Arbeiterinnen und Arbeiter in einer Textilfabrik in Bangladesch, in der besonders auf die Einhaltung der gesetzlichen Sozial- und Umweltstandards geachtet wird
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Umwelt- und Sozialstandards in der Textilproduktion verbessern
Der Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zur Entwicklung ist groß. Jedoch entsprechen in manchen Ländern die Produktions- und Arbeitsbedingungen noch nicht international definierten Umwelt- und Sozialstandards.
In vielen Produktionsländern gibt es noch immer 16-Stunden-Arbeitstage, Löhne, die kaum zum Leben reichen, Kündigung bei Schwangerschaft oder Krankheit und Verschmutzung von Luft und Wasser.
Die Sicherheitsmaßnahmen in den Textilfabriken sind oft ungenügend, was mit dem Einsturz der maroden Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch 2013 mehr als deutlich wurde. Damals starben über 1.000 Näherinnen und Näher. Eine solche Tragödie darf sich nicht wiederholen.
Deutsches Engagement
Deutschlands Entwicklungspolitik hat das Ziel, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und zugleich weltweit menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen und den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Umwelt durchzusetzen.
Im Bereich der Textilwirtschaft setzt sich die Bundesrepublik auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Maßnahmen für Umwelt- und Sozialstandards ein:
Wir machen jeden Tag Überstunden. In Spitzenzeiten arbeiten wir bis 2 oder 3 Uhr morgens. Obwohl wir erschöpft sind, haben wir keine andere Wahl. Wir können die Überstunden nicht ablehnen. Unser Grundlohn ist einfach zu niedrig.
Hintergrund Arbeitsbedingungen in der globalisierten Textilwirtschaft
Bezahlung
Die Löhne, die in der Textilbranche gezahlt werden, reichen häufig nicht aus, um Miete, Essen, den Schulbesuch der Kinder oder eine ärztliche Versorgung der Arbeiterinnen und Arbeiter zu sichern. Selbst die gesetzlich festgelegten Mindestlöhne sind oft zu niedrig, um davon leben zu können. In Bangladesch erhalten ungelernte Näherinnen zum Beispiel nur einen Mindestlohn von ungefähr 85 Euro im Monat.
In Deutschland kostete eine Arbeitsstunde in der Bekleidungsindustrie im Jahr 2016 laut Angaben des Gesamtverbands der Textil- und Modeindustrie 32,00 Euro. In anderen EU-Ländern ist das Lohnniveau ähnlich. Aus Kostengründen werden viele Produktionsstufen in Niedriglohnländer in Asien oder Afrika verlagert.
Arbeitszeiten
Textilfabrikantinnen und -fabrikanten in Asien sind oftmals aggressiven Einkaufspraktiken des internationalen, teilweise auch des deutschen Groß- und Einzelhandels ausgesetzt. Wenn sie die geforderten Preise und Liefertermine nicht einhalten können, besteht die Gefahr, dass sie ihre Aufträge an die Konkurrenz verlieren. Dieser Druck wird dann ebenso an die Beschäftigten weitergegeben: Sie müssen Überstunden leisten.
Viele Näherinnen und Näher arbeiten in solchen Situationen nicht nur 10 bis 12, sondern bis zu 16 Stunden am Tag. Trotz gesetzlicher Regelungen ist es in Spitzenzeiten üblich, dass an allen sieben Wochentagen gearbeitet wird. Krankheits- oder Urlaubsgeld gibt es nicht. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter arbeiten im Akkord und werden nach Stückzahl bezahlt. Verstöße gegen national oder international geltende Arbeitsrechtsbestimmungen werden selten verfolgt und bleiben somit oft ohne Konsequenzen.
Gewerkschaftsarbeit
Die Vereinigungsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht. Sie ist in Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben. Und in Artikel 23 steht: „Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.“
Wenn sich Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die die Baumwolle produzieren, beziehungsweise Arbeiterinnen und Arbeiter in Textilfabriken zusammenschließen, haben sie bessere Möglichkeiten für ihre Rechte und auch Lohnforderungen einzutreten. Gemeinschaftlich können sie erfolgreicher über Arbeitsbedingungen und Geschäftsbeziehungen verhandeln als allein. Aber oft kennen die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Rechte gar nicht.
In vielen Produktionsländern der Textilbranche sind Gewerkschaften in ihren Handlungsmöglichkeiten zusätzlich gesetzlich eingeschränkt. Es kommt häufig vor, dass Besitzerinnen und Besitzer von Plantagen und Textilfabriken Versuche der Belegschaft, sich zu organisieren be- oder verhindern. In einigen Ländern mit einem großen Textilsektor gibt es auch zunehmend informelle Beschäftigte, die nicht von der Arbeit der Gewerkschaften profitieren können.
Gesundheitsschutz
Große Baumwoll-Monokulturen werden unter Einsatz von Pestiziden vor Schädlingen geschützt. Die Gifte werden oft per Hand ausgebracht oder sogar von Flugzeugen auf die Felder gesprüht, während dort Menschen arbeiten. Wenn keine angemessene Schutzkleidung zur Verfügung gestellt wird, können gesundheitliche Schäden die Folge sein. Erkrankungen der Atemwege, der Haut, der Augen und des Nervensystems sind meist die Folge.
In vielen Textilfabriken werden Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz vernachlässigt. Bei der Verarbeitung von Stoffen werden zum Beispiel Chemikalien unsachgemäß eingesetzt, so dass schwere Krankheiten ausgelöst werden können. Gesundheitsgefährdend ist beispielsweise das Sandstrahlen von Jeans, die dadurch den modischen „Used Look“ erhalten. Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die mit der Sandstrahltechnik arbeiten, tragen ein hohes Risiko, an einer lebensbedrohenden Staublunge (Silikose) zu erkranken. Trotz der Gefahren werden die Angestellten oft weder ausreichend im Umgang mit gefährlichen Substanzen geschult, noch steht ihnen entsprechende Schutzkleidung zur Verfügung.
Sicherheitsstandards
Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen, weil Sicherheitsstandards ignoriert werden. 2013 stürzte in Bangladesch in der Nähe von Dhaka das Rana Plaza, ein neunstöckiges Geschäfts- und Fabrikgebäude ein, in dem viele westliche Textilkonzerne produzieren ließen. Mehr als 1.100 Menschen starben, mehr als 2.000 wurden verletzt. Eine Untersuchung ergab, dass mehrere Geschosse des Gebäudes ohne Genehmigung errichtet worden waren. Außerdem wurden minderwertige Baumaterialien verwendet.
Nach dem Unglück wurde ein Entschädigungsfonds für die Opfer der Katastrophe eingerichtet, der von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verwaltet wird. Inzwischen sind die Entschädigungszahlungen abgeschlossen, mehr als 5.700 Opfer und Hinterbliebene haben finanzielle Unterstützung erhalten.
Umweltstandards
Wenn Umweltstandards fehlen oder ignoriert werden, hat das gravierende Folgen für die Natur und die Gesundheit der Menschen. Ein Beispiel dafür ist die Entsorgung von giftigen Chemikalien, die in Textilfabriken verwendet werden. Gelangen diese ins Abwasser, werden Flüsse und Gewässer in den Produktionsländern stark verschmutzt und die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung bedroht.
Baumwollanbau führt ebenfalls vielerorts zu Umweltproblemen. Über die Böden der Baumwollfelder gelangen Pestizide ins Grund- und Trinkwasser. Der Anbau in riesigen Monokulturen sorgt außerdem dafür, dass die Böden auslaugen.
Mitmachen Tipps für verantwortungsvollen Kleidungskauf
Wer Kleidung kauft, trägt Mitverantwortung für die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern – und kann durch bewusste Kaufentscheidungen darauf Einfluss nehmen.
Hier ein paar Tipps für den verantwortungsvollen Kleidungskauf:
- Kaufen Sie in Läden, Versandhäusern oder über Internetportale, die sich auf ökologische und fair gehandelte Kleidung spezialisiert haben.
- Achten Sie auf Gütesiegel, die die Einhaltung ökologischer und/oder sozialer Standards bestätigen. Dazu gehören zum Beispiel das Fairtrade-Siegel sowie die Label „GOTS“ und „IVN Best“. Wer sozial und ökologisch produzierte Mode kaufen möchte, sollte auf den „Grünen Knopf“ (www.gruener-knopf.de (Externer Link)) achten. Siegelinhaber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
- Nutzen Sie das Internetportal www.siegelklarheit.de (Externer Link) und die dazugehörige App „Siegelklarheit“. Diese bewerten die Glaubwürdigkeit von Umwelt- und Sozialsiegeln für Textilien.
- Kaufen Sie weniger, aber hochwertigere Kleidung, die länger als nur eine Saison hält.
- Kaufen Sie Secondhand-Kleidung.
- Informieren Sie sich und äußern Sie Ihre Meinung. Fragen Sie in Ihrem Lieblingsgeschäft oder bei Ihrer Lieblingsmarke nach, unter welchen Bedingungen die angebotene Ware hergestellt wird. Kein Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, die Wünsche der Kundinnen und Kunden zu ignorieren.
- Vermeiden Sie Fehlkäufe, indem Sie sich bewusst darüber Gedanken machen, in welchen Farben, Formen und Materialien Sie sich erfahrungsgemäß am wohlsten fühlen.