Die mikroskopische Aufnahme zeigt Trypanosoma cruzi in einem Blutausstrich. Die einzelligen Parasiten sind die Erreger der Chagas-Krankheit, die hauptsächlich in Mittel- und Südamerika verbreitet ist.

Infektionskrankheiten Vernachlässigte Tropenkrankheiten

Die sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, NTDs) sind eine uneinheitliche Gruppe von 21 Krankheiten, die durch Viren, Bakterien, Parasiten, Pilze oder auch Schlangengifte verursacht werden. Sie treten vor allem in tropischen und subtropischen Regionen Südostasiens und Afrikas auf und betreffen überwiegend arme Menschen.

Die Krankheiten unterscheiden sich deutlich hinsichtlich ihrer Erreger und der Übertragungswege sowie der geografischen Verteilung. Sie können von Mensch zu Mensch übertragen werden, vom Tier auf den Menschen oder auf indirektem Weg, zum Beispiel wenn Mücken oder Zecken Erreger übertragen.

Auch der Wissensstand über die Möglichkeiten der Diagnose und Therapie ist bei diesen Krankheiten sehr unterschiedlich. Neben relativ bekannten Erkrankungen wie Lepra, Tollwut, Schistosomiasis oder Flussblindheit gehören auch weitgehend unbekannte Infektionen zu dieser Gruppe, zum Beispiel die Frambösie oder das Buruli-Ulkus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) schätzt, dass weltweit mehr als eine Milliarde Menschen an einer oder mehreren dieser Krankheiten leiden und jedes Jahr etwa 200.000 Menschen daran sterben.

Ein Großteil der vernachlässigten Tropenkrankheiten verursacht chronische Beschwerden und Behinderungen. Die Erkrankten sind in ihrem Alltag stark eingeschränkt und müssen häufig auch mit sozialer Ausgrenzung leben. Die hohen Kosten für die Diagnose und die oft lange Behandlungsdauer belasten die Menschen und die Gesundheitssysteme und sie hemmen die wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Regionen und Länder.


Behandlung oft nicht verfügbar oder bezahlbar

Vernachlässigte Tropenkrankheiten betreffen vor allem arme Bevölkerungsgruppen, die in einem schwierigen Umfeld leben, etwa in abgelegenen ländlichen Gebieten, in städtischen Armutsvierteln, in Konfliktzonen oder in Regionen, in denen Naturkatastrophen aufgetreten sind. Oft stehen diese Krankheiten im Zusammenhang mit unsauberem Trinkwasser, fehlenden Sanitäreinrichtungen und Umweltverschmutzung. Viele der Erkrankten haben keinen Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung und keine Möglichkeit, sich politisch zu artikulieren.

Für viele der Krankheiten wird kaum oder gar keine privatwirtschaftliche Forschung betrieben, da Pharmaunternehmen kaum Gewinne mit Medikamenten gegen NTDs erzielen können. Vorhandene medizinische Produkte und Technologien zur Vorbeugung und Behandlung sind in Entwicklungs (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)- und Schwellenländern (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) häufig nicht verfügbar, nur schwer einsetzbar oder für die Bevölkerung nicht finanzierbar.

Die Bundesregierung fördert daher Produktentwicklungspartnerschaften, in denen öffentliche und privatwirtschaftliche Akteure die Krankheiten gemeinsam erforschen und neue Medikamente ohne Gewinnorientierung zur Marktreife bringen (siehe auch: Zugang zu Gesundheitsprodukten verbessern).

Übergreifender Ansatz nötig

In der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) hat die internationale Staatengemeinschaft sich das Ziel gesetzt, die vernachlässigten Tropenkrankheiten bis zum Jahr 2030 zu beseitigen (Ziel 3.3). Voraussetzung für dauerhafte Erfolge bei der Bekämpfung dieser Krankheiten ist ein umfassender und übergreifender Ansatz, den auch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verfolgt.

Grafische Darstellung des One-Health-Ansatzes: One Health steht im Mittelpunkt und hat Wechselwirkungen mit gesunden Menschen, gesunden Tieren und gesunder Natur.

Langfristig reichen rein medizinische Maßnahmen nicht aus – die gesamte Lebenssituation der Betroffenen muss verbessert werden. Darum ist es sinnvoll, verschiedene Aktivitäten gegen die Krankheiten zu bündeln. So muss neben der medizinischen Infrastruktur auch die Trinkwasser- und Sanitärversorgung ausgebaut werden. Auch Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungs- und Einkommenssituation gehören zu diesem umfassenden Ansatz.

Als erstes westliches Land unterzeichnete Deutschland 2022 die Erklärung von Kigali (Externer Link). Darin verpflichten sich Regierungen sowie wichtige Akteure aus Industrie, Wissenschaft, multilateralen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), den Fahrplan der WHO zur Beendigung von vernachlässigten Tropenkrankheiten bis 2030 umzusetzen.

Deutsches Engagement

Deutschland unterstützt seit Langem umfassende Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten. Die Art des Engagements hat sich im Laufe der Zeit gewandelt: Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich heute darauf, die Gesundheitssysteme als solche zu stärken und nationale Programme zur Bekämpfung einzelner Krankheiten in umfassende Versorgungsansätze einzubetten.

Unter anderem unterstützt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Mitgliedsländer der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (Communauté Economique et Monétaire de l'Afrique Centrale, CEMAC) dabei, ihre Programme zur Behandlung und Kontrolle vernachlässigter Tropenkrankheiten wirksam umzusetzen. Im Zuge dessen werden auch junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Region gefördert, die auf diesem Gebiet forschen.

Die Diagnostik, etwa der Ausbau von Laborkapazitäten und die Einbeziehung von Veterinär- und Umweltdaten, steht im Mittelpunkt eines BMZ-Programms, das die Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten in der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) unterstützt. Und bereits seit 1974 leistet das BMZ Beiträge zu einem Spezialprogramm, das bei der WHO angesiedelt ist und ebenfalls die Forschung im Globalen Süden (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zu diesen Krankheiten unterstützt.

Weiterführende Informationen zum Thema

Stand: 19.06.2025