Politische Situation Stockender Demokratisierungsprozess

Im April 2021 wurde der tschadische Präsident Idriss Déby Itno bei einem Rebellenangriff tödlich verletzt. Déby hatte Tschad seit 1990 regiert und war kurz zuvor erneut als Sieger aus der Präsidentschaftswahl hervorgegangen.

Eine Frau gibt bei den Präsidentschaftswahlen 2016 in Tschad ihre Stimme ab.

Eine Frau gibt bei den Präsidentschaftswahlen 2016 in Tschad ihre Stimme ab.

Eine Frau gibt bei den Präsidentschaftswahlen 2016 in Tschad ihre Stimme ab.

Nach seinem Tod übernahm ein militärischer Übergangsrat (Conseil Militaire de Transition, CMT) unter Führung seines Sohnes Mahamat Idriss Déby Itno die Macht. Der CMT erklärte die bisherige Verfassung für ungültig, löste das Parlament auf und erließ eine Übergangsverfassung. Vorgesehen war zunächst eine Phase des politischen Systemwechsels (Transition) von 18 Monaten, jedoch wurde der ursprüngliche Zeitplan nicht eingehalten. Als Ergebnis eines nationalen Dialogs wurde im Oktober 2022 die Transitionsphase nochmal um zwei Jahre verlängert, der Militärrat wurde aufgelöst und Mahamat Idriss Déby Itno für zwei weitere Jahre zum Übergangspräsidenten ernannt. Die Transitionsphase soll in demokratische Wahlen münden.


Erheblicher Reformbedarf

Im Hinblick auf Good Governance (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), Rechtsstaatlichkeit sowie Achtung und Schutz der Menschenrechte besteht in Tschad großer Reform- und Handlungsbedarf. Kritik von Seiten der politischen Opposition, Medien und Zivilgesellschaft wird zum Teil gewaltsam unterdrückt. Parlamentswahlen fanden zuletzt 2011 statt, Kommunalwahlen sind seit 2014 überfällig.

Korruption ist weit verbreitet. Im Korruptionswahrnehmungsindex (Externer Link) von Transparency International belegte Tschad 2022 Rang 167 von 180 ausgewerteten Ländern.

Zur Armutsbekämpfung sind vor allem wirtschaftliche Reformen sowie Reformen im Bildungssystem und im Gesundheitssektor notwendig.

Sicherheitslage

Gewalt- und Konflikterfahrungen prägen den Alltag vieler Menschen in Tschad. In der Region des Tschadsees im Westen des Landes wird die Sicherheit durch radikal-islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram und den „Islamischen Staat“ bedroht. Dort herrscht seit Jahren der Ausnahmezustand. Aus dem Süden Libyens und aus dem Sudan heraus kämpfen verschiedene sogenannte „politisch-militärische“ Gruppen für einen Machtwechsel in der Hauptstadt N'Djamena.

Hinzu kommen Konflikte zwischen ethnischen Gruppen und insbesondere zwischen sesshaften Ackerbauern und nomadisch geprägten Viehzüchtern um Land und Wasser sowie Konflikte um die Ausbeutung von Goldvorkommen.

Großzügige Aufnahme von Flüchtlingen

Trotz der schwierigen Situation im eigenen Land hat Tschad eine große Anzahl von Flüchtlingen aufgenommen, nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) rund 570.000 (Stand März 2023). Die Flüchtlinge kommen überwiegend aus dem Sudan und der Zentralafrikanischen Republik. Zudem leben rund 400.000 Binnenvertriebene (Stand März 2023) in Tschad, die vor Terrorangriffen geflohen sind.

Militärisches Engagement

Um den Terrorismus in der Sahel-Region zu bekämpfen, engagiert sich Tschad in multinationalen Militärmissionen. Dazu zählen die Eingreiftruppen der G5-Sahelstaaten (G5 Sahel Joint Force) und der Tschadsee-Anrainerstaaten (Multinational Joint Task Force, MNJTF).

Darüber hinaus gehört Tschad zu den größten Truppenstellern der UN-Stabilisierungsmission in Mali (MINUSMA).

Stand: 18.04.2023