Arbeiterinnen und Arbeiter in einer Textilfabrik in Bangladesch, in der besonders auf die Einhaltung der gesetzlichen Sozial- und Umweltstandards geachtet wird

Umwelt- und Sozialstandards in der Textilwirtschaft verbessern

Weltweit arbeiten mehr als 60 Millionen Menschen in der Textil- und Bekleidungsbranche, die meisten von ihnen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Der Wirtschaftszweig ist international stark verflochten, die Lieferketten sind komplex. Der Beitrag der Textilwirtschaft zum Wirtschaftswachstum und zur Entwicklung ist groß.

In vielen Produktionsländern entsprechen die Produktions- und Arbeitsbedingungen jedoch nicht den international definierten Umwelt- und Sozialstandards. Dort gibt es 16-Stunden-Arbeitstage und Löhne, die kaum zum Leben reichen. Bei Schwangerschaft oder Krankheit müssen Beschäftigte mit der Kündigung rechnen. Die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Arbeiterinnen und Arbeitern sind oft ungenügend und eine soziale Absicherung bei Arbeitsunfällen ist meist nicht vorhanden. Viele Produktionsstätten der Textil- und Bekleidungsindustrie tragen darüber hinaus zur Verschmutzung von Luft und Wasser bei.


Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die Art, wie wir produzieren und konsumieren, hat großen Einfluss auf die Arbeits- und Lebensbedingungen in anderen Teilen der Welt. Auch wir in Deutschland tragen Verantwortung dafür, dass entlang der globalen Lieferketten die Menschenrechte und Umweltstandards geachtet werden.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze

Deutsches Engagement

Deutschlands Entwicklungspolitik hat das Ziel, wirtschaftliches Wachstum zu fördern und zugleich weltweit menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen sowie den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Umwelt durchzusetzen.

Anfang 2023 ist in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft getreten. Es fördert die Einhaltung der Menschenrechte und der Sozial- und Umweltstandards in globalen Lieferketten. Das Gesetz formuliert klare und umsetzbare Sorgfaltspflichten für die beteiligten Unternehmen und schließt auch die textilen Lieferketten in die Anforderungen mit ein.

Die Bundesrepublik setzt sich auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Maßnahmen für Umwelt- und Sozialstandards in der Textilwirtschaft ein:

Der Grüne Knopf – das Siegel für sozial und ökologisch produzierte Textilien

Der Grüne Knopf Interner Link

Durch das staatliche Siegel „Grüner Knopf“ sind nachhaltige Textilien leicht zu erkennen. Das Besondere: Es ist das erste Siegel, das systematisch prüft, ob Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren Lieferketten übernehmen. Zusätzlich müssen die gekennzeichneten Produkte ökologisch nachhaltig hergestellt sein.

Logo: Bündnis für nachhaltige Textilien

Das Bündnis für nachhaltige Textilien Interner Link

Das Bündnis für nachhaltige Textilien setzt sich für eine soziale, ökologische und korruptionsfreie Textil- und Bekleidungsbranche ein. Es wurde 2014 vom BMZ initiiert. Der Initiative gehören Unternehmen und Verbände, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, Standardorganisationen und die Bundesregierung an.

Fabrikhalle in Bangladesch

Internationale Organisationen unterstützen Interner Link

Deutschland setzt sich dafür ein, dass internationale Organisationen im Dialog mit den Entwicklungsländern Umwelt- und Sozialstandards fördern. Insbesondere die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) wird von Deutschland unterstützt. Sie ist die federführende Institution zur weltweiten Durchsetzung der Kernarbeitsnormen.

Schulung von Näherinnen und Nähern in Bangladesch

Dialog mit den Partnerländern führen Interner Link

Das BMZ fördert die Einführung und Anerkennung von Umwelt- und Sozialstandards in den Kooperationsländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Im Bereich der Textilproduktion gibt es entsprechende Programme zum Beispiel in Bangladesch, Pakistan, Kambodscha, Ghana und Äthiopien.

