Skyline von Hyderabad, Indien

Wirtschaftliche Situation Große Potenziale – Arbeits- und Ausbildungsplätze fehlen

Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie verzeichnete Indien über viele Jahre ein stabiles Wirtschaftswachstum. 2020 ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) infolge der Coronakrise um 6,6 Prozent zurück. Doch bereits 2021 wurde wieder ein deutlicher Aufschwung verzeichnet (plus 8,7 Prozent). Für die Folgejahre rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) mit Wachstumsraten um sechs Prozent. 2022 verzeichnete Indien das weltweit fünfthöchste BIP und überholte damit Großbritannien. In einigen Bereichen gehört das Land inzwischen zur Weltspitze – zum Beispiel in der Informationstechnik, der Pharmazie, der Raumfahrt und der Biotechnologie.

Hoher Bedarf an Jobs und Ausbildungsangeboten

Noch ist die indische Volkswirtschaft durch ein deutliches Missverhältnis geprägt: Der Anteil einzelner Wirtschaftsbereiche am Bruttoinlandsprodukt spiegelt sich nicht in der Zahl der Arbeitsplätze wider. Nur etwa 2,2 Prozent der 15- bis 59-jährigen Inderinnen und Inder haben derzeit eine formale Berufsausbildung. Mehr als 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt – die aber nur noch etwa 17 Prozent zum BIP beiträgt. Wachstum und Wohlstand sind vor allem dem Dienstleistungssektor zu verdanken (BIP-Anteil: 48 Prozent). Er bietet jedoch nur etwa einem Drittel der Beschäftigten einen Arbeitsplatz. Mit insgesamt 90 Prozent ist ein sehr großer Teil der indischen Erwerbstätigen im informellen Sektor (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) tätig.

Um die Armut im Land zu überwinden, müssen sehr viele neue sozial abgesicherte Arbeitsplätze geschaffen werden – vor allem für nicht oder gering qualifizierte Arbeitskräfte. Auch das Ausbildungsangebot muss stark ausgebaut und qualitativ verbessert werden.

Landwirtschaft: Agrarökologie für mehr Nachhaltigkeit

Der indische Agrarsektor ist zu einem Großteil auf Selbstversorgung ausgerichtet. Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Nahrungsproduktion sind traditionell ein zentrales Thema in Politik und Gesellschaft. Um seine wachsende Bevölkerung zu ernähren, verfolgte Indien mit der „grünen Revolution“ über lange Jahre einen Ansatz, der auf die intensive Produktion einer schmalen Palette von Grundnahrungsmitteln ausgerichtet war. Dies hat zwar wichtige Fortschritte bei der Ernährungssicherung möglich gemacht. Gleichzeitig trug diese Politik aber auch maßgeblich zu Bodendegradation (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), Wassermangel und -verschmutzung, zur Belastung von Nahrungsmitteln mit Pestiziden, zu Biodiversitätsverlust sowie sozialer Ungleichheit bei.

Aufgrund des Bevölkerungswachstums werden in vielen Regionen die Betriebsflächen immer kleiner, immer mehr Menschen besitzen kein eigenes Land mehr. Viele Kleinbäuerinnen und -bauern müssen Kredite für Düngemittel, Saatgut und Bewässerung aufnehmen und sind überschuldet.

Durch die Auswirkungen des Klimawandels wird die landwirtschaftliche Krise weiter verschärft. Wetterextreme machen die landwirtschaftliche Produktion zunehmend unsicherer und unbeständiger und gefährden mittelfristig in weiten Teilen des Landes die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln.

Vor diesem Hintergrund wird in Indien immer offener darüber diskutiert, agrarökologische Ansätze als nachhaltige Methode der Landwirtschaft zu etablieren. Ende 2021 betonte Premierminister Modi einen agrarpolitischen Fokus auf „Natural Farming“. Der Ansatz soll einen Beitrag zu Ernährungssicherheit und Kreislaufwirtschaft leisten. Das Einkommen und die Wirtschaftlichkeit von kleinbäuerlichen Betrieben sollen sich verbessern, die Böden erholen, die Produktivität, die Produktvielfalt und die Klimaresilienz (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) sollen sich erhöhen. Agrarökologische Ansätze werden durch mehrere nationale und bundesstaatliche Programme gefördert.

Auch international setzt sich Indien für nachhaltige Landwirtschaft ein: Auf Initiative von Indien wurde 2023 als UN-Jahr der Hirse ausgerufen. In der G20 (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)-Agrar-Arbeitsgruppe wurde die „Millets And Other Ancient Grains International Research Initiative (MAHARISHI)“ ins Leben gerufen, um den Anbau von Hirse als klimaresilientem Getreide und Alternative zu Weizen und Reis global voranzutreiben.

Stand: 06.06.2023