Politische Situation Wenig Bemühen um nachhaltige Entwicklung

Offiziell ist Kamerun eine Mehrparteiendemokratie. Tatsächlich wird das Land jedoch seit den 1960er Jahren durchgängig von derselben Partei regiert, die auf allen politischen Ebenen eine Vormachtstellung innehat.

Stadtansicht von Jaunde, Hauptstadt von Kamerun

Stadtansicht von Jaunde, Hauptstadt von Kamerun

Stadtansicht von Jaunde, Hauptstadt von Kamerun

Die Opposition wirft der Regierung Wahlmanipulationen vor und hat die Parlaments-, Regional- und Kommunalwahlen 2020 zu großen Teilen boykottiert.

Präsident Paul Biya ist seit 1982 im Amt. Im Oktober 2018 wurde der damals 85-Jährige für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt. Ein auf Machterhalt ausgerichteter autoritärer Regierungsstil, Klientelpolitik und Korruption prägen Politik und Verwaltung. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2021 (Externer Link) der Nichtregierungsorganisation (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Transparency International liegt Kamerun auf Rang 144 von 180 ausgewerteten Ländern.

Zivilgesellschaftliches (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Engagement wird durch staatliche Repressionen, etwa Demonstrationsverbote, Internetsperren und Medienzensur, erschwert.

Ehrgeiziges Ziel, schwache Umsetzung

Insgesamt zeigt sich die Regierung Kameruns wenig entwicklungsorientiert. Ihre Strategie „Vision 2035“ formuliert zwar das ehrgeizige Ziel, bis zum Jahr 2035 den Status eines Schwellenlandes (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zu erreichen. Und formal bekennt sich die Regierung auch zur Agenda 2030 (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen). Doch ein ganzheitlicher Politikansatz, der globale Entwicklungsziele wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Sicherheit aufgreift, ist nicht erkennbar.


Innenpolitische Krise

Aktuell befindet sich Kamerun in einer tiefen innenpolitischen Krise. Konflikte in den englischsprachigen Regionen North-West und South-West sowie in der Region Extrême-Nord gefährden die Stabilität des Landes. Nach Angaben der Vereinten Nationen haben etwa eine Million Menschen aus den Konfliktregionen in anderen Landesteilen Schutz gesucht. 4,4 Millionen der rund 27 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

In den anglophonen Provinzen kämpfen Separatistengruppen für mehr Mitbestimmung und die Gründung eines eigenen Staates, der „Republik Ambazonia“.

Die Regierung unter Präsident Biya hat zwar 2019 einen „nationalen Dialog“ durchgeführt, erste wichtige Dezentralisierungsschritte unternommen und den Wiederaufbau der Infrastruktur angekündigt. Eine Rückkehr zu einem föderalen Staat, der deutlich mehr Entscheidungskompetenzen auf die Regionen verlagert, lehnt Biya jedoch ab. Er hält an einer militärischen Lösung des Konflikts fest.

Die humanitäre Lage in den englischsprachigen Landesteilen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche: Immer wieder werden Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler von bewaffneten Gruppen angegriffen, entführt, bedroht oder getötet. 2021 blieben deshalb zwei von drei Schulen in den englischsprachigen Regionen geschlossen, mehr als 700.000 Schülerinnen und Schüler erhielten keinen Unterricht.

Terror im Norden

Auch in der Region Extrême-Nord hat sich die Sicherheitslage verschlechtert. Zwar hat Kamerun gemeinsam mit Nigeria, Niger, Tschad und Benin eine multinationale Eingreiftruppe (Multinational Joint Task Force, MNJTF) gegründet, um die islamistische Gruppierung Boko Haram zu bekämpfen. Die Zahl der Terroranschläge auf kamerunischem Staatsgebiet hat jedoch seit Ende 2019 stark zugenommen.