Metrostation in Taschkent, Usbekistan
Urheberrecht© il telgrafo, via flickr, CC BY-NC 2.0
Politische Situation Ehrgeizige Reformen nach langem Stillstand
Präsident Mirsijojew hat ein ehrgeiziges politisches und wirtschaftliches Reformprogramm vorgelegt. Seine „Entwicklungsstrategie für ein neues Usbekistan 2022–2026“ zielt unter anderem darauf ab, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu steigern, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken, eine freie Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) zu entwickeln, die Privatwirtschaft zu fördern sowie das Gesundheits- und das soziale Sicherungssystem zu verbessern.
Erfolge der Reformpolitik sind bereits sichtbar. Unter anderem wurde der Einsatz von Kindern und Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern bei der Baumwollernte beendet. Maßnahmen wie diese haben den Weg geebnet für die Aufnahme Usbekistans in das Handelspräferenzsystem (APS+) der EU. Es gewährt Entwicklungsländern Zollermäßigungen, wenn sie internationale Übereinkommen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte einhalten.
Weitere bemerkenswerte Fortschritte sind zum Beispiel die Verfünffachung der Ausgaben für die Trinkwasserversorgung – etwa 80 Prozent der Bevölkerung werden nun mit sauberem Trinkwasser versorgt. Die Zahl der Kindergärten wurde verdreifacht – 60 Prozent aller Kinder haben nun Zugang zu vorschulischer Bildung. Und dank der Vergabe von Stipendien ist der Anteil der Jugendlichen mit höherer Bildung von neun auf 25 Prozent gestiegen.
Außenpolitik
Außenpolitisch setzt Usbekistan auf Neutralität und Bündnisfreiheit. Die starke wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland erschwert es dem Land, sich in Bezug auf den russischen Angriff auf die Ukraine klar zu positionieren. Das Land bemüht sich um einen Ausbau der zentralasiatischen Kooperation und verstärkt seine Mitarbeit in regionalen und internationalen Organisationen.
Im Juli 2022 schlossen die Europäische Union und Usbekistan ihre Verhandlungen über ein erweitertes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ab. Durch das Abkommen wird die Zusammenarbeit ausgeweitet und der Rechtsrahmen für die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen deutlich verbessert.
Defizite bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten
Laut Verfassung ist Usbekistan eine Präsidialdemokratie mit Zwei-Kammer-Parlament. Tatsächlich wird die Politik jedoch vom Staatspräsidenten bestimmt. Zwar wurde im Vorfeld der Parlamentswahlen 2019 die Wahlgesetzgebung verbessert und das Parlament hat in jüngster Zeit eine aktivere Rolle eingenommen. Doch eine parlamentarische Opposition existiert bislang nicht – alle im Parlament vertretenen Parteien gelten als regierungsnah. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellten sowohl bei der Präsidentschafts- als auch bei der Parlamentswahl Defizite bei den Grundrechten und Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe fest.
Die Menschenrechtslage in Usbekistan verbessert sich durch die umfassende Reformpolitik von Präsident Mirsijojew schrittweise. Seit 2016 wurden zahlreiche politische Gefangene aus der Haft entlassen und die Kontakte zu internationalen Menschenrechtsorganisationen intensiviert. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Presse- und Versammlungsfreiheit sind aber weiterhin eingeschränkt. Eine kritische Berichterstattung findet vor allem über die sozialen Medien statt. Immer wieder werden Journalisten und Blogger Opfer von Einschüchterungen und staatlicher Repression.
Zu den Schwächen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zählt außerdem die fehlende Unabhängigkeit der Justiz. Gerichtsurteile folgen häufig politischen Vorgaben, geltende Rechtsvorschriften werden oft nicht durchgesetzt.
Geschichtlicher Hintergrund
Vor der Entdeckung des Seeweges nach Indien und China waren usbekische Städte wie Samarkand, Buchara und Taschkent wichtige Handelsplätze der berühmten Seidenstraße. Von 1860 an geriet die gesamte Region unter russische Herrschaft; im Jahr 1924 wurde die Usbekische Sozialistische Sowjetrepublik gegründet. Seit 1991 ist Usbekistan eine unabhängige Republik und gehört mit anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion zur Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).
Stand: 16.06.2025