Straßenszene in der Altstadt von Kairo

Soziale Situation Konkurrenz um Boden und Wasser

Die soziale Lage vieler Ägypterinnen und Ägypter ist schwierig, die Kluft zwischen Arm und Reich ist groß. Knapp ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze, ein weiteres Drittel knapp darüber. Ägypten verfügt zwar über Sozialleistungsprogramme, diese stehen jedoch – ebenso wie das Gesundheitssystem – finanziell stark unter Druck, weil der Sozialsektor insgesamt deutlich unterfinanziert ist. Gleichzeitig treffen die Inflation und damit einhergehende Preiserhöhungen, etwa für Brot, die ärmeren Bevölkerungsgruppen besonders stark.

Ein Großteil der Einkommen wird im informellen Sektor (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) erzielt. Die meisten der dort Beschäftigten haben keinen Anspruch auf staatliche Transferleistungen und profitieren zum Beispiel auch nicht vom Mindestlohn (seit Juli 2025 7.000 Ägyptische Pfund).

Das hohe Bevölkerungswachstum (circa 1,7 Prozent im Jahr 2024) verschärft die soziale Lage zusätzlich. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Einwohnerzahl Ägyptens nahezu verdoppelt und lag 2024 bei rund 116 Millionen. Fast ein Drittel der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. In vielen Familien müssen Kinder zum Haushaltseinkommen beitragen. Viele Minderjährige arbeiten regelmäßig in der Bauindustrie, in Bergwerken, in der Landwirtschaft oder als Haushaltshilfen.

Auf dem aktuellen Index der menschlichen Entwicklung (HDI (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)) belegt Ägypten Rang 100 von 193 Ländern.


Situation der Frauen

Die Förderung der Geschlechtergleichstellung ist erklärtes Ziel der ägyptischen Regierung. Der Frauenanteil in Politik und Verwaltung ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Im gesellschaftlichen Alltag gilt jedoch weiterhin das Prinzip der „Rollenteilung“. So gibt es in der Wirtschaft kaum Frauen in Führungspositionen. Die Arbeitslosigkeit von Frauen (circa 16,4 Prozent im ersten Quartal 2025) ist deutlich höher als die von Männern (circa 3,6 Prozent). Bei der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen belegt Ägypten im Global Gender Gap Report 2025 (Externer Link) nur Platz 140 und beim erwarteten Einkommen Platz 145 von 148 Ländern. Laut des Berichts erhalten Frauen in Ägypten durchschnittlich weniger als ein Viertel des Gehalts von Männern.

Sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen sind in Ägypten weit verbreitet. Auch die seit 2008 verbotene Praxis der Genitalverstümmelung (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) wird insbesondere in den ländlichen Gebieten noch praktiziert.

Schlechte Lebensbedingungen in Ballungsgebieten

Smog in Kairo

Smog in Kairo

Smog in Kairo

Rund 95 Prozent der ägyptischen Bevölkerung leben auf etwa vier Prozent der Landesfläche im Niltal und im Nildelta. Diese Gebiete gehören damit zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Welt. In den Ballungsräumen konkurrieren Landwirtschaft, Industrie und Bewohner um nutzbaren Boden und vor allem um die geringen Wasservorkommen.

Die extreme Siedlungsdichte und die fortschreitende Industrialisierung haben massive Umweltbelastungen zur Folge. In den städtischen Ballungsgebieten beeinträchtigt die zunehmende Verschmutzung von Luft und Wasser die Lebensbedingungen der Einwohnerinnen und Einwohner. Dort fehlen außerdem preiswerte Wohnungen für die arme Bevölkerung. Illegale Ansiedlungen wachsen unkontrolliert, ohne angemessene soziale und technische Infrastruktur.

Die Regierung reagiert mit der Sanierung von Slums und dem Bau zahlreicher neuer Städte. Größtes Projekt ist der Bau einer neuen Verwaltungshauptstadt etwa 50 Kilometer östlich von Kairo. Die Sanierung vernachlässigter Wohnviertel geht jedoch häufig mit Zwangsräumungen und -umsiedlungen einher. Und viele der neuen Siedlungen bleiben unbewohnt, da sie nicht dem Bedarf und den finanziellen Möglichkeiten der Menschen entsprechen.

Für den ländlichen Raum begann im Sommer 2021 eine groß angelegte Entwicklungsinitiative (Haya Karima / Leben in Würde). Sie umfasst den Ausbau der Infrastruktur (Bewässerung, Abwasser, Straßen, Energieversorgung, Abfallrecycling), die Verbesserung der Bildungs- und Gesundheitsversorgung, die Schaffung von Wohnraum sowie die Unterstützung der Landwirtschaft.

Stand: 18.07.2025