Soziale Situation Humanitäre Krise

Somalia ist von großer sozialer Ungleichheit geprägt: Zehn Prozent der Bevölkerung besitzen mehr als 50 Prozent des nationalen Einkommens. Rund 70 Prozent der somalischen Bevölkerung leben in extremer Armut. Die Lebenserwartung liegt bei 58 Jahren, das ist einer der niedrigsten Werte weltweit.

Zwei Jungen tragen einen Wasserkanister neben einer Schafherde in der Nähe von Jowhar, Somalia.

Zwei Jungen tragen einen Wasserkanister neben einer Schafherde in der Nähe von Jowhar, Somalia.


Zwei Jungen tragen einen Wasserkanister neben einer Schafherde in der Nähe von Jowhar, Somalia.

Mehr als sieben Millionen Menschen – fast die Hälfte der Einwohnerschaft des Landes – waren im Frühsommer 2022 infolge einer langanhaltenden Dürre von einer Ernährungskrise betroffen. Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Somalia, Adam Abdelmoula, warnte im Juni 2022 davor, dass mehr als 200.000 Menschen vom Hungertod bedroht seien. Schätzungsweise 1,5 Millionen Kleinkinder seien akut unterernährt.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) waren zu diesem Zeitpunkt rund drei Millionen Menschen innerhalb ihres Landes auf der Flucht. Von 584.000 Menschen, die zwischen Januar und April 2022 ihre Heimatorte verließen, flohen 526.000 vor den Folgen der Dürre. Mehr als 80 Prozent waren Frauen, Kinder und ältere Menschen. Das Hilfswerk hat einen Unterstützungsbedarf in Höhe von 157 Millionen US-Dollar angemeldet. Davon hatte die internationale Staatengemeinschaft bis Juni 2022 nur zwölf Prozent zur Verfügung gestellt.


Starke Abwanderung in die Städte

Neben der im Land herrschenden Gewalt sind auch Dürren eine Ursache für die anhaltende Landflucht. Fast 50 Prozent der somalischen Bevölkerung leben inzwischen in Städten, 1990 lag dieser Wert noch bei 30 Prozent. Das starke Wachstum stellt viele Städte vor deutliche Versorgungsprobleme.

Eine staatliche Infrastruktur ist in Somalia kaum ausgebildet, viele Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung, Gesundheit und Bildung sind privatisiert und kostenpflichtig. Das Überleben vieler Menschen ist von der finanziellen Unterstützung durch Familienmitglieder, die im Ausland leben, abhängig.

Als der somalische Staat in den 1990er Jahren zerbrach, übernahmen die Clans wichtige wirtschaftliche und soziale Aufgaben. Diese Funktionen erfüllen sie bis heute – was regelmäßig zu Konflikten um die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft, um Landbesitz und die Nutzung von Ressourcen führt.

Defizite bei Bildung und Beschäftigung

Die somalische Bevölkerung wächst jährlich um knapp drei Prozent, fast 50 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind unter 15 Jahre alt. Ihnen fehlt es an Bildungsmöglichkeiten und Jobperspektiven. Nach amtlichen Angaben liegt die Arbeitslosigkeit bei 20 Prozent, Expertenschätzungen gehen jedoch von einem weit höheren Wert aus. Unter den jungen Erwachsenen sind mehr als zwei Drittel arbeitslos. Vom Wirtschaftsleben ausgeschlossen sind vor allem Frauen und Binnenvertriebene.

Das Bildungsniveau ist niedrig. Etwa die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner Somalias sind Analphabeten. Nach Angaben von UNICEF besuchen weniger als 30 Prozent der Kinder im schulpflichtigen Alter die Grundschule. Noch weniger schaffen den Übergang in die weiterführende Schule.

Ein Grund für das schlechte Abschneiden im regionalen statistischen Vergleich liegt laut Regierung in einem sozialen Phänomen: Unabhängig von der Sicherheitslage und der Länge des Schulwegs würden somalische Eltern ihre Kinder traditionell erst sehr spät einschulen. Sechs- bis Neunjährige würden als noch nicht schulreif angesehen.

Stand: 16.08.2022