10. März 2022 Rede der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Bärbel Kofler zur ITB Berlin, Kongresssegment des BMZ „Tourism for Sustainable Development“
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Tourismusbranche,
liebe Gäste der ITB,
sehr geehrte Damen und Herren!
150.000 Besucherinnen und Besucher, 10.000 Aussteller aus 180 Ländern der Welt – das wären Zahlen von der Touristik-Messe ITB unter normalen Umständen.
Die Covid-19-Pandemie macht das unmöglich. Zum Glück gibt es virtuelle Alternativen!
Aber nicht nur die Messe hat Einbußen. Die Pandemie hat den Tourismus hart ausgebremst.
- 2019 gab es rund 1,4 Milliarden internationale touristische Ankünfte. 2021 nur 350 Millionen.
- Der Anteil des Tourismus am weltweiten BIP ist um fast 50 Prozent eingebrochen.
- Mindestens 62 Millionen Arbeitsplätze sind verloren gegangen.
Für Reiseveranstalter, Hotellerie, Gastronomie in Deutschland ist das eine Krise. Für die Tourismusbranche in Entwicklungs- und Schwellenländern: „eine ökonomische Katastrophe“. [UN-Generalsekretär Guterres]
Denn viele Entwicklungsländer hängen massiv vom Wirtschaftsfaktor Tourismus ab. In Ländern wie den Philippinen etwa macht der Tourismus ein Viertel des BIP aus und stellt 20 Prozent aller Jobs.
Häufig arbeiten im Tourismus Menschen im informellen Sektor, viele Frauen, ärmere Menschen aus ländlichen Regionen – die keine Rücklagen zur Überbrückung und keine soziale Absicherung haben. Sie sind jetzt besonders betroffen. Denn staatliche Unterstützung gibt es meist nicht.
Vor zwei Jahren haben wir hier noch über „overtourism“ diskutiert. Heute über Absturz und Einbrüche.
Aber jede Krise ist auch Chance:
Denken wir Tourismus neu! Ökologisch nachhaltig, mit guten Jobs und mit Respekt vor Menschen und Kultur.
Helfen wir dem Tourismus und seinen Beschäftigten auf die Beine – nachhaltig!
Das haben wir uns im deutschen Entwicklungsministerium vorgenommen. Mit unserem „Corona-Sofortpaket“ haben wir Projekte im Wert von rund 20 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Damit greifen wir zum Beispiel Start-ups und jungen, innovativen Unternehmen unter die Arme, fördern digitale Weiterbildung und Schulungen.
Wir haben den Schutz von Biodiversität und Welterbe-Stätten in das Programm aufgenommen. So kann Natur geschützt werden, selbst wenn die Einnahmequelle Tourismus wegfällt – zum Beispiel Eintrittsgelder für Nationalparks.
Und wir wollen Destinationen widerstandsfähig gegen künftige Krisen machen. – Denn: Tourismus ist Hebel für nachhaltige Entwicklung.
- Nachhaltiger Tourismus trägt zur Verbesserung der örtlichen Infrastruktur bei, bindet die lokale Bevölkerung in Wirtschaftskreisläufe ein,
- generiert Mittel zur Erhaltung von Naturschätzen
- und gibt vor allem Frauen die Möglichkeit, am wirtschaftlichen Leben teilzuhaben.
Diese Art von Tourismus fördert das BMZ. Und diese Art von Tourismus müssen wir krisenfest machen – gegenüber Gesundheitskrisen, aber auch etwa gegenüber den Folgen des Klimawandels.
Die Pandemie hat verdeutlicht, welche Bedeutung Vorsorge und Vorbereitung haben. Je besser Regierungen und Unternehmen vorsorgen, desto gezielter können sie im Krisenfall reagieren und desto geringer wird der Schaden ausfallen.
Es freut mich sehr, dass wir heute unsere Partner von der International Labour Organization, der Pacific Asia Travel Association und des Deutschen Komitee Katastrophenvorsorge in der anschließenden Panel-Runde begrüßen können.
Sie werden einen tieferen Einblick in risiko-informiertes Management für resiliente Destinationen geben.
In Deutschland und Europa blicken Veranstalter jetzt mit Hoffnung auf den Sommer. In vielen Entwicklungsländern wird die Erholung möglicherweise erst 2023 eintreten. Aber wenn wir es schaffen, bis dahin die Tourismusbranche nachhaltiger und resilienter aufzustellen, haben wir dennoch etwas gewonnen.