Straßenszene in Cotonou, Benin

Politische Situation Konsequenter Reformkurs – mit Einschränkungen politischer Freiheiten

2016 wurde der Unternehmer Patrice Talon zum Präsidenten Benins gewählt, 2021 wurde er im Amt bestätigt. Talon hat einen umfassenden politischen, administrativen und wirtschaftlichen Reformprozess eingeleitet. Fortschritte sind sichtbar: Unter anderem sind die staatlichen Einnahmen gestiegen und die Versorgung mit Energie, Wasser, Grundbildung und Verkehrsinfrastruktur hat sich verbessert. Die Sozialausgaben stiegen zwischen 2018 und 2022 von 32,6 auf 43,8 Prozent.

Der Korruptionswahrnehmungsindex (Externer Link) von Transparency International bescheinigt der Regierung außerdem Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung: Seit 2016 hat sich die Bewertung des Landes kontinuierlich verbessert. 2023 erreichte Benin Rang 70 von 180 Ländern (2016: 95 von 176 Ländern). Das 2018 eingerichtete Sondergericht zur Vermeidung von Korruption und Terrorismus steht jedoch teilweise in der Kritik.

Im Regierungsaktionsprogramm (Programme d’Actions du Gouvernement (Externer Link), PAG) seiner zweiten Amtszeit strebt Präsident Talon einen stärkeren Ausgleich zwischen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung und den verschiedenen Landesteilen an. Noch ist die soziale Ungleichheit zwischen Stadt und Land sowie zwischen den südlichen und den nördlichen Landesteilen groß. Soziale Sicherungssysteme sind in Benin noch nicht so stark ausgebaut wie in anderen Ländern. Die Weltbank (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) unterstützt deren Ausbau aktuell mit einem Programm.

Benin beteiligt sich an der G20 (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)-Initiative „Compact with Africa (Externer Link)“ und ist auch der „Addis Tax Initiative (Externer Link)“ beigetreten. Das unterstreicht den Willen der Regierung, das wirtschaftspolitische Umfeld zu verbessern und ein transparentes und effizientes öffentliches Finanzsystem aufzubauen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und die Weltbank loben die Bemühungen zur Verbesserung der Steuereintreibung sowie die Priorisierung von Ausgaben für soziale Sektoren und Verteidigung. Wiederholt gewährten IWF und Weltbank hohe Finanzierungszusagen, zum Beispiel der IWF im Dezember 2023 im Rahmen der sogenannten „Resilience and Sustainability Facility“ in Höhe von circa 200 Millionen US-Dollar.

Benin gehört zu den wenigen afrikanischen Staaten, die den Vertrag über die Schaffung einer afrikanischen kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA) noch nicht ratifiziert haben. Dennoch bekennt sich Benin zum Multilateralismus und arbeitet im regionalen Rahmen und in der Afrikanischen Union konstruktiv mit.


Demokratie-Defizite

Auch wenn die aktuelle politische Lage in Benin insgesamt relativ stabil ist, sind deutliche Einschränkungen der demokratischen Freiheiten und der Gewaltenteilung zu verzeichnen.

Im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen 2019 kam es zu Spannungen, da infolge einer Reform des Parteien- und Wahlrechts nur zwei Parteien zugelassen waren. Daraufhin boykottierten viele Beninerinnen und Beniner die Wahl. Auch die von Polizeigewalt begleitete Präsidentschaftswahl 2021 geriet in Kritik, da im Vorfeld Gegenkandidaten des amtierenden Präsidenten durch politisch motivierte Strafverfolgungsprozesse von der Wahl ausgeschlossen wurden. Die Nichtregierungsorganisation Freedom House (Externer Link) bewertet Benin in ihrem Index nur noch als „teilweise freie“ Demokratie.

Zu den friedlichen Parlamentswahlen im Januar 2023 waren sieben Parteien zugelassen, vier davon scheiterten jedoch an der Zehn-Prozent-Hürde. Die beiden größten regierungsnahen Parteien gewannen 81 der 109 Sitze. Seitdem ist mit der Partei Les Démocrates (24,4 Prozent, 28 von 109 Sitzen) erstmals wieder eine Oppositionspartei im Parlament vertreten. Von der Opposition geäußerte Vorwürfe des Wahlbetrugs und des Stimmenkaufs wurden vom Verfassungsgericht zurückgewiesen. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 38 Prozent.