Frauen pflücken Baumwolle.

Mit der Wirtschaft kooperieren Interner Link

Wenn es um die Durchsetzung von Umwelt- und Sozialstandards geht, ist die Privatwirtschaft ein wichtiger Partner der Politik. Das BMZ arbeitet darum in vielfältiger Weise mit ihr zusammen, etwa im Rahmen von Kooperationen wie dem Bündnis für nachhaltige Textilien.

Näherinnen und Näher in einem Frauen-Café in Bangladesch

Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft Interner Link

Bei der Einführung, Einhaltung und Kontrolle von Umwelt- und Sozialstandards in Entwicklungsländern spielen Nichtregierungsorganisationen eine wichtige Rolle. Sie verfügen über gute Kontakte zur Bevölkerung und genießen durch ihrer Unabhängigkeit von staatlichen Stellen hohes Vertrauen.

Kundin mit Einkaufstüten

Verbraucherinnen und Verbraucher aufklären Interner Link

Verbraucherinnen und Verbraucher können durch bewusste Kaufentscheidungen dafür sorgen, dass nach und nach immer mehr umwelt- und sozialverträglich hergestellte Produkte auf den Markt kommen.

Bunte Garnrollen
Wir machen jeden Tag Überstunden. In Spitzenzeiten arbeiten wir bis zwei oder drei Uhr morgens. Obwohl wir erschöpft sind, haben wir keine andere Wahl. Wir können die Überstunden nicht ablehnen. Unser Grundlohn ist einfach zu niedrig.
Phan, 22-jäh­ri­ge Tex­til­ar­bei­te­rin in Thai­land

Hintergrund Herausforderungen in der Textilwirtschaft

Geschlechtergerechtigkeit

Frauen machen den Großteil der Arbeitskräfte in der Textilindustrie aus. Sie werden oft diskriminiert, haben weniger Aufstiegschancen und verdienen oft weniger als Männer für die gleiche Arbeit. Zudem ist sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz weit verbreitet.

Gesundheit und Sicherheit

Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind oft gefährlich und gesundheitsschädlich. Arbeiterinnen und Arbeiter sind häufig giftigen Chemikalien ausgesetzt, die zur Herstellung von Textilien verwendet werden. In vielen Fabriken sind die Arbeitsbedingungen schlecht und es kommt häufig zu – teilweise auch tödlichen – Unfällen.

Gesundheitsgefährdend ist beispielsweise das Sandstrahlen von Jeans, die dadurch so aussehen, als wären sie bereits getragen worden. Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die aufgrund dieses modischen Trends mit Sandstrahltechnik arbeiten müssen, tragen ein hohes Risiko, an einer lebensbedrohenden Staublunge (Silikose) zu erkranken.

Löhne und Arbeitszeiten

In der Textilindustrie werden oft sehr niedrige Löhne gezahlt, die nicht ausreichen, um die Grundbedürfnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter zu decken. Es gibt außerdem häufig keine Sozialleistungen wie Kranken- oder Rentenversicherungen. Die Arbeitszeiten sind oft lang und die Arbeiterinnen und Arbeiter müssen Überstunden leisten.

In Bangladesch erhalten ungelernte Näherinnen zum Beispiel nur einen Mindestlohn von umgerechnet etwa 85 Euro im Monat, in Kambodscha sind es etwa 200 Euro im Monat. Dafür müssen sie bis zu 16 Stunden am Tag arbeiten.

Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen

Die Vereinigungsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht. Sie ist in Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Externer Link) festgeschrieben. Und in Artikel 23 steht: „Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.“

Arbeiterinnen und Arbeiter in der Textilindustrie kennen ihre Rechte jedoch häufig nicht oder haben Schwierigkeiten, sie durchzusetzen. Gewerkschaften werden in vielen Ländern nicht toleriert. Beschäftigte, die versuchen sich zu organisieren, werden häufig bedroht oder sogar entlassen. Dies erschwert die Durchsetzung von Arbeitsrechten und Tarifverhandlungen.

