Hintergrundinformationen Lieferketten und Lieferkettengesetz

Mit dem sogenannten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) werden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verbindlich umgesetzt.

Im Juni 2011 haben die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Externer Link) verabschiedet. Sie sollen die Verletzung von Menschenrechten durch Wirtschaftsunternehmen verhindern und definieren die staatliche Schutzpflicht und die unternehmerische Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte in globalen Lieferketten.

Fahrradwerkstatt in Mosambik

Freiwilliges Engagement

Um diese Leitprinzipien in Deutschland umzusetzen, hat die Bundesregierung zunächst auf freiwilliges Engagement gesetzt. Im Dezember 2016 hat sie den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (Externer Link) (NAP) verabschiedet und einen Überprüfungsmechanismus eingerichtet.

Das Ergebnis: Zu wenige Unternehmen erfüllen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht.

Unternehmensbefragung

Bei einer ersten Unternehmensbefragung 2019 füllten nur 400 von mehr als 3.000 angeschriebenen Unternehmen den Fragebogen aus. Die Auswertung ergab, dass nur 20 Prozent dieser 400 Unternehmen die Anforderungen des NAP erfüllten. An einer zweiten Unternehmensbefragung im Jahr 2020 beteiligten sich 450 von 2.250 kontaktierten Unternehmen und nur 17 Prozent von diesen erfüllten die Anforderungen.

Standbild aus dem Erklärfilm "Ein Gesetz für faire Lieferketten"

Einfach erklärt Ein Gesetz für faire Lieferketten – was ist das eigentlich?

Fazit: Gesetzliche Regelung

Der NAP sieht vor, dass die Bundesregierung weitere Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen wird, wenn weniger als 50 Prozent der Unternehmen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht erfüllen.

Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz setzt die Bundesregierung die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen verbindlich um.

Arbeiterin in einer Fabrik in Bangladesch
Cashew-Verarbeitungsunternehmen in Ghana
Titelbild des Koalitionsvertrags zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: Mehr Fortschritt wagen, Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit
Wir unterstützen ein wirksames EU-Lieferkettengesetz, basierend auf den UN-Leitprinzipien Wirtschaft und Menschenrechte, das kleinere und mittlere Unternehmen nicht überfordert. (…) Wir unterstützen den Vorschlag der EU-Kommission zum Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten. Wir unterstützen das von der EU vorgeschlagene Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit.
Aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom 7. Dezember 2021

Unser Ziel Faire und nachhaltige Lieferketten in Europa und weltweit

Das Ziel bleibt eine einheitliche europäische Regelung für nachhaltige Lieferketten. So werden gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen und internationale Standards gesetzt. Ein verbindlicher rechtlicher Rahmen in Europa wird die Verantwortung von Unternehmen für die Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards stärken und die Lebenssituation der Betroffen verbessern.

Weltweite Übereinkommen durchsetzen

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Externer Link) wurde 1948 mit überwältigender Mehrheit der UN-Vollversammlung verabschiedet. In Artikel 1 hält sie fest: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Artikel 23 sichert jedem, der arbeitet, ein Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen, zu.

Die UN-Kinderrechtskonvention (Externer Link) aus dem Jahr 1989 gebietet ein Recht des Kindes auf Schutz vor Ausbeutung. Die verbindlichen ILO-Kernarbeitsnormen (Externer Link) aus dem Jahr 1999 – von 182 Staaten ratifiziert – definieren internationale Regeln und Mindeststandards für die Arbeitswelt und zum Schutz von Kindern. In der Agenda 2030 (Externer Link) (SDG 8) haben sich die UN-Mitgliedsstaaten 2015 zur Abschaffung von Kinder- und Zwangsarbeit verpflichtet.

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (Externer Link) legen Grundsätze und Maßstäbe für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln bei Auslandsaktivitäten fest. Sie umfassen die Bereiche Menschenrechte, Soziales, Umwelt, Korruptionsbekämpfung, Steuern, Verbraucherinteressen, Berichterstattung, Forschung und Wettbewerb. Ihre Umsetzung ist jedoch freiwillig.

Seit 2011 setzen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Externer Link) klare Mindestanforderungen für soziale und ökologische Lieferketten ohne Kinderarbeit und Umweltschäden.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) (Externer Link) der EU und die EU-Konfliktmineralienverordnung (Externer Link) haben Standards zur Berichterstattung und zur Achtung der Menschenrechte für einzelne globale Lieferketten und ein unternehmerisches Risikomanagement weiter konkretisiert.

Gründe für ein Lieferkettengesetz

Trotz international verbindlicher Vorgaben hat die deutsche Bundesregierung lange auf das freiwillige Engagement der Unternehmen gesetzt. Doch die Ergebnisse des NAP-Monitorings waren ernüchternd: Weniger als 20 Prozent der Unternehmen erfüllten die Vorgaben. Auch bei der zweiten Befragung galten deutlich weniger als 50 Prozent der Unternehmen als sogenannte Erfüller.

Wer Schäden anrichtet, muss dafür Verantwortung übernehmen – das gilt auch für Unternehmen. In den vergangenen Jahren ereigneten sich weltweit immer wieder Katastrophen, an denen deutsche Unternehmen durch ihre Geschäftstätigkeit direkt oder indirekt beteiligt waren.

Weltweit müssen 160 Millionen Kinder laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) unter Bedingungen arbeiten, die sie ihrer elementaren Rechte und Chancen berauben. 79 Millionen von ihnen leiden unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder ausbeuterisch sind. Die Verletzung von Menschenrechten darf kein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen sein. Die Rechte von Betroffenen müssen besser geachtet werden. Betroffene von Menschenrechtsverletzungen brauchen Zugang zu Gerichten.

Deutschland ist nach den USA und China das drittgrößte Importland und hat damit einen wichtigen Stellenwert im globalen Lieferkettennetzwerk. Deutschland sollte als Vorreiter Verantwortung übernehmen.

Mehr als 80 Unternehmen sprachen sich für ein Sorgfaltspflichtengesetz aus. Über 220.000 Deutsche forderten im Juli 2020 in einer Petition an die damalige Bundeskanzlerin ein Sorgfaltspflichtengesetz für Deutschland. Der Rat für nachhaltige Entwicklung hat der Bundesregierung empfohlen, eine Vorreiterrolle bei der europäischen Gesetzgebung einzunehmen.

Mädchen in Nepal arbeiten in einer Ziegelei.

Mädchen in Nepal arbeiten in einer Ziegelei.

Mädchen in Nepal arbeiten in einer Ziegelei.

Häufig genannte Irrtümer über das Gesetz

Stand: 26.04.2023