Zedern im Libanon

Libanon Kleines Land mit sehr großen Herausforderungen

Der Libanon durchlebt die schwerste Wirtschafts-, Finanz- und Währungskrise seit Bestehen des Landes. Durch eine Explosionskatastrophe am 4. August 2020 im Hafen von Beirut wurden mehr als 200 Menschen getötet und rund 6.000 verletzt. Die Explosion zerstörte den Hafen und selbst sehr weit entfernte Gebäude wurden beschädigt, bis zu 300.000 Menschen wurden obdachlos. Die Explosion wurde durch einen Brand in einem Lagergebäude ausgelöst, in dem mehr als 2.700 Tonnen Ammoniumnitrat nicht sachgemäß lagerten.

Pressemitteilung vom 24. April 2022
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Als Reaktion auf den fahrlässigen Umgang der Behörden mit der seit längerem bekannten Gefahr und auf die wirtschaftliche und politische Krise im Land, kam es zu Massenprotesten gegen die Regierung von Premierminister Hassan Diab. Wenige Tage nach der Explosion trat sie zurück. Erst im September 2021 konnte unter Premierminister Nadschib Miqati eine neue Regierung gebildet werden, die sich jedoch als nur eingeschränkt handlungsfähig und kaum reformorientiert erweist.

Das öffentliche Gesundheitssystem des Landes ist seit Jahrzehnten stark unterfinanziert. Die Explosion sowie die Covid-19-Pandemie führten teilweise zu einem Zusammenbruch, der nur mit internationaler Hilfe abgefedert werden konnte.

Die aktuellen Ereignisse treffen ein kleines Land, das im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl so viele Flüchtlinge aufgenommen hat wie kein anderer Staat auf der Welt. Geschätzte 1,5 Millionen Menschen aus Syrien haben dort Schutz vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land gesucht (Ende März 2022 waren rund 840.000 offiziell beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR registriert). Eine gewaltige Herausforderung für die rund 4,4 Millionen Einwohner – und für ein Land, in dem bereits etwa 256.000 palästinensische Flüchtlinge zum Teil seit Jahrzehnten in Lagern leben.


Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit dem Libanon

Nachdem der Libanon im Jahr 2003 den Status eines Landes mit höherem mittlerem Einkommen („upper middle-income country“) erreicht hatte, wurde die deutsch-libanesische Entwicklungszusammenarbeit zunächst beendet. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Hisbollah, einer schiitischen Partei und Miliz im Libanon, und Israel im Sommer 2006 hat Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit wieder aufgenommen, um den Wiederaufbau des Landes zu unterstützen.

Im Zuge der Syrienkrise wurde die Entwicklungszusammenarbeit mit dem Libanon ausgeweitet. Das Land gehört seit 2020 zu den Partnerländern, mit denen das BMZ langfristige gemeinsame Entwicklungsziele verfolgt. Die Kooperation soll zur Stabilisierung und Konfliktprävention sowie mittel- bis langfristig zur wirtschaftlichen Entwicklung des Libanons beitragen. Im Gegenzug werden von der libanesischen Regierung Reformschritte erwartet.

Seit 2012 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) den Libanon mit rund 1,7 Milliarden Euro unterstützt.

Kurz- und mittelfristig liegt der Fokus auf der Unterstützung in der akuten Krisenbewältigung, den Unterstützungsleistungen für syrischen Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden sowie auf der Eindämmung der Covid-19-Pandemie. Maßnahmen sind hier zum Beispiel: Unterstützung bei Ernährungssicherung und Einkommensförderung, sozialer Sicherung (unter anderem durch Cash Transfers) und Stärkung der Gesundheitsversorgung.

Weitere Schwerpunkte der Entwicklungszusammenarbeit mit dem Libanon sind:

  • Grundbildung und berufliche Bildung,
  • Beschäftigungsförderung,
  • kommunale Infrastrukturprojekte zur Daseinsvorsorge in Fluchtaufnahmegemeinden (zum Beispiel Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung),
  • Nahrungsmittelsicherung durch landwirtschaftliche Anbauförderung, sowie
  • Wiederaufbau palästinensischer Flüchtlingscamps.

Ausgewählte Beispiele für die Wirkungen des deutschen Engagements im Libanon

  • Zwischen 2016 und 2021 wurden die Schulgebühren von fast 795.000 Kindern im schulpflichtigen Alter finanziert; darunter für knapp 390.000 bedürftige libanesische Kinder.
  • Von 2016 bis April 2021 konnten durch Investitionen im Wassersektor die Trinkwasserqualität und -verfügbarkeit sowie die Sanitärbedingungen von über 800.000 Menschen verbessert werden.
  • Allein 2021 wurden über die Beschäftigungsoffensive Nahost („Cash for Work“) im Libanon rund 22.000 kurzfristige Jobs geschaffen, seit 2016 insgesamt über 113.000 Jobs.
  • Mehr als 8.000 Wohnungen wurden instandgesetzt; so erhielten 30.000 syrische Flüchtlinge eine Unterkunft.
  • Zur Stärkung von Wertschöpfungsketten wurden mehr als 550 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Anbau und Verarbeitung von Äpfeln, Oliven, Gemüse und Milchprodukten (Trainings zu technischen Fähigkeiten und Geschäftspraktiken) weitergebildet.
  • Die Beschäftigungsfähigkeit von 4.000 Jugendlichen und Frauen wurde durch berufsqualifizierende Kurse in den Bereichen Ernährungsindustrie (Agrifood), Bau, Kultur- und Kreativwirtschaft, Gesundheit, Informations- und Kommunikationstechnologie und Lokaltourismus verbessert.
  • Zur Steigerung der politischen Teilhabe von Frauen, nahmen mehr als 700 Frauen an Mentoring- und Fortbildungsangeboten zur Stärkung ihrer Beteiligung in Gemeinderäten und auf lokaler Ebene teil.

Aktuelle Situation

Politische Situation
Stadtansicht von Beirut
Politischer Hintergrund
Falafelstand an der Schnellstraße in Saida, Libanon
Sicherheitslage
Marktstand in Tripoli, Libanon
Wirtschaftliche Situation
Kran und Schiff im Containerhafen von Beirut, die Aufnahme entstand vor der Explosionskatastrophe am 4. August 2020
Lager für Geflüchtete in der Bekaa-Ebene, Libanon

Flüchtlingskrise Mehr als jeder fünfte Einwohner ein Geflüchteter Interner Link

Im Libanon waren im März 2022 knapp 840.000 syrische Flüchtlinge offiziell beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) registriert. Ihre Lebensbedingungen sind schlecht: Rund 90 Prozent der Flüchtlinge leben in Armut. Rund 60 Prozent der syrischen Flüchtlingskinder im schulpflichtigen Alter besuchen keine Schule. Kinderarbeit ist weit verbreitet.

Stand: 21.04.2022