Beschwerdemechanismen

Beschwerdemechanismen sind wichtig, damit Arbeiterinnen und Arbeiter Missstände und Verstöße gegen Arbeits- und Umweltvorschriften anonym melden können.

Viele große Unternehmen haben zwar Beschwerdemechanismen eingerichtet. Es kommt aber vor, dass Beschäftigte diese nicht kennen oder ihnen nicht vertrauen. Voraussetzung für wirksame Beschwerdemechanismen ist außerdem, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Rechte und die geltenden Vorschriften zu Arbeits- und Umweltschutz kennen.

Kinder- und Zwangsarbeit

Im Textilsektor sind Kinder- und Zwangsarbeit weit verbreitet, insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen und schwachen Arbeitsgesetzen. Die Hauptursachen dafür sind Armut, fehlende Bildung, mangelnde Einkommensalternativen sowie der wachsende Konkurrenzdruck und die Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigeren Lohnkosten.

Existenzsichernde Löhne würden die Lebenserhaltungskosten der Arbeiterinnen und Arbeiter und ihrer Familien decken und so das Risiko der Kinderarbeit reduzieren.

Chemikalieneinsatz und Abwasser

Die Textilindustrie gehört zu den Branchen, die die Umwelt in hohem Maß verschmutzen. Sie verwendet große Mengen an gefährlichen oder giftigen Chemikalien wie Farbstoffe und Bleichmittel, die häufig ungeklärt in Flüsse und Seen geleitet werden und sowohl Mensch als auch Umwelt schaden können. Und über die Böden der Baumwollfelder gelangen Pestizide ins Grund- und Trinkwasser.

Umwelt- und Ressourcenschutz

Die Textilindustrie verbraucht große Mengen an Wasser, Energie und anderen Ressourcen. So werden unter anderem beim Baumwollanbau und bei Färbeprozessen erhebliche Wassermengen benötigt.

Der Anbau von Baumwolle in wasserarmen Regionen verstärkt zusätzlich die Auswirkungen des Klimawandels und hat die Austrocknung ganzer Regionen zur Folge. Der Anbau in riesigen Monokulturen sorgt dafür, dass die Böden auslaugen.

Klima

Die Textilindustrie trägt erheblich zur globalen Erwärmung bei, da sie eine große Menge an Treibhausgasen wie Kohlendioxid ausstößt. Diese entstehen bei der Produktion, dem Transport und der Entsorgung von Kleidung.

Um die Emissionen zu verringern, müssen die Unternehmen auf eine nachhaltigere, kohlenstoffarme Produktion umsteigen.

Kreislaufwirtschaft

Die Textilindustrie produziert sehr viel Abfall. Es werden sehr viele Kleidungsstücke produziert, die dann nur kurz genutzt werden („Fast Fashion“). Oft ist die Qualität so schlecht, dass die Textilien nicht recycelt werden können.

Ein Lösungsansatz ist Kreislaufwirtschaft: Kleidung wird repariert und/oder wiederverwendet, um ihre Lebensdauer zu verlängern, Rohstoffe werden recycelt.

Korruption

Korruption kann zu ungerechten Geschäftspraktiken, schlechten Arbeitsbedingungen und Umweltschäden führen. Sie kann auch bewirken, dass Unternehmen qualitativ minderwertige Produkte herstellen, um Kosten zu sparen. Darüber hinaus können korrupte Praktiken dazu führen, dass Unternehmen in Ländern mit schwacher Regulierung und schlechter Menschenrechtsbilanz tätig werden, was das Risiko von Verstößen gegen Menschen- und Arbeitsrechte erhöht.

Transparenz

Transparenz ist eine Herausforderung für die Textilindustrie, da viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, die Herkunft ihrer Produkte und die Bedingungen ihrer Lieferketten vollständig nachzuvollziehen und offenzulegen. Dies kann zu Problemen führen, etwa zu mangelnder Nachhaltigkeit, Menschenrechtsverletzungen und unethischen Praktiken.

Darüber hinaus kann fehlende Transparenz das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Produkte und Marken beeinträchtigen und zu einem Imageschaden für das Unternehmen führen.

Tierwohl

Viele Textilien werden aus tierischen Materialien hergestellt, zum Beispiel Wolle, Seide oder Leder. Eine schlechte Tierhaltung ist ethisch problematisch und kann, etwa im Fall von Tierquälerei, zu rechtlichen Konsequenzen und Geschäftsrisiken führen.

Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher den Eindruck gewinnen, dass ihre Kleidung auf Kosten des Tierwohls hergestellt wurde, kann das zu einem Imageschaden für das Unternehmen führen.

Mitmachen Tipps für verantwortungsvollen Kleidungskauf

Wer Kleidung kauft, trägt Mitverantwortung für die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern – und kann durch bewusste Kaufentscheidungen darauf Einfluss nehmen.

Hier einige Tipps für den verantwortungsvollen Kleidungskauf:

  • Kaufen Sie in Läden, Versandhäusern oder über Internetportale, die sich auf ökologische und fair gehandelte Kleidung spezialisiert haben.
  • Achten Sie auf Siegel, die die Einhaltung ökologischer und/oder sozialer Standards bestätigen. Dazu gehören zum Beispiel das Fairtrade-Siegel sowie die Label „GOTS (Externer Link)“ und „IVN Best (Externer Link)“. Wer sozial und ökologisch produzierte Mode kaufen möchte, sollte auf den „Grünen Knopf“ (www.gruener-knopf.de (Externer Link)) achten. Siegelinhaber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
  • Nutzen Sie das Internetportal www.siegelklarheit.de (Externer Link). Es bewertet die Glaubwürdigkeit von Umwelt- und Sozialsiegeln für Textilien und andere Produkte.
  • Kaufen Sie weniger, aber hochwertigere Kleidung, die länger als nur eine Saison hält.
  • Kaufen Sie Secondhand-Kleidung.
  • Informieren Sie sich und äußern Sie Ihre Meinung. Fragen Sie in Ihrem Lieblingsgeschäft oder bei Ihrer Lieblingsmarke nach, unter welchen Bedingungen die angebotene Ware hergestellt wird. Kein Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, die Wünsche der Kundinnen und Kunden zu ignorieren.
  • Vermeiden Sie Fehlkäufe, indem Sie sich bewusst darüber Gedanken machen, in welchen Farben, Formen und Materialien Sie sich am wohlsten fühlen.

BMZ-Publikationen

Nachhaltige Textilien

Nachhaltige Textilien | Eine Frage der Verantwortung

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 06/2023 | Dateigröße 2 MB, Seiten 32 Seiten | Zugänglichkeit barrierefrei
Sidi hat Ferien!

Wo kommt unsere Kleidung her?

Ein Fall für den Grünen Knopf

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 06/2022 | Dateigröße 2 MB, Seiten 20 Seiten
Titelblatt: Berichterstattung der Bundesregierung | Review-Prozess 2021 im Bündnis für nachhaltige Textilien

Berichterstattung der Bundesregierung: Review-Prozess 2021 im Bündnis für nachhaltige Textilien

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 10/2021 | Dateigröße 1 MB, Seiten 16 Seiten
Beitrag der Bundesregierung zur Förderung von nachhaltigen Textilien

Beitrag der Bundesregierung zur Förderung von nachhaltigen Textilien

Textil-Maßnahmenplan der Bundesregierung 2019 und Fortschrittsbericht zu den Maßnahmen aus 2018

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 08/2019 | Dateigröße 984 KB, Seiten 15 Seiten
Ein T-Shirt auf Reisen

Ein T-Shirt auf Reisen

Wo kommt unsere Kleidung her?

Dateityp PDF | Sachstandsdatum 02/2023 | Dateigröße 8 MB, Seiten 19 Seiten | Zugänglichkeit barrierefrei

Stand: 25.04.2023