Naher Osten Die Syrienkrise

Der seit 2011 andauernde bewaffnete Konflikt in Syrien hat in der Region zu einer der größten humanitären Krisen seit Gründung der Vereinten Nationen geführt. Schätzungen zufolge haben die heftigen Kämpfe in weiten Teilen des Landes mehrere Hunderttausend Todesopfer und mehr als eine Million Verletzte gefordert. Mittlerweile sind in Syrien laut den Vereinten Nationen mehr als 15 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, mehr als 12 Millionen Menschen gelten als vom Hunger bedroht.

Zwei Kinder tragen ein Familien-Hygienepaket von UNICEF zu ihrem Zelt im Lager Fafin in der Nähe von Aleppo.

Zwei Kinder tragen ein Familien-Hygienepaket von UNICEF zu ihrem Zelt im Lager Fafin in der Nähe von Aleppo.

Zwei Kinder tragen ein Familien-Hygienepaket von UNICEF zu ihrem Zelt im Lager Fafin in der Nähe von Aleppo.

Über die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist auf der Flucht: 5,2 Millionen Menschen sind in die Nachbarländer Syriens geflohen. 6,8 Millionen sind innerhalb des Landes vertrieben worden – darunter sehr viele Kinder. Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht.

Besonders viele Menschen aus Syrien wurden von der Türkei aufgenommen (etwa 3,3 Millionen). Auch im Libanon und in Jordanien haben viele Syrerinnen und Syrer Zuflucht gefunden (Libanon: rund 800.000 Geflüchtete bei rund vier Millionen Einwohnern, Jordanien: etwa 660.000 bei 9,5 Millionen Einwohnern). Zu den Aufnahmeländern zählen außerdem der Irak (mehr als 260.000 syrische Flüchtlinge) und Ägypten (rund 150.000). (Alle Zahlen: offiziell registrierte Flüchtlinge, Juli 2023)

Einen aktuellen Überblick des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) über die syrischen Flüchtlinge in der Region finden Sie hier (Externer Link) (englisch).

Deutsche Unterstützung für die vom Konflikt betroffenen Menschen

Seit Beginn der Krise in Syrien unterstützt das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) die vom Konflikt betroffenen Menschen in erheblichem Umfang und vor allem über Maßnahmen in den Nachbarländern Türkei, Libanon, Jordanien und Irak. Dabei stimmt sich das BMZ eng mit dem Auswärtigen Amt ab. So soll die Verbindung zwischen humanitärer Hilfe – für die das Auswärtige Amt verantwortlich ist – und der strukturbildenden, mittel- bis langfristig orientierten Unterstützung des BMZ sichergestellt werden.

Hauptziel des umfangreichen Engagements des BMZ ist es, den Menschen eine Lebensperspektive zu geben und es ihnen zu ermöglichen, sich langfristig selber zu versorgen. Neben den syrischen Flüchtlingen werden aber auch die aufnehmenden Gemeinden in den Nachbarländern gefördert, da diese die Hauptlast des großen Flüchtlingszustroms schultern. Somit wird die gesamte Region unterstützt und der soziale Zusammenhalt zwischen den syrischen Flüchtlingen und der Bevölkerung der aufnehmenden Gemeinden gestärkt.

Deutschland ist einer der größten Geber in der Syrienkrise. Zwischen 2012 und 2022 investierte das BMZ rund 9,5 Milliarden Euro in die Region.

Lehrerin und Schüler der UNICEF-Schule in Adana
Provisorische Grundschule in einer informellen Zeltsiedlung für syrische Flüchtlinge in Zahlé, Libanon
Flüchtlingslager Zaatari in Jordanien
Kinder spielen Fußball im UNHCR-Camp Kawergosk für syrische Flüchtlinge in der Region Kurdistan-Irak,

Internationale Geberkonferenzen zur Syrienkrise

Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Am 15. Juni 2023 fand die siebte Brüsseler Geberkonferenz (Externer Link) „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ statt. Nach ähnlichen Konferenzen in Kuwait (2013–2015), London (2016) und Brüssel (seit 2017) war dies bereits die elfte Geberkonferenz zur Unterstützung der syrischen Bevölkerung und der Nachbarstaaten Syriens.

Die Konferenzen unterstreichen die Bedeutung des politischen Prozesses zur Lösung der Syrienkrise unter Führung der Vereinten Nationen. Sie dienen dazu, finanzielle Unterstützung für die Bewältigung der humanitären Krise zu mobilisieren und das Engagement der internationalen Gemeinschaft abgestimmt und bedarfsorientiert zu gestalten. Kurzfristig geht es dabei vor allem um die konkrete Verbesserung der Lebenssituation der Geflüchteten und ihrer Gastgeber in den Aufnahmeländern. Längerfristiges Ziel ist es, die Fluchtursachen zu bekämpfen und den Menschen in der Region eine Bleibeperspektive zu geben.

Mit den internationalen Mitteln sollen die Lebensbedingungen in und um Syrien verbessert werden. Den größten Bedarf hat die Staatengemeinschaft in den Bereichen Bildung und Beschäftigung, Ernährungssicherung und bei der Deckung weiterer Grundbedürfnisse identifiziert. In Anbetracht der Kriegsschäden an der syrischen Infrastruktur, der anhaltenden Dürren in der Region, den Folgen der Erdbeben vom 6. Februar 2023 sowie eines Choleraausbruchs in Syrien bedarf es einer gesteigerten Unterstützung im Bereich Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene. Auch in Bereichen des rechtlichen Schutzes, Gesundheit und Obdach sollen die Menschen weiterhin unterstützt werden.

