Statement Entwicklungsministerin Schulze zum politischen Abschluss der Verhandlungen der EU und Kenia zu einem Handelsabkommen

19. Juni 2023 | Die EU hat heute die Verhandlungen mit Kenia zu einem bilateralen Handelsabkommen (sogenanntes Economic Partnership Agreement, EPA) erfolgreich beendet. Entwicklungsministerin Svenja Schulze erklärt hierzu:

„Das Handelsabkommen mit Kenia schafft eine langfristige und stabile Grundlage für unsere wirtschaftlichen Beziehungen mit Kenia. Kenia ist ein ein geopolitisch wichtiger Partner und ein starker und verlässlicher Verbündeter im Einsatz gegen den Klimawandel. Mit diesem Abkommen verbinden wir unsere Wirtschaft enger mit einem wachstumsstarken afrikanischen Land und diversifizieren unsere Lieferketten. Gemeinsam ist es uns zudem gelungen, Leitplanken für nachhaltiges Wirtschaften festzuschreiben. Zum ersten Mal ist die Einhaltung des Pariser Klimaabkommen wesentlicher Bestandteil eines Handelsvertrags mit einem Entwicklungsland. Kenia und die EU setzen damit ein Zeichen, dass Handel nicht auf Kosten von Umweltschutz, Arbeitsstandards oder Menschenrechten gehen darf.“


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Zweig eines Kaffeestrauchs in Kenia mit Blüten und unreifen Früchten. Kaffee gehört zu den Hauptexportgütern des Landes.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Staatssekretär Jochen Flasbarth im Gespräch mit Kenias Staatspräsident William S. Ruto

Als wirtschaftlicher Vorreiter in Ostafrika und drittgrößte Volkswirtschaft in Subsahara-Afrika ist Kenia sowohl handels- als auch geopolitisch ein wichtiger Partner für Deutschland und die EU. Die EU exportierte 2022 Waren im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro nach Kenia. Importe der EU aus Kenia haben in den letzten Jahren zugenommen und betrugen 2022 1,26 Milliarden Euro. Bisher gewährte die EU dem Land im Rahmen einer Ausnahmeregelung übergangsweise zoll- und quotenfreien Marktzugang. Mit dem neuen Handelsabkommen erhält Kenia diesen zoll- und quotenfreien Zugang zum EU-Markt nun dauerhaft. Im Gegenzug öffnet das afrikanische Land seinen Markt für EU-Importe schrittweise über einen Zeitraum von 25 Jahren. Dabei kann Kenia besonders sensible Produkte wie Tomaten, Weizenmehl und Textilien gänzlich von Zollerleichterungen ausnehmen, womit diese dauerhaft vor vergünstigten Importen aus der EU geschützt bleiben.

Das Entwicklungsministerium (BMZ) ist in der Bundesregierung zuständig für die Koordination der deutschen Position im EU-Kreis für die Abkommen mit den Staaten der Organisation der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (OAKP), zu denen auch Kenia gehört. Im EU-Kreis hat sich die Bundesregierung im Vorfeld für ein starkes Nachhaltigkeitskapitel im Abkommen stark gemacht.

Das EU-Kenia-Abkommen enthält nun ein solches modernes und umfangreiches Nachhaltigkeitskapitel mit hohem Ambitionsniveau. Es umfasst neben den üblichen Bestimmungen zu Arbeitsstandards und multilateralen Umweltabkommen auch Artikel zu Geschlechtergerechtigkeit, Waldschutz und Biodiversität sowie zu verantwortungsbewusster Geschäftsführung und Lieferkettenmanagement.

Kenia ist Vorreiter in der Klimapolitik und ist der EU sogar voraus, was den Anteil erneuerbarer Energien am Stromsektor angeht. Klimaschutz ist auch zentraler Baustein der Nachhaltigkeitsvereinbarungen dieses Handelsabkommens. Das Pariser Klimaabkommen wurde erstmals in einem Handelsabkommen mit einem Entwicklungsland in die Kernelemente, die sogenannten „essential elements“, aufgenommen, zu denen sonst nur noch Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören. Bei Verstoß gegen diese Kernelemente durch eine der Vertragsparteien kann als ultima ratio das Abkommen ausgesetzt werden.

Eine von der EU-Seite vorgeschlagene zusätzliche Regelung, bei der im Falle von Verstößen gegen das Pariser Klimaabkommen und die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation Zollpräferenzen von einer Seite eingeschränkt werden können, wurde von der kenianischen Seite abgelehnt. Dies hat die EU und auch die Bundesregierung aus mehreren Gründen akzeptiert: Zum einen hat sich Kenia als über viele Jahre verlässlicher Vorreiter beim Klimaschutz erwiesen – ein Misstrauen, eklatant gegen internationale Verpflichtungen zu verstoßen, wäre daher im Fall Kenia absolut nicht angebracht. Zum anderen hat sich Kenia bereits seit 2014 zum Handelsabkommen mit der EU bekannt, das ursprünglich als regionales Ostafrika-Abkommen geplant war und dann wegen Unstimmigkeiten in der Region nicht in Kraft trat. Die neuen EU-Standards für Nachhaltigkeitskapitel wurden also erst nachträglich in die Verhandlungen mit Kenia eingebracht. In der Abwägung hält die Bundesregierung das Abkommen auch in dieser Form für einen wichtigen entwicklungs- und klimapolitischen Fortschritt.

Informationen der EU-Kommission: EU and Kenya: Economic Partnership Agreement (europa.eu) (Externer Link)