Politische Situation Demokratische Strukturen in Gefahr

Bangladesch spaltete sich 1971 von Pakistan ab. Nach einer politisch unruhigen Zeit mit autokratischen Regierungen und einer Reihe von Putschen gelang dem Land 1991 die Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie. Das geltende Mehrheitswahlrecht hat zur Herausbildung von zwei großen Parteiblöcken geführt – der Awami League (AL) und der Bangladesh Nationalist Party (BNP). Das politische Klima in Bangladesch ist durch eine konfrontative Politik dieser beiden Parteien geprägt, die bisher keine Bereitschaft zeigen, politische Kompromisse einzugehen.

Parlamentsgebäude in Dhaka, Bangladesch

Parlamentsgebäude in Dhaka, Bangladesch

Parlamentsgebäude in Dhaka, Bangladesch

Bei den Parlamentswahlen am 7. Januar 2024 gewann die regierende Awami League von Premierministerin Sheikh Hasina 222 von 298 Sitzen im Parlament. Durch die Verhaftung tausender Anhänger wurde die größte Oppositionspartei BNP stark geschwächt, sie boykottierte die Wahlen. Die Oppositionsführerin und ehemalige Premierministerin Khaleda Zia von der BNP war wegen Korruption zu mehr als zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden und steht schwer erkrankt unter Hausarrest. Im Vorfeld der Wahlen, die internationale Beobachter nicht als frei und fair einschätzten, kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen mindestens sechs Menschen ums Leben kamen.


Menschenrechte

Versammlungs-, Vereinigungs-, Meinungs- und Pressefreiheit sind zwar in der Verfassung Bangladeschs garantiert, doch sind diese Freiheiten inzwischen gesetzlich weit auslegbaren Beschränkungen unterworfen, die den Handlungsraum einer kritischen Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) stark verringert haben. Nichtregierungsorganisationen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und Naturschutzbewegungen sehen sich zunehmend staatlichen Repressionen ausgesetzt. Auf dem Index der Pressefreiheit 2023 (Externer Link) der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen liegt Bangladesch auf Platz 163 von 180 Ländern. Unter anderem stellt ein Gesetz zur Informations- und Kommunikationstechnologie in sozialen Netzwerken geäußerte Kritik am Staat oder am Islam unter Strafe.

Seit 2009 sollen in Bangladesch mehr als 2.200 Menschen bei politischen Gewalttaten getötet worden sein, darunter Blogger, Journalisten, Homosexuelle und bekennende Atheisten. Die Zahl der Journalisten, Blogger und Menschenrechtsaktivisten, die unter dem „Digital Security Act“ verhaftet und angeklagt wurden, liegt laut UN-Angaben bei rund 2.000.

Korruption

Korruption und Günstlingswirtschaft sind in Bangladesch weit verbreitet. Im Korruptionswahrnehmungsindex (Externer Link) von Transparency International liegt das Land auf Rang 147 von 180 ausgewerteten Staaten (2022). Die Antikorruptionsbehörde verfügt weder über ausreichende personelle und finanzielle Mittel noch über die nötige politische Unterstützung, um wirkungsvoll arbeiten zu können.

Die Situation der Rohingya

Luftaufnahme des Flüchtlingslagers Kutupalong in Bangladesch, in dem Rohingya leben, die aus Myanmar vertrieben wurden.

Luftaufnahme des Flüchtlingslagers Kutupalong in Bangladesch, in dem Rohingya leben, die aus Myanmar vertrieben wurden.

Luftaufnahme des Flüchtlingslagers Kutupalong in Bangladesch, in dem Rohingya leben, die aus Myanmar vertrieben wurden.

Seit 2017 sind Hunderttausende Angehörige der muslimischen Rohingya-Minderheit aus dem benachbarten Myanmar nach Bangladesch geflohen. Dort suchen zurzeit rund 1,1 Millionen Rohingya Schutz (Stand: Januar 2024). Die Versorgung der Flüchtlinge stellt Bangladesch vor immense infrastrukturelle, finanzielle, humanitäre, politische und kulturelle Herausforderungen. Die meisten Rohingya leben nahe der Grenze im Distrikt Cox’s Bazar in einfachen Lagern. Bis Mitte 2023 wurden rund 35.000 Rohingya auf die Insel Bhasan Char umgesiedelt, insgesamt sollen 100.000 Menschen umgesiedelt werden, um der Enge in den Lagern von Cox’s Bazar zu begegnen. Im Januar 2024 vernichtete eine Brandkatastrophe weite Teile des Lagers Ukhia, rund 5.000 Menschen wurden obdachlos, davon circa 1.500 Kinder.

Verhandlungen über die Rückkehr der Rohingya blieben bislang ohne Erfolg. Laut Vereinten Nationen sind die Voraussetzungen für eine freiwillige und sichere Rückkehr nach Myanmar nach wie vor nicht gegeben. Die bangladeschische Regierung drängt die internationale Gemeinschaft, den Druck auf Myanmar zu erhöhen, mehr Maßnahmen zur Lösung der Krise zu ergreifen und die aufnehmenden Gemeinden stärker zu unterstützen. Deutschland hat seit 2017 rund 300 Millionen Euro für die Versorgung bereitgestellt, davon sind knapp 200 Millionen Euro aus dem BMZ.

Stand: 15.01.2024