Schäfer im Naran-Tal in der pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa

Soziale Situation Fortschritte in Gefahr

Pakistan ist es in den vergangenen zwei Jahrzehnten gelungen, die Einkommensarmut deutlich zu senken. Der Anteil der Armen an der Bevölkerung hat sich laut Weltbank (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) von 64 Prozent im Jahr 2001 auf knapp 22 Prozent 2018 verringert. Diese positive Entwicklung ist allerdings durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und der Flutkatastrophe 2022 stark gefährdet.

Bereits vor den verheerenden Überschwemmungen im Sommer 2022 galt etwa ein Fünftel der Einwohnerinnen und Einwohner Pakistans als unterernährt. Die Flutkatastrophe hat in großen Teilen des Landes die Existenzgrundlagen der Bevölkerung vernichtet. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als zehn Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. In den besonders von den Überschwemmungen betroffenen Distrikten sind demnach mehr als 3,5 Millionen Kinder stark unterernährt (Stand: Juni 2023).

Experten gehen davon aus, dass sich die Ernährungskrise noch verschärfen wird. Im Frühjahr und Frühsommer 2023 richteten ein Erdbeben, schwere Unwetter und ein Zyklon weitere Schäden an der Infrastruktur und in der Landwirtschaft an.

Die Kindersterblichkeit ist in den vergangenen Jahrzehnten in Pakistan kontinuierlich zurückgegangen, im regionalen Vergleich ist sie jedoch weiterhin hoch. Fast die Hälfte aller Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren ist auf Unterernährung zurückzuführen.

Wachsende Bevölkerung unzureichend versorgt

Pakistans Bevölkerung wächst jedes Jahr um knapp zwei Prozent, fast 40 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind unter 15 Jahre alt. Die staatlichen Ausgaben für Gesundheit und Bildung sind zu niedrig, um eine flächendeckende Versorgung für alle zu gewährleisten. Das Bildungssystem hat sich in den vergangenen Jahren zwar verbessert. Nach wie vor brechen aber zu viele Kinder die Schule vorzeitig ab oder erhalten gar keine Schulbildung. Die Analphabetenquote liegt in Pakistan bei über 40 Prozent, von den Frauen kann sogar mehr als die Hälfte nicht lesen und schreiben.

Jährlich erreichen fast zwei Millionen Jugendliche das arbeitsfähige Alter. Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten, die internationalen Umwelt- und Sozialstandards entsprechen und zu nachhaltigem Wirtschaftswachstum beitragen, sind indes kaum vorhanden. Rund 70 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse entfallen auf den informellen Sektor (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen). Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) verzeichnet dort Defizite in Form von menschenunwürdiger Arbeit, Kinder- und Zwangsarbeit, fehlenden Rechten am Arbeitsplatz, Arbeitsarmut und geschlechtsspezifischer Diskriminierung. Die Systeme sozialer Sicherung sind nur schwach entwickelt und unterfinanziert.

Die Notwendigkeit von Investitionen in Bildung, berufliche Entfaltung, soziale Absicherung, ökologische Nachhaltigkeit und Innovationen wird den pakistanischen Eliten immer mehr bewusst. Anzeichen hierfür sind eine landesweite Berufsbildungsreform, die Einführung von Krankenversicherungen in ausgewählten Distrikten und die Bemühungen zum Ausbau von Finanzdienstleistungen für Privatkunden und Unternehmen.