Religiöse Minderheiten Der Beauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit Frank Schwabe reist nach Irak
Die Frage des Wiederaufbaus und der Wiederansiedlung im Sindschar, dem Hauptsiedlungsgebiet der êzîdischen Minderheit in Irak, steht im Fokus der Reise. Viele êzîdische Familien sind immer noch nicht in ihre Heimat zurückgekehrt und leben im neunten Jahr in Flüchtlingslagern. Auch die Lage der vielen weiteren religiösen Minderheiten wird Thema der Gespräche mit der irakischen und kurdischen Regierung, sowie mit verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der Religionsgemeinschaften und der Zivilgesellschaft sein.
Religions- und Weltanschauungsfreiheitsbeauftragter Frank Schwabe: „Ich will mit meiner Reise zwei Dinge deutlich machen: Deutschland steht fest an der Seite der Êzîdinnen und Êzîden. Gemeinsam mit der irakischen Regierung und der kurdischen Regionalregierung wollen wir sicherstellen, dass Wiederaufbau und Wiederansiedlung im Sindschar vorangetrieben werden – im Sinne der Êzîdinnen und Êzîden. Darüber hinaus will ich die Lage der vielen anderen religiösen Minderheiten des Landes in den Blick nehmen. Ich habe keine vorgefertigten Antworten für das Land und die Bevölkerung im Gepäck, sondern komme mit vielen Fragen, die ich gerne mit Vertreterinnen und Vertretern der Regierung, sowie religiösen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren diskutieren will.“
Ein Schwerpunkt der Reise wird auf der aktuellen Situation der êzîdischen Gemeinschaft liegen. Frank Schwabe möchte sich im Rahmen seiner Reise ein Bild über die Lage in der Region, in den Flüchtlingslagern sowie über die konkreten Bedarfe der Menschen vor Ort machen. Aber auch die Situation der anderen religiösen Minderheiten und ausgegrenzten Gesellschaftsgruppen soll vor Ort thematisiert werden. So sind insbesondere Frauen und Mädchen nach wie vor zahlreichen Diskriminierungen ausgesetzt, die ihre gleichberechtigte Teilnahme am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben behindern. Viele Aktivistinnen vor Ort berichten von einer Verschlechterung der Lage, so genannten „shrinking spaces“, sowie einer Einschränkung der zivilgesellschaftlichen Handlungsspielräume, um für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung kämpfen zu können. Deshalb fördert das Entwicklungsministerium (BMZ) die bedeutende Rolle von Frauen am Wiederaufbau- und Friedensprozess über Aktivitäten zur Stärkung der Teilhabe von Frauen.
Die Region im Norden des Landes ist nach der IS-Schreckensherrschaft nach wie vor von Flucht, Vertreibung und Zerstörung betroffen. Rund 210.000 Êzîdinnen und Êzîden leben als Binnenvertriebene im eigenen Land, rund die Hälfte in Flüchtlingslagern.
Im Januar hatte der Deutsche Bundestag die Gräueltaten des IS gegen die Êzîdinnen und Êzîden als Völkermord anerkannt. Damit verbunden ist der klare Auftrag an die Bundesregierung, den Wiederaufbau des Sindschars zu unterstützen.
Das Entwicklungsministerium (BMZ) arbeitet seit 2014 mit Irak zusammen, um das Land politisch, sozial und wirtschaftlich zu stabilisieren, sowie Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben zwischen den verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen zu schaffen. So hat das BMZ seit 2014 über 2,1 Milliarden Euro in den Wiederaufbau Iraks investiert. Die Entwicklungszusammenarbeit schlägt mit ihren Maßnahmen einen Bogen von kurzfristiger Hilfe direkt nach der Befreiung, über erste Unterstützung zum Wiederaufbau vom IS befreiter Gebiete, bis hin zur Unterstützung langfristiger Entwicklung und Reformen. Der Fokus liegt auf der Unterstützung der zahlreichen in Irak lebenden Binnenvertriebenen und Aufnahmegemeinden. Das umfasst auch die Förderung von interreligiösem Dialog und Maßnahmen zur Versöhnung, Aufarbeitung und Dokumentation mit Blick auf den Völkermord an den Êzîdinnen und Êzîden.