17. Juni 2025 Veranstaltungsbericht: Informationsveranstaltung zur NGO-Registrierung in Syrien
In seinem einleitenden Vortrag skizzierte der syrische Jurist Fadi Kardous die wichtigsten Entwicklungen im syrischen Registrierungsrecht seit dem Sturz des Assad-Regimes. Bis Dezember 2024 konnten internationale NGOs ausschließlich über zwei offiziell anerkannte Partnerorganisationen – den Syrischen Arabischen Roten Halbmond (SARC) oder die Syria Trust for Development (heute: Syrian Development Organisation, SDO) – operieren. Laut Kardous habe dieser Prozess in der Vergangenheit regelmäßig zu monatelangen Verzögerungen, übermäßiger Kontrolle und eingeschränkter Handlungsfähigkeit geführt.
Mit dem Inkrafttreten des Beschlusses 19 des Außenministeriums im Januar 2025 wurde ein neues Verfahren zur Registrierung eingeführt, welches ebenfalls eine neue nationale Plattform für die NGO-Registrierung vorsieht. Zwar erkenne dieser Schritt die bedeutende Rolle der Zivilgesellschaft für den Wiederaufbau Syriens an, jedoch brächte das Verfahren neue bürokratische Hürden mit sich: Organisationen müssten unter anderem eine seit mindestens drei Jahren bestehende Auslandregistrierung nachweisen, ein Büro in Syrien nach geltendem Mietrecht anmieten sowie gewährleisten, dass 80 Prozent der Beschäftigten syrische Staatsangehörige sind.
Besonders für jüngere, basisnahe oder hybride Initiativen würden diese Anforderungen eine zusätzliche Einstiegshürde darstellen. Kardous betonte zudem das Fehlen eines klaren Rechtsrahmens für Partnerschaften zwischen internationalen und lokalen NGOs. Statt gemeinsamer Projektverträge seien nur Dienstleistungsverträge erlaubt, was die gleichberechtigte Zusammenarbeit erschwere, und die Entwicklung tragfähiger Strukturen behindere.
Lubna Qanawati, Direktorin der Organisation Women Now for Development, berichtete im Anschluss über ihre praktischen Erfahrungen bei der Registrierung einer Büropräsenz in Syrien für ihre ursprünglich im Ausland gegründete Organisation. Sie schilderte den komplexen und ressourcenintensiven Prozess zur Gründung einer neuen, vollständig separaten Rechtseinheit, um den rechtlichen Anforderungen in Syrien zu genügen.
Dr. Sadiqu Al-Mousllie von der Syrischen Gemeinde Deutschland ergänzte die Herausforderungen beim Zusammenschluss mehrerer syrischer Organisationen. Während in Deutschland die Registrierung auch ohne feste Büroräume möglich sei, würde diese Praxis in Syrien abgelehnt. Hinzu käme, dass viele neue syrische Diasporaorganisationen aufgrund der Dreijahresregel von der Etablierung einer lokalen Präsenz ausgeschlossen würden.
Während der Veranstaltung äußerten sich auch Vertreter*innen des syrischen Ministeriums für Soziales und Arbeit zu den aktuellen Registrierungsprozessen. Bahjat Hajjar erläuterte, dass das veraltete Vereinsgesetz von 1958 noch heute als rechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit mit internationalen NGOs dient. Dies führe zu Umsetzungsproblemen, auch da lokale Behörden die Regeln unterschiedlich auslegen würden. Seine Kollegin Rola Aghbar informierte darüber, dass die neu-gegründete Plattform für die NGO-Registrierung bislang nicht aktiv sei und sich die Umsetzung der neuen Regeln verzögern würden. Darüber hinaus hätten einigen lokalen Genehmigungsstellen weiterhin den Anspruch auf inhaltliche Prüfungen. Die Regierungsvertreter*innen betonten, dass sie die Zusammenarbeit mit NGOs künftig noch weiter vereinfachen möchten.
Die anschließende Fragerunde bot Raum für den Austausch über weitere Beispiele aus der Praxis. Die Beiträge zeigten, dass es für NGOs, die ehemals in oppositionell kontrollierten Gebieten tätig waren, nun erforderlich sei, sich neu zu registrieren – dabei seien allerdings die Zuständigkeiten und Anforderungen seitens staatlicher Ansprechstrukturen nicht immer klar. Darüber hinaus wurden Erfahrungen zu Personalanforderungen und Vertragsgestaltungen geteilt sowie konkrete Reformbedarfe benannt. Im Anschluss an den offiziellen Teil nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit zum vertieften Austausch in kleineren Diskussionsgruppen.
Das syrische Ministerium für Soziales und Arbeit stellt interessierten Organisationen, die eine Registrierung in Syrien anstreben, eine Checkliste mit allen erforderlichen Unterlagen sowie den notwendigen Formularen zur Verfügung. Die Verantwortung für Inhalt und Richtigkeit der Unterlagen liegt beim syrischen Ministerium. Bei Rückfragen kann direkt Kontakt mit Herrn Bahjat Hajjar vom Ministerium für Soziales und Arbeit aufgenommen werden (E-Mail: bahjathaj@yahoo.com (Externer Link)).
Angesichts des großen Interesses wird die Plattform auch zukünftig über das Thema Registrierungsprozesse – auch privatwirtschaftlicher Unternehmen – informieren. Neuigkeiten zu kommenden Veranstaltungen der Plattform „Neuanfang für Syrien“ erhalten Sie über unseren E-Mail-Verteiler sowie über unsere LinkedIn-Gruppe (Externer Link), zu der wir Sie herzlich einladen.
Haben Sie Ideen oder Fragen, die Sie über die Plattform Neuanfang für Syrien mit uns teilen wollen? Wollen Sie Ihre Erfahrung und Expertise einbringen? Schreiben Sie uns unter: neuanfang-syrien@giz.de (Externer Link).