Faire Bezahlung Staatssekretärin Kofler wirbt für existenzsichernde Löhne in der Textilindustrie
Bärbel Kofler: „Mit aller Brutalität hat uns die Pandemie auch die Folgen des Billiglohnmodells in der Textilwirtschaft vor Augen geführt. Weil die Löhne von Näherinnen in Asien und Afrika weit unter dem existenzsichernden Niveau sind, konnten sie keine Rücklagen bilden. Der Verlust von Arbeitsplätzen während der Pandemie hat so viele Familien nicht nur das Einkommen gekostet – ohne Ersparnisse und staatliche Unterstützung waren sie häufig auch nicht in der Lage, ausreichend Lebensmittel zu kaufen oder für die Bildung ihrer Kinder aufzukommen. Das zeigt einmal mehr: Der Schlüssel zu Gesundheit, guter Bildung und auch der Vermeidung von Kinderarbeit ist eine anständige Bezahlung.“
Als existenzsichernd gilt ein Lohn, wenn er Beschäftigten und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. Das bedeutet, der Lohn muss ausreichen für Nahrung, Wohnung, Bildung, Gesundheitsversorgung, Transport, Kleidung und andere Grundbedürfnisse, sowie für Vorkehrungen für unerwartete Ereignisse. In den meisten Produktionsländern der Textilindustrie werden keine existenzsichernden Löhne gezahlt. Das betrifft insbesondere Frauen, die etwa 80 Prozent der Arbeitskräfte in der Textillieferkette ausmachen.
Kofler kündigte an, sich weiter politisch für das Thema stark zu machen. Von Unternehmen forderte sie, ihre Sorgfaltspflichten für die eigene Lieferkette ernst zu nehmen und Schritte zur Hebung des Lohnniveaus zusammen mit ihren Zulieferbetrieben anzugehen: „Die Arbeitsgruppe im deutschen Textilbündnis dazu hat gezeigt, dass es gute Beispiele gibt, die auf Nachahmer warten“, so Kofler.
Mit der Initiative „Living Wage Lab“ wird im Textilbündnis die Einführung von Strategien zur Zahlung existenzsichernder Löhne gefördert. Beteiligt sind Unternehmen, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und das BMZ. Auch mit dem weiterentwickelten staatlichen Textilsiegel „Grüner Knopf 2.0“ wird das Thema existenzsichernde Löhne gefördert. Für eine Zertifizierung nach GK2.0 müssen Unternehmen eine Lohnlückenanalyse sowie eine Strategie zur Förderung existenzsichernder Löhne entwickeln und mit der Umsetzung beginnen.
Das jährlich stattfindende OECD-Forum ist eine der wichtigsten Konferenzen zu Nachhaltigkeit und Sorgfaltspflichten in der Textilindustrie. Es bringt Vertreter von Regierungen, Unternehmen, Gewerkschaften, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zusammen, um in einem neutralen Umfeld über zentrale Fragen und Risiken im Zusammenhang mit Sorgfaltspflichten in den globalen Lieferketten zu diskutieren.