Informelle Wohnsiedlung in Kalkutta, Indien

Soziale Situation Extremer Reichtum, extreme Armut

Indien ist ein Land extremer Gegensätze: Man findet dort boomende Zentren wie Mumbai, Delhi oder Bangalore und eine wachsende Anzahl an enorm reichen Familien, gleichzeitig aber auch Millionen Menschen, die in extremer Armut leben. Etwa 15 Prozent der Inderinnen und Inder sind unterernährt. Jedes dritte Kind unter fünf Jahren weist infolge chronischer Unterernährung Wachstumsverzögerungen auf. Die Kindersterblichkeit ist höher als in den Nachbarländern Nepal und Bangladesch, die zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDCs (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) gehören. Der Welthunger-Index 2022 bewertet die Situation in Indien als „ernst“.

Die öffentlichen Ausgaben für Bildung und Gesundheit reichen bislang nicht aus, um die gesamte Bevölkerung zu versorgen. Auch die Qualität der Angebote ist oft noch zu gering. Mängel bestehen außerdem in der Infrastruktur: Ein Großteil der Bevölkerung hat keinen beziehungsweise nur unzureichenden Zugang zu Basisdienstleistungen wie Wasser- und Sanitärversorgung, angemessenen Wohnraum, Abfallentsorgung und Mobilität. So verfügen etwa 30 Prozent der indischen Bevölkerung über keine eigene Toilette.

Die Einwohnerzahl Indiens hat sich innerhalb von 40 Jahren nahezu verdoppelt. Etwa ein Viertel der Inderinnen und Inder ist jünger als 15 Jahre, fast 45 Prozent sind unter 25 Jahre alt. Die demographische Entwicklung birgt große Chancen für Wirtschaftswachstum und Einkommenssteigerung – allerdings nur, wenn es gelingt, dieses Potenzial durch ein verstärktes Bildungs- und Beschäftigungsangebot auch zu nutzen.

Derzeit sind fast 90 Prozent der Beschäftigten im informellen Sektor (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) tätig und haben damit keinen Anspruch auf eine berufliche Krankenversicherung oder Lohnausgleich im Krankheitsfall. Nur die wenigsten von ihnen können sich eine ärztliche Behandlung jenseits der staatlich bereitgestellten, zuweilen lückenhaften Grundversorgung leisten. Zudem fehlt es an einer hochwertigen und für alle Bevölkerungsgruppen zugänglichen beruflichen Bildung, die auch gesellschaftliche Anerkennung findet.


Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hatte erhebliche Auswirkungen auf die indische Wirtschaft und das staatliche Gesundheitssystem. Von den wirtschaftlichen und sozialen Folgen waren vor allem die ärmeren, ungebildeten Schichten betroffen. Insbesondere viele Tagelöhnerinnen und Tagelöhner fielen infolge der Pandemie in die extreme Armut zurück, da sie im informellen Sektor in den Städten keine Arbeit mehr fanden und teilweise in ihre Heimatdörfer zurückkehrten, wo der Ressourcendruck deshalb weiter stieg.

Die Gesundheitseinrichtungen kamen vor allem in den ärmeren Bundesstaaten und den Ballungsräumen an ihre Belastungsgrenzen und standen im Frühjahr 2022 teilweise vor dem Kollaps.

Das BMZ hat Indien dabei unterstützt, die Krise zu bewältigen. Ein Schwerpunkt der Maßnahmen lag auf dem armen und strukturschwachen Norden des Landes. Allein durch die geförderte Nahrungsmittelversorgung wurden mindestens 320 Millionen Menschen erreicht. Zusätzliche Mittel wurden außerdem für die soziale Sicherung sowie für die Beschaffung von medizinischer Ausrüstung und die Schulung von medizinischem Personal zur Verfügung gestellt. Zudem wurde die Verteilung von Covid-19-Impfstoffen unterstützt.

Stand: 06.06.2023