Um diese Bedürfnisse decken zu können, haben die Vereinten Nationen für 2023 einen Bedarf von 5,4 Milliarden US-Dollar für die Bevölkerung in Syrien und 5,7 Milliarden US-Dollar für die Nachbarländer Syriens ermittelt.

Auf der elften Syrienkonferenz am 15. Juni 2023 wurden 5,56 Milliarden Euro und Kredite in Höhe von 4 Milliarden Euro zugesagt. Deutschlands Zusage beläuft sich auf insgesamt 1,05 Milliarden Euro (davon 568 Millionen Euro aus dem Haushalt des BMZ). Damit gehörte Deutschland mit der Europäischen Kommission und den USA erneut zu den drei wichtigsten Gebern der Region.

Beispiele für das Engagement des BMZ

Die Krisenbewältigung des BMZ konzentriert sich auf die entwicklungsorientierte mittel- und langfristig angelegte Stärkung der Widerstandsfähigkeit (Resilienz (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) betroffener Menschen und örtlicher Strukturen. Dabei knüpft sie an kurzfristige Leistungen der humanitären Hilfe an und schafft Bedingungen, um mittelfristig eine Unabhängigkeit der Bevölkerung von der Nothilfe sicherzustellen.

In Syrien selbst werden Maßnahmen ausschließlich regierungsfern umgesetzt, eine Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung oder De-facto-Autoritäten in Nordwest- und Nordostsyrien besteht nicht.

Zwei Beispiele für Ansätze des BMZ in der Region sind die Beschäftigungsoffensive Nahost sowie die Übergangshilfe in der Syrienkrise.

Beispiel Übergangshilfe in der Syrienkrise

Blick auf einen Wassergraben im Flüchtlingslagers Kutupalong, Cox Bazar in Bangladesch
Für die Menschen in Syrien sind die Lebensbedingungen in allen Gebieten anhaltend schlecht: Die Behörden sind nicht in der Lage, die beschädigte Infrastruktur zu reparieren und die Haushalte mit grundlegenden Gütern und Dienstleistungen zu versorgen. Die meisten Familien haben aufgrund fehlender Einkommen bereits mindestens einmal humanitäre Hilfe erhalten.

Die strukturbildende Übergangshilfe hat es sich zum Ziel gemacht, die Widerstandsfähigkeit der vulnerablen Bevölkerung in Syrien zu stärken. Dabei geht es zum einen um die Wiederherstellung von Infrastruktur, zum Beispiel in den Bereichen Wasserversorgung, Landwirtschaft und Gesundheit. Zum anderen geht es um einen verbesserten Zugang zu informeller Bildung, Weiterbildung und Einkommen, um Perspektiven zu schaffen und Lebensbedingungen zu verbessern.

In den Nachbarländern Syriens konzentriert sich die strukturbildende Übergangshilfe vor allem darauf, den durch die Aufnahme Geflüchteter gestiegenen Druck auf die Basisinfrastruktur abzufedern. Mit deutscher Unterstützung wird zum Beispiel die Gesundheitsversorgung verbessert und der Zugang zu Bildung für alle gesichert. Außerdem werden Maßnahmen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts gefördert.

Beispiel Beschäftigungsoffensive Nahost

Im Rahmen eines Cash-for-Work-Projekts in Mossul wird eine Schule instandgesetzt.
Um Zukunftsperspektiven für Flüchtlinge und Einheimische in der Region zu schaffen, hat Deutschland eine Beschäftigungsoffensive ins Leben gerufen. Ein wichtiger Aspekt dieses Engagements ist der Dreiklang „Beschäftigung für Erwachsene – Ausbildung für Jugendliche – Schule für Kinder“, der einen Großteil der Maßnahmen leitet.

Über sogenannte Cash-for-Work-Programme (deutsch: „Bargeld für Arbeit“) werden Arbeitsplätze geschaffen, die Flüchtlingen und Einheimischen in der Region ein schnell verfügbares Einkommen bieten, damit sie ihre Lebenssituation selbstbestimmt verbessern können. Die Ergebnisse der Arbeitsleistungen (beispielsweise neue Infrastruktur) dienen dem Gemeinwohl. Durch Jobs in den Bereichen Bildung und Gesundheit werden soziale Dienstleistungen wie Schulunterricht und medizinische Versorgung bereitgestellt. Die einheimische Bevölkerung der aufnehmenden Gemeinden wird in die Programme einbezogen. So wird ein Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden geleistet und sozialen Spannungen vorgebeugt.

2022 wurden rund 80.000 Jobs geschaffen. Zählt man die Familienangehörigen der Arbeitskräfte mit, verbessern sich dadurch die Lebensbedingungen und -perspektiven von rund 450.000 Menschen. Zudem ermöglichte die Beschäftigungsoffensive 2022 den Unterricht für mehr als eine halbe Million Kinder in den Nachbarländern Syriens.

Stand: 13.06.2023