Arbeiterinnen und Arbeiter in einer Textilfabrik in Bangladesch, in der besonders auf die Einhaltung der gesetzlichen Sozial- und Umweltstandards geachtet wird
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Umwelt- und Sozialstandards in der Textilwirtschaft verbessern
In vielen Produktionsländern entsprechen die Produktions- und Arbeitsbedingungen jedoch nicht den international definierten Umwelt- und Sozialstandards. Dort gibt es 16-Stunden-Arbeitstage und Löhne, die kaum zum Leben reichen. Bei Schwangerschaft oder Krankheit müssen Beschäftigte mit der Kündigung rechnen. Die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Arbeiterinnen und Arbeitern sind oft ungenügend und eine soziale Absicherung bei Arbeitsunfällen ist meist nicht vorhanden. Viele Produktionsstätten der Textil- und Bekleidungsindustrie tragen darüber hinaus zur Verschmutzung von Luft und Wasser bei.
Die Art, wie wir produzieren und konsumieren, hat großen Einfluss auf die Arbeits- und Lebensbedingungen in anderen Teilen der Welt. Auch wir in Deutschland tragen Verantwortung dafür, dass entlang der globalen Lieferketten die Menschenrechte und Umweltstandards geachtet werden.
Deutsches Engagement
Deutschlands Entwicklungspolitik hat das Ziel, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und zugleich weltweit menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen sowie den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Umwelt durchzusetzen.
Anfang 2023 ist in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft getreten. Es fördert die Einhaltung der Menschenrechte und der Sozial- und Umweltstandards in globalen Lieferketten. Das Gesetz formuliert klare und umsetzbare Sorgfaltspflichten für die beteiligten Unternehmen und schließt auch die textilen Lieferketten in die Anforderungen mit ein.
Die Bundesrepublik setzt sich auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Maßnahmen für Umwelt- und Sozialstandards in der Textilwirtschaft ein:
Wir machen jeden Tag Überstunden. In Spitzenzeiten arbeiten wir bis zwei oder drei Uhr morgens. Obwohl wir erschöpft sind, haben wir keine andere Wahl. Wir können die Überstunden nicht ablehnen. Unser Grundlohn ist einfach zu niedrig.
Hintergrund Herausforderungen in der Textilwirtschaft
Soziale Herausfoderungen
Geschlechtergerechtigkeit
Frauen machen den Großteil der Arbeitskräfte in der Textilindustrie aus. Sie werden oft diskriminiert, haben weniger Aufstiegschancen und verdienen oft weniger als Männer für die gleiche Arbeit. Zudem ist sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz weit verbreitet.
Gesundheit und Sicherheit
Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind oft gefährlich und gesundheitsschädlich. Arbeiterinnen und Arbeiter sind häufig giftigen Chemikalien ausgesetzt, die zur Herstellung von Textilien verwendet werden. In vielen Fabriken sind die Arbeitsbedingungen schlecht und es kommt häufig zu – teilweise auch tödlichen – Unfällen.
Gesundheitsgefährdend ist beispielsweise das Sandstrahlen von Jeans, die dadurch so aussehen, als wären sie bereits getragen worden. Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die aufgrund dieses modischen Trends mit Sandstrahltechnik arbeiten müssen, tragen ein hohes Risiko, an einer lebensbedrohenden Staublunge (Silikose) zu erkranken.
Löhne und Arbeitszeiten
In der Textilindustrie werden oft sehr niedrige Löhne gezahlt, die nicht ausreichen, um die Grundbedürfnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter zu decken. Es gibt außerdem häufig keine Sozialleistungen wie Kranken- oder Rentenversicherungen. Die Arbeitszeiten sind oft lang und die Arbeiterinnen und Arbeiter müssen Überstunden leisten.
In Bangladesch erhalten ungelernte Näherinnen zum Beispiel nur einen Mindestlohn von umgerechnet etwa 85 Euro im Monat, in Kambodscha sind es etwa 200 Euro im Monat. Dafür müssen sie bis zu 16 Stunden am Tag arbeiten.
Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen
Die Vereinigungsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht. Sie ist in Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Externer Link) festgeschrieben. Und in Artikel 23 steht: „Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.“
Arbeiterinnen und Arbeiter in der Textilindustrie kennen ihre Rechte jedoch häufig nicht oder haben Schwierigkeiten, sie durchzusetzen. Gewerkschaften werden in vielen Ländern nicht toleriert. Beschäftigte, die versuchen sich zu organisieren, werden häufig bedroht oder sogar entlassen. Dies erschwert die Durchsetzung von Arbeitsrechten und Tarifverhandlungen.
Beschwerdemechanismen
Beschwerdemechanismen sind wichtig, damit Arbeiterinnen und Arbeiter Missstände und Verstöße gegen Arbeits- und Umweltvorschriften anonym melden können.
Viele große Unternehmen haben zwar Beschwerdemechanismen eingerichtet. Es kommt aber vor, dass Beschäftigte diese nicht kennen oder ihnen nicht vertrauen. Voraussetzung für wirksame Beschwerdemechanismen ist außerdem, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Rechte und die geltenden Vorschriften zu Arbeits- und Umweltschutz kennen.
Kinder- und Zwangsarbeit
Im Textilsektor sind Kinder- und Zwangsarbeit weit verbreitet, insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen und schwachen Arbeitsgesetzen. Die Hauptursachen dafür sind Armut, fehlende Bildung, mangelnde Einkommensalternativen sowie der wachsende Konkurrenzdruck und die Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigeren Lohnkosten.
Existenzsichernde Löhne würden die Lebenserhaltungskosten der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihrer Familien decken und so das Risiko der Kinderarbeit reduzieren.
Ökologische Herausforderungen
Chemikalieneinsatz und Abwasser
Die Textilindustrie gehört zu den Branchen, die die Umwelt in hohem Maß verschmutzen. Sie verwendet große Mengen an gefährlichen oder giftigen Chemikalien wie Farbstoffe und Bleichmittel, die häufig ungeklärt in Flüsse und Seen geleitet werden und sowohl Mensch als auch Umwelt schaden können. Und über die Böden der Baumwollfelder gelangen Pestizide ins Grund- und Trinkwasser.
Umwelt- und Ressourcenschutz
Die Textilindustrie verbraucht große Mengen an Wasser, Energie und anderen Ressourcen. So werden unter anderem beim Baumwollanbau und bei Färbeprozessen erhebliche Wassermengen benötigt.
Der Anbau von Baumwolle in wasserarmen Regionen verstärkt zusätzlich die Auswirkungen des Klimawandels und hat die Austrocknung ganzer Regionen zur Folge. Der Anbau in riesigen Monokulturen sorgt dafür, dass die Böden auslaugen.
Klima
Die Textilindustrie trägt erheblich zur globalen Erwärmung bei, da sie eine große Menge an Treibhausgasen wie Kohlendioxid ausstößt. Diese entstehen bei der Produktion, dem Transport und der Entsorgung von Kleidung.
Um die Emissionen zu verringern, müssen die Unternehmen auf eine nachhaltigere, kohlenstoffarme Produktion umsteigen.
Kreislaufwirtschaft
Die Textilindustrie produziert sehr viel Abfall. Es werden sehr viele Kleidungsstücke produziert, die dann nur kurz genutzt werden („Fast Fashion“). Oft ist die Qualität so schlecht, dass die Textilien nicht recycelt werden können.
Ein Lösungsansatz ist Kreislaufwirtschaft: Kleidung wird repariert und/oder wiederverwendet, um ihre Lebensdauer zu verlängern, Rohstoffe werden recycelt.
Weitere Herausforderungen
Korruption
Korruption kann zu ungerechten Geschäftspraktiken, schlechten Arbeitsbedingungen und Umweltschäden führen. Sie kann auch bewirken, dass Unternehmen qualitativ minderwertige Produkte herstellen, um Kosten zu sparen. Darüber hinaus können korrupte Praktiken dazu führen, dass Unternehmen in Ländern mit schwacher Regulierung und schlechter Menschenrechtsbilanz tätig werden, was das Risiko von Verstößen gegen Menschen- und Arbeitsrechte erhöht.
Transparenz
Transparenz ist eine Herausforderung für die Textilindustrie, da viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, die Herkunft ihrer Produkte und die Bedingungen ihrer Lieferketten vollständig nachzuvollziehen und offenzulegen. Dies kann zu Problemen führen, etwa zu mangelnder Nachhaltigkeit, Menschenrechtsverletzungen und unethischen Praktiken.
Darüber hinaus kann fehlende Transparenz das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Produkte und Marken beeinträchtigen und zu einem Imageschaden für das Unternehmen führen.
Tierwohl
Viele Textilien werden aus tierischen Materialien hergestellt, zum Beispiel Wolle, Seide oder Leder. Eine schlechte Tierhaltung ist ethisch problematisch und kann, etwa im Fall von Tierquälerei, zu rechtlichen Konsequenzen und Geschäftsrisiken führen.
Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher den Eindruck gewinnen, dass ihre Kleidung auf Kosten des Tierwohls hergestellt wurde, kann das zu einem Imageschaden für das Unternehmen führen.
Mitmachen Tipps für verantwortungsvollen Kleidungskauf
Wer Kleidung kauft, trägt Mitverantwortung für die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern – und kann durch bewusste Kaufentscheidungen darauf Einfluss nehmen.
Hier einige Tipps für den verantwortungsvollen Kleidungskauf:
- Kaufen Sie in Läden, Versandhäusern oder über Internetportale, die sich auf ökologische und fair gehandelte Kleidung spezialisiert haben.
- Achten Sie auf Siegel, die die Einhaltung ökologischer und/oder sozialer Standards bestätigen. Dazu gehören zum Beispiel das Fairtrade-Siegel sowie die Label „GOTS (Externer Link)“ und „IVN Best (Externer Link)“. Wer sozial und ökologisch produzierte Mode kaufen möchte, sollte auf den „Grünen Knopf“ (www.gruener-knopf.de (Externer Link)) achten. Siegelinhaber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
- Nutzen Sie das Internetportal www.siegelklarheit.de (Externer Link). Es bewertet die Glaubwürdigkeit von Umwelt- und Sozialsiegeln für Textilien und andere Produkte.
- Kaufen Sie weniger, aber hochwertigere Kleidung, die länger als nur eine Saison hält.
- Kaufen Sie Secondhand-Kleidung.
- Informieren Sie sich und äußern Sie Ihre Meinung. Fragen Sie in Ihrem Lieblingsgeschäft oder bei Ihrer Lieblingsmarke nach, unter welchen Bedingungen die angebotene Ware hergestellt wird. Kein Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, die Wünsche der Kundinnen und Kunden zu ignorieren.
- Vermeiden Sie Fehlkäufe, indem Sie sich bewusst darüber Gedanken machen, in welchen Farben, Formen und Materialien Sie sich am wohlsten fühlen.
Weiterführende Informationen
- Textilsiegel „Grüner Knopf“ (Externer Link)
- Online-Portal Siegelklarheit (Externer Link)
- Bündnis für nachhaltige Textilien (Externer Link)
- Factsheet Bündnis für nachhaltige Textilien (Externer Link)
- Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (Externer Link)
- UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Externer Link)
- Internationale Arbeitsorganisation (ILO), Deutschland-Vertretung (Externer Link)
- Kernarbeitsnormen | Informationen der ILO (Externer Link)
- OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (PDF 1,1 MB) (Externer Link)
- OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhwarenindustrie (Externer Link)
- Global Compact der Vereinten Nationen – Netzwerk Deutschland (Externer Link)
- Bundesverband Die Verbraucher Initiative (Externer Link)
- Informationen des Gesamtverbands textil+mode zum Thema Nachhaltigkeit (Externer Link)
- Verhaltenskodex für verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln der deutschen Textil- und Modewirtschaft (Externer Link)
- Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (CSR) – Informationen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) (Externer Link)
- Asia Garment Hub (Externer Link)
- Sustainable Terms of Trade Initiative (STTI) (Externer Link)
- Digitale Ausstellung über Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zur Unterstützung von Textilarbeiterinnen und -arbeitern in Asien während der Covid-19-Krise (englisch) (Externer Link)
- Clean Clothes Campaign (Externer Link)
- The impact of textile production and waste on the environment – Infografiken des Europäischen Parlaments (Externer Link)
- The Industry We Want (Externer Link)
Stand: 25.04.2023