17. Januar 2024 Rede von Bundesministerin Svenja Schulze im Bundestag im Rahmen der Regierungsbefragung in Berlin
Es gilt das gesprochene Wort!
Eine druckbare Version der Rede (PDF 62 KB, barrierefrei) finden Sie hier (Externer Link).
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
angesichts der aufgeheizten Stimmung im Land, angesichts der menschenverachtenden Deportationsphantasien, die letzte Woche aufgedeckt wurden, ist es mir wichtig, mit Ihnen gemeinsam für bisschen grundsätzlicher auf das kommende Jahr zu blicken.
Die vielen Krisen auf der Welt haben bei vielen Menschen in unserem Land Fragen, Sorgen und Ängste ausgelöst. Und Angst macht auch den einen oder anderen manchmal wütend. Miteinander im Gespräch zu bleiben ist deshalb wichtig, um gemeinsam Lösungen zu suchen ist wichtig. Aber zu viele ziehen sich entweder völlig aus dem politischen Diskurs zurück, oder suchen den gewaltvollen Protest. Einige verlieren sich offenbar sogar in faschistischen Ideologien, die wirklich unerträglich sind.
Verstehen Sie mich nicht falsch, friedlicher Protest gehört zu einer demokratischen Gesellschaft dazu. Aber die Art und Weise, wie manche dieser Proteste ablaufen, wie politische Debatten immer mehr in abgeschotteten Echokammern stattfinden, wie sie immer rassistischer und menschenverachtender diskutiert wird, muss jede und jeden von uns, jede Bürgerin und jeden Bürger, jeden Demokraten und jede Demokratin aufschrecken.
Wir dürfen nicht länger zusehen, die demokratischen Parteien müssen dem gemeinschaftlich entgegentreten. Denn das bringt unsere Demokratie ins Wanken.
Ich möchte einen ehemaligen Bundespräsidenten zitieren, Walter Scheel. Er sagte, dass eine Demokratie immer auf dem Weg zu sich selbst ist. Sie ist nie fertig. Damit ist sie auch der Gefahr ausgesetzt, dass ihre Feinde sich ihr bedienen, um sie von innen zu zerstören. Ich sehe dabei große Verantwortung für uns alle, alle demokratischen Parteien in diesem Haus:
Auch wenn einzelne Entscheidungen hart umkämