Das Lager Hasan Sham für Binnenvertriebene nahe Erbil, Region Kurdistan-Irak

Soziale Situation Fehlende Grundversorgung und schleppender Wiederaufbau

Die Herausforderungen für Irak bleiben immens: Durch die gewaltsamen Auseinandersetzungen in den vergangenen Jahrzehnten wurde die Infrastruktur schwer beschädigt, immer wieder kommt es zu Engpässen in der Wasser- und Stromversorgung. Der Wiederaufbau geht nur langsam voran.

Zusätzlich wurde Irak von der Corona-Pandemie stark getroffen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen stieg die Armutsrate im Zuge der Pandemie um zehn Prozentpunkte auf 30 Prozent. Ein Großteil der Bevölkerung ist vom staatlichen Verteilungssystem für Nahrungsmittel abhängig. Es versorgt mehr als 30 der rund 44,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.

Eine durchgehende und verlässliche Stromversorgung ist nicht gegeben. Über die öffentlichen Stromnetze erhalten die Haushalte nur einige Stunden am Tag Strom, ihren weiteren Bedarf müssen sie über private Generatorenbetreiber decken. Kraftwerke und Stromnetze sind überaltert und reparaturbedürftig, ein Großteil des Stroms geht bei der Herstellung und Übertragung verloren.


Klimawandel verschärft den Wassermangel

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Wasserknappheit und Dürre gehören zu den schwerwiegenden Folgen des Klimawandels.

Die Niederschläge und Wasservorräte gehen beständig zurück. Die beiden Hauptflüsse, Euphrat und Tigris, drohen innerhalb der nächsten 20 Jahre auszutrocknen. Die Wasserpegel des Tigris sind in den vergangenen Jahrzehnten um 28, die des Euphrat um 73 Prozent gesunken. Die Weltbank (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) warnt, dass die irakischen Wasservorräte bis 2050 insgesamt um mehr als 20 Prozent zurückgehen könnten.

Neben dem Klimawandel verschärfen Überweidung, Überbeanspruchung und Verschmutzung der Flüsse sowie Staudämme zusätzlich die Lage. Hinzu kommt, dass ebenfalls von Klimawandel und Wassermangel stark betroffene Anrainerstaaten, insbesondere Türkei und Iran, flussaufwärts den beiden Flüssen Euphrat und Tigris viel Wasser entnehmen. Vor allem die südlichen Landesteile Iraks sind von Versalzung der Böden, Rückgang der Ernteerträge sowie Konflikten um Weidegründe und Wasserstellen betroffen. Der Klimawandel wird die Lage weiter verschärfen.

Zur Verbesserung des Wassermanagements haben Deutschland und Irak im Dezember 2022 ein gemeinsames Projekt zur nachhaltigen Wasserversorgung im Südwesten des Landes unterzeichnet. 130.000 Menschen in der Region Muthanna sollen Zugang zu sauberem Wasser erhalten.

Flucht und Vertreibung

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden ab 2014 mehr als sechs Millionen Menschen durch den bewaffneten Konflikt in Irak vertrieben. Von ihnen sind inzwischen etwa fünf Millionen in ihre Herkunftsgebiete zurückgekehrt. Trotz einiger Fortschritte beim Wiederaufbau fehlt es in den vom „Islamischen Staat“ (IS) befreiten Gebieten jedoch an Arbeitsplätzen, Wohnraum sowie Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen.

Versorgt werden müssen außerdem rund 260.000 Menschen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien ins Nachbarland geflohen sind (Stand: Dezember 2023). Aufgenommen wurden sie größtenteils – wie auch viele der Binnenvertriebenen – von der autonomen Region Kurdistan-Irak. Die kurdische Regionalregierung und die lokale Bevölkerung leisten Beachtliches, um diese Herausforderung zu bewältigen.

Da sich die Lage insgesamt deutlich verbessert hat, wird sich die deutsche Unterstützung künftig darauf konzentrieren, die Aufarbeitung der IS-Schreckensherrschaft zu fördern und Perspektiven für die Bevölkerung zu schaffen. Es bestehen nach wie vor große Differenzen zwischen der Region Kurdistan-Irak und Zentralirak, zwischen schiitischen und sunnitischen Gruppen sowie zwischen dem Süden, dem Zentrum und dem Norden des Landes, die das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Ethnien und Konfessionen mitunter stark belasten.

Stand: 31.08.2023