25. Januar 2022 Nachhaltige Landnutzung: Ernährungssicherung beginnt beim Boden

Eröffnungsrede von Dr. Bärbel Kofler, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, beim Fachpodium „Landwende: Von der Flächenkonkurrenz zur integrativen Nutzung“ beim Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) 2022 (virtuelle Veranstaltung)

Deutsche Fassung – diese Rede wurde auf Englisch gehalten, die englische Version finden Sie hier.
Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Alles ist Wechselwirkung.“ Das schreibt Alexander von Humboldt schon vor mehr als 200 Jahren zum Zusammenspiel von Natur und Gesellschaft.

Spätestens seit dieser Zeit warnt uns die Wissenschaft: Die Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Landnutzungsansprüchen wird schärfer. Heute tragen eine wachsende Weltbevölkerung, der Einsatz von synthetischem Dünger und Agrartechnologien, Überweidung und Abholzung dazu bei.

Boden ist heute fast überall auf der Welt ein knapper werdendes Gut. Jedes Jahr gehen 12 Millionen Hektar an produktivem Land verloren – etwa die Fläche Bulgariens. Die Menschheit droht buchstäblich den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Landnutzung muss deshalb wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig werden –

  • damit alle Menschen satt werden,
  • damit unsere natürlichen Lebensgrundlagen, Klima und Artenvielfalt geschützt sind
  • und alle Menschen ein würdiges Leben auf einem gesunden Planeten führen können.

Die Lösungsansätze sind längst internationaler Konsens.

Sie finden sich in der Agenda 2030, in den Rio-Konventionen der Vereinten Nationen zu Klima, biologischer Vielfalt und Wüstenbildung und in anderen internationalen Vereinbarungen.

Mit SDG 15 will die Weltgemeinschaft explizit daran arbeiten, den weltweiten Verlust an fruchtbarem Land und Boden bis 2030 zu stoppen. Aber in der Umsetzung sind wir weit zurück.

  1. Was brauchen wir für eine nachhaltige Landnutzung?
  2. eine Landwirtschaft, die natürliche Ressourcen schützt
  3. globale Strukturen, die Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit fördern und
  4. verantwortungsvolle Produktions- und Konsummuster.

1. Wir müssen unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen:

Das gilt in Deutschland genauso wie in Entwicklungsländern. In unserer Entwicklungszusammenarbeit fördern wir deshalb agrarökologische Ansätze in der ländlichen Entwicklung und eine nachhaltige Landwirtschaft: Weniger Dünger und Pestizide, mehr regionale Kreisläufe und Märkte in lokaler Kultur und Tradition. – Das kommt der Bevölkerung, der Umwelt und der Wirtschaft zugute.

Das BMZ unterstützt zum Beispiel Gemeinschaften in Afrika und Indien dabei, Land vor Erosion zu schützen und Böden fruchtbar zu halten.

Die lokalen Betriebe erzielten höhere Erträge, rund 1,3 Millionen Menschen in den Regionen konnten sich besser ernähren.

Das BMZ engagiert sich außerdem im Kampf gegen Wüstenbildung: Deutschland investiert mehr als 600 Millionen Euro jährlich.

Aber es geht es auch um Rechte:

Damit Kleinbauerinnen und Kleinbauern investieren können, brauchen sie Rechte an ihrem Land. Das ist besonders für die Frauen in Entwicklungsländern von immenser Bedeutung. Denn nur mit sicheren Landrechten entstehen Anreize für eine nachhaltige Ressourcennutzung und für Investitionen in die Bodenqualität.

Die Bundesregierung unterstützt deshalb die Umsetzung von Menschenrechtsinstrumenten wie etwa der Freiwilligen Leitlinien der Welternährungsorganisation FAO.

2. Nachhaltige Landnutzung ist global!

Deshalb müssen globale Strukturen nachhaltige Landnutzung fördern, zum Beispiel im Handel.

In der globalisierten Weltwirtschaft reicht es nicht, nur die Angebots-Seite in den Entwicklungsländern zu verbessern. Auch die Rahmenbedingungen auf der Nachfrage-Seite müssen angepasst werden, etwa indem Agrar-Lieferketten nachhaltig und entwaldungsfrei gestaltet werden. Deshalb unterstützt das BMZ ein starkes EU-Gesetz gegen importierte Entwaldung und die Regulierung zu Lieferketten.

Schließlich:
3. Auch Produktion und Konsum müssen sich ändern:

Es braucht verantwortungsvolles Engagement des Privatsektors, mit Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft und Infrastruktur, und mit mehr Bildung und Ausbildung. Und auch jede und jeder Einzelne von uns kann etwas beitragen: Mit unserem privaten Konsum!

Dazu gehört die bewusste Entscheidung für fair hergestellte Produkte.

Mein Fazit: Das Potenzial für eine „Landwende“ ist da: Wissen, Erfahrungen, Fachstrukturen und finanzielle Mittel. Aber da ist noch Luft nach oben. – Machen wir uns an die Arbeit! Damit die Ressource „Boden“ uns als gesamte Menschheit weiter tragen und ernähren kann.