Menschenrechte

In Benin ist die Presse- und Meinungsfreiheit zunehmend eingeschränkt, politische Gegner werden teilweise kriminalisiert. Beispielsweise wurde im Sommer 2023 die Mediengruppe Gazette du Golfe von der beninischen Regulierungsbehörde für Medien suspendiert. Im Welt-Bericht zur Pressefreiheit (Externer Link) von „Reporter ohne Grenzen“ steht Benin auf Platz 112 (von 180).

Die Unabhängigkeit der Justiz ist ebenfalls eingeschränkt. Das Justizwesen weist erhebliche Mängel auf und gilt als korruptionsanfällig. Die Haftbedingungen in den Gefängnissen sind schlecht.

Kinderarbeit ist in Benin verbreitet. Kinderhandel ist dort zwar verboten, doch Korruption und Mängel in der Archivierung von Urkunden verhindern eine Durchsetzung des Gesetzes. Insbesondere im Nachbarland Nigeria werden viele Mädchen und Jungen aus Benin als Arbeitssklaven eingesetzt.

Obwohl die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Verfassung verankert ist, werden Mädchen und Frauen in vielen Bereichen benachteiligt. Häusliche und sexualisierte Gewalt ebenso wie die Praxis der Genitalverstümmelung sind weit verbreitet. Außerdem haben Mädchen einen schlechteren Zugang zu Bildung, müssen häufig im Haushalt oder im Betrieb mitarbeiten und werden oft schon vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet. Verbreitete traditionelle Einstellungen in der Gesellschaft verschärfen diese Lage. Die Regierung hat konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Gleichberechtigung zu fördern. Schwangerschaftsunterbrechungen wurden in bestimmten Fällen zugelassen, ein nationales Fraueninstitut wurde gegründet und Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen ausgeweitet, untere anderem durch die Stärkung von Sozialzentren. Frauen sind seit der Wahl im Januar 2023 im Parlament mit 27 Prozent vertreten, in der Wahlperiode zuvor waren es weniger als zehn Prozent. 2023 wurde ein neues Gesetz zu Rechten von Menschen mit Behinderung verabschiedet.

Verschlechterte Sicherheitslage im Norden

Im Norden Benins nimmt die Instabilität zu: Bewaffnete islamistische Gruppen, unter anderem aus Burkina Faso, nutzen das Grenzgebiet als Rückzugsort, die Zahl der Angriffe hat deutlich zugenommen. Fast wöchentlich sind mittlerweile Zwischenfälle zu verzeichnen. Gewalt gegen Zivilisten hat 2023 im Vergleich zum Vorjahr laut der Nichtregierungsorganisation ACLED um 23 Prozent zugenommen.

Die Regierung Benins bemüht sich, die Lage zu stabilisieren, indem sie sicherheitspolitische Maßnahmen und staatliche Präsenz ausbaut und neue Soldaten aus der Region rekrutiert. Teilweise konnte sie dadurch die Kontrolle über die Grenze zu Niger und Burkina Faso zurückerlangen. Die Regierung Nigers kündigte das Sicherheitsabkommen mit Benin, so dass keine grenzüberschreitende Sicherheitszusammenarbeit mit Niger mehr stattfindet: Das eröffnet extremistischen Gruppen neue Rückzugs- und Aktionsräume.

Die sich verschlechternde Sicherheitslage wirkt sich zunehmend auf die Bevölkerung in den Grenzregionen im Norden aus. Die nächtliche Ausgangssperre schränkt wirtschaftliche Aktivitäten ein, einige Schulen mussten schließen. Ernährungsunsicherheit und Unterernährung steigen. Zugleich reglementiert die Regierung internationale und neuerdings auch nationale Weidewirtschaft.

Um den sozialen Zusammenhalt zu fördern und Konflikte um natürliche Ressourcen abzumindern, legt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit einen Fokus auf Projekte im Norden Benins. Über die KfW Entwicklungsbank (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) werden zum Beispiel gezielt Kommunen im Norden unterstützt. So soll die Resilienz der Bevölkerung und ihr Vertrauen in staatliche Strukturen gestärkt werden (siehe auch: Kernthema „Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen“). .

Stand: 08.02.2024