In einer Gesundheitsstation in Abeokuta, Nigeria, werden Babys gegen Kinderlähmung geimpft.

Infektionskrankheiten Bekämpfung der Poliomyelitis („Kinderlähmung“)

Poliomyelitis (kurz: Polio) ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung, die das zentrale Nervensystem angreift und zu dauerhaften Lähmungen führen kann.

Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen. Eine von 200 Infektionen führt zu bleibenden Lähmungen, meistens in den Beinen. Etwa fünf bis zehn Prozent der Patientinnen und Patienten mit Lähmungen sterben, weil ihre Atemmuskulatur betroffen ist. Besonders gefährdet sind kleine Kinder, in Deutschland ist Polio daher auch unter dem Begriff „Kinderlähmung“ bekannt.

Bislang gibt es kein Medikament zur Behandlung von Poliomyelitis; es existieren jedoch sehr wirksame Impfstoffe. Sie können den Krankheitsausbruch verhindern und – bei weltweiter konsequenter Anwendung – die Infektionskrankheit Poliomyelitis endgültig auslöschen. Dieses Ziel verfolgt die Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis (GPEI).


Deutsches Engagement

Deutschland beteiligt sich intensiv an der Polio-Bekämpfung und ist einer der größten staatlichen Unterstützer der GPEI. Bis einschließlich 2024 hat die Bundesrepublik 898 Millionen US-Dollar für die Polioausrottung bereitgestellt, unter anderem für Programme in Afghanistan, Indien, Nigeria und Pakistan.

Seit 2020 unterstützt Deutschland die GPEI jährlich mit einem Festbetrag. Bis 2022 waren dies 35 Millionen Euro, in den Jahren 2023 und 2024 wurde die Arbeit der GPEI mit 37 Millionen Euro aus dem BMZ-Haushalt gefördert. 2020 wurden zusätzlich im Kontext der Pandemiebekämpfung je fünf Millionen Euro bilaterale Polio-Finanzhilfe an Nigeria und Pakistan ausgezahlt.

Die Bundesregierung gestaltet die strategische Ausrichtung der GPEI aktiv mit. Ein besonderes Anliegen ist dabei, dass die von der GPEI finanzierten Maßnahmen auch die nationalen Gesundheitssysteme stärken. Dadurch kann die Polioausrottung nachhaltig abgesichert werden.

Außerdem unterstützt Deutschland die Impfallianz Gavi (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) im Zeitraum 2021 bis 2025 mit 600 Millionen Euro. Gavi kooperiert eng mit der GPEI und unterstützt Partnerländer dabei, im Rahmen von Routine-Impfungen auch inaktivierten Poliomyelitis-Impfstoff zu verabreichen (siehe auch: Schluckimpfung mit Chancen und Risiken).

Hintergrund Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis

Im Jahr 1988 wurde die Globale Initiative zur Ausrottung der Poliomyelitis (Global Polio Eradication Initiative (Externer Link), GPEI) gegründet. Sie setzt sich aus nationalen Regierungen und den sechs GPEI-Kernpartnern zusammen: Weltgesundheitsorganisation (WHO (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen)), Rotary International, Centers for Disease Control and Prevention (CDC, eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums), UNICEF (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen), Gates-Stiftung und Impfallianz Gavi.

Die GPEI ist eine der ältesten öffentlich-privaten Partnerschaften im Gesundheitsbereich. Im Mittelpunkt ihrer aktuellen Strategie (2022 bis 2029) steht die jährliche Impfung von 370 Millionen Kindern. Die durch die GPEI finanzierten Gesundheitsstrukturen (etwa Weiterbildungsangebote für Fachkräfte, Laborausstattung, Aufbau von Kühlketten) leisten auch über Polio hinaus einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Gesundheitssysteme. So bietet die GPEI im Rahmen von Polioimpfkampagnen auch andere Impfungen und Gesundheitsdienste für unterversorgte Gemeinden an und bereitet die Partnerländer auf neu auftretende Gesundheitsbedrohungen vor.

Seit der Gründung der GPEI konnten sehr große Fortschritte erzielt werden: Mehr als drei Milliarden Kinder wurden durch eine Impfung vor Polio geschützt und die Zahl der Krankheitsfälle ist um mehr als 99 Prozent gesunken.

Heute treten nur noch in zwei Ländern regelmäßig Poliofälle auf: in Afghanistan und Pakistan (polio-endemische Länder). Darüber hinaus kommt es immer wieder zu einzelnen Polio-Fällen in Ländern, die eigentlich schon als poliofrei galten. Eingeschleppte Viren oder sogenannte Impfstoff-abgeleitete Polioviren stellen für sie eine Bedrohung dar, weil noch keine ausreichende Grundimmunität der Bevölkerung erreicht wurde und das gesundheitliche Überwachungssystem nicht ausreicht. Ende 2024 war die GPEI in 46 Ausbruchsländern aktiv, die meisten von ihnen in Afrika.

Hintergrund Schluckimpfung mit Chancen und Risiken

Die Immunisierung erfolgt in den betroffenen Staaten in der Regel in Form einer kostengünstigen und einfach zu verabreichenden Schluckimpfung. Dabei wird ein Lebendimpfstoff eingesetzt, das heißt, er enthält lebende, aber abgeschwächte Polio-Viren, die noch vermehrungsfähig sind und mit dem Stuhl der geimpften Person ausgeschieden werden. Kontaktpersonen können sich daran infizieren und wiederum selbst Antikörper gegen das Virus bilden. Da es sich um abgeschwächte Impfviren handelt, entwickeln diese Personen meist keine Krankheitssymptome. Polio-Impfviren können somit für eine wachsende Immunität in der Bevölkerung sorgen.

In Regionen, in denen nur wenige Menschen gegen Poliomyelitis geimpft sind, können die Impfviren jedoch über einen längeren Zeitraum zirkulieren. Dabei besteht die Gefahr, dass sie sich genetisch verändern und dann doch wieder in der Lage sind, eine Polio-Erkrankung hervorzurufen. Man spricht dann von „Impfstoff-abgeleiteten Viren“. Solche Polio-Fälle wurden 2024 zum Beispiel in Nigeria, Jemen und der Demokratischen Republik Kongo registriert.

Deutschland gilt als poliofrei, daher kann seit 1998 auf die Schluckimpfung mit Lebendimpfstoff verzichtet werden. Der heute eingesetzte Impfstoff beruht auf inaktivierten („toten“) Polio-Viren, wird mit einer Spritze verabreicht und führt nicht zum Auftreten Impfstoff-abgeleiteter Viren.

Stand: 19.06.2025