Ein Bauer in der Provinz Quindío, Kolumbien

Soziale Situation Landverteilung entscheidend für gesellschaftlichen Frieden

Durch zahlreiche Reformen in den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den vergangenen Jahren Fortschritte bei der sozialen Entwicklung in Kolumbien erzielt. Allerdings hat die Corona-Pandemie auch Kolumbien stark belastet: Bis Ende Juli 2022 wurden mehr als 6,2 Millionen Krankheitsfälle registriert, mehr als 140.000 Kolumbianerinnen und Kolumbianer sind gestorben.

Die Armutsbekämpfung wurde durch die Corona-Pandemie um Jahre zurückgeworfen: Der Anteil der Menschen, die in Kolumbien unterhalb der nationalen Armutsrate leben, ist nach Angaben der Weltbank zuletzt wieder gestiegen (2020: 42,5 Prozent gegenüber 37,5 Prozent im Jahr 2019). Die ungleiche Verteilung von Einkommen, Landbesitz und Vermögen in Kolumbien, die auch im regionalen und globalen Vergleich extrem ist, hat sich noch verschärft. Überdurchschnittlich groß ist die Armut in ländlichen Regionen, in denen ethnische Minderheiten leben.

Die offizielle Arbeitslosenquote lag 2021 bei 14,3 Prozent und damit in etwa so hoch wie zuletzt 2002.


Vertreibung und Landraub

Kolumbien ist laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) nach der Türkei das Land, das die zweithöchste Zahl Geflüchteter aufgenommen hat. Auch bei der Zahl der Binnenvertriebenen belegt Kolumbien, nach Syrien, weltweit den zweiten Platz.

Die meisten der insgesamt rund drei Millionen Geflüchteten stammen aus dem Nachbarland Venezuela, darunter auch fast 500.000 Kolumbianerinnen und Kolumbianer, die während des internen Konflikts geflohen waren und nun aus Venezuela in ihr Heimatland zurückkehren. Es wird für die aufnehmenden Gemeinden immer schwieriger, die soziale Grundversorgung für die Geflüchteten und die eigene Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Dies beeinträchtigt die ohnehin fragile Friedenssituation im Land.

Von interner Vertreibung ist die indigene und afrokolumbianische Bevölkerung weiterhin besonders betroffen. Die militärischen Auseinandersetzungen der Vergangenheit wurden gezielt zur Vertreibung der Kleinbäuerinnen und -bauern und zur illegalen Landnahme genutzt, inzwischen sind es vor allem organisierte kriminelle Banden, die Menschen aus ihrem Zuhause vertreiben.

Geschlechtergerechtigkeit

Wie in sehr vielen Ländern weltweit sind auch in Kolumbien Frauen und Menschen, deren sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht den gesellschaftlichen Mehrheitsnormen entspricht, strukturell benachteiligt und in vielen Fällen alltäglicher Gewalt ausgesetzt. Besonders betrifft das Personen aus vulnerablen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Gruppen (Indigene und Afrokolumbianer, Geflüchtete).

Andererseits wurden für die Legislaturperiode 2022 bis 2026 sieben Kongressabgeordnete aus der LSBTIQ+-Bevölkerung gewählt. Damit ist Kolumbien nach den Vereinigten Staaten das Land mit der zweithöchsten Anzahl von LSBTIQ+-Abgeordneten weltweit. Und die Vizepräsidentin des Landes ist nicht nur die bisher zweite Frau in diesem Amt, sondern auch afrokolumbianischer Herkunft.

Stand: 17.08.2022