Luftangriff in Sanaa, Jemen, 5. November 2015: Ein Rauchpilz steigt im Hintergrund auf, im Vordergrund Trümmer und Ruinen von Häusern. aus

Politische Situation In konkurrierende Machtlager zerfallen

Die Gründung der Republik Jemen im Jahr 1990 und die Reformbewegung des sogenannten Arabischen Frühlings 20 Jahre später weckten Hoffnungen auf eine Stabilisierung und Demokratisierung des Landes. Diese haben sich jedoch nicht erfüllt.

Auf dem Index (Externer Link) der fragilen Staaten (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) 2023 der Nichtregierungsorganisation (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) Fund for Peace steht Jemen auf Rang 2, wird also als einer der instabilsten Staaten der Welt bewertet. Rebellen der Huthi-Bewegung kämpfen seit 2004 gegen die jemenitische Regierung. Sie haben große Landesteile im Norden und Westen, inklusive der Hauptstadt Sanaa, unter ihre Kontrolle gebracht. Darüber hinaus sind regionale Ableger der Terrornetzwerke Al-Qaida und des sogenannten Islamischen Staates (IS) am Bürgerkrieg beteiligt. 2015 griff eine Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens in den Konflikt ein. Diese unterstützt die offizielle Regierung.

Im April 2022 trat Präsident Abdrabu Mansour Hadi zurück, seitdem wird Jemen offiziell von einem achtköpfigen Präsidialrat (Presidential Leadership Council) regiert. Einige südliche Landesteile werden vom „Südlichen Übergangsrat“ (Southern Transitional Council, STC) kontrolliert, der sich für eine Unabhängigkeit des Südens einsetzt.


Diplomatische Bemühungen

Im Dezember 2023 verkündete der UN-Sondergesandte für Jemen, Hans Grundberg, eine Annäherung der Konfliktparteien und die grundsätzliche Einigung auf einen Friedensprozess. Ziel seiner Vermittlung ist ein landesweiter Waffenstillstand, eine Verbesserung der Lebensbedingungen und der Start eines umfassenden politischen Prozesses unter UN-Schirmherrschaft zur Befriedung des Landes. Unter anderem sieht der UN-Fahrplan vor, die Ölexporte wieder aufzunehmen, wichtige Verbindungsstraßen zu öffnen und die Blockade des Flughafens von Sanaa und des Hafens von Hudaida weiter zu lockern.

Nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauf folgenden israelischen Militäroperationen im Gazastreifen haben die Huthi-Rebellen jedoch damit begonnen, internationale Handelsschiffe im Roten Meer mit Raketen und Drohnen zu beschießen. Nach eigenen Angaben wollen sie dies so lange fortsetzen, bis Israel seine Luftangriffe auf die Palästinensischen Gebiete einstellt. Als Reaktion darauf haben die USA, unterstützt von weiteren Staaten, eine Militärallianz zum Schutz der Handelsschifffahrt auf den Weg gebracht und auch militärische Anlagen der Huthis in Jemen angegriffen. Deutschland beteiligt sich an einer EU-Mission zum Schutz der Handelsschiffe im Roten Meer. Die USA haben die Rebellenbewegung offiziell als Terrororganisation eingestuft.

Diese Entwicklungen haben die Friedensbemühungen zunächst zum Erliegen gebracht. Wie sich die Situation für Jemen weiterentwickelt, ist derzeit offen.

Menschenrechte

Die Menschenrechtslage in Jemen wird von Expertinnen und Experten als katastrophal bewertet. Insbesondere seit dem 2015 erfolgten Eingreifen der Militärkoalition ist eine deutliche Zunahme schwerer Menschenrechtsverletzungen zu verzeichnen.

Ein Bericht des UN-Menschenrechtskommissariats (Externer Link) von September 2020 wirft beiden Seiten mögliche Kriegsverbrechen vor, unter anderem Morde an Zivilpersonen, Folter, Vergewaltigungen und Rekrutierung von Kindersoldaten. Die Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit sind massiv eingeschränkt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (Externer Link) berichtete im März 2024 über eine zunehmende Diskriminierung der Frauen in Jemen. Sowohl die jemenitische Regierung als auch die Huthis und der Südliche Übergangsrat verletzen laut Human Rights Watch systematisch das Recht der Frauen auf Freizügigkeit und schränken ihren Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung ein.

So ist es Frauen laut einer Direktive der Huthi-Behörden untersagt, ohne männliche Begleitung zu reisen. Diese massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit erschwert auch die Umsetzung der Entwicklungszusammenarbeit in Nordjemen.

Stand: 23.04.2024