla im Dzanga-Sangha-Schutzgebiet in der Zentralafrikanischen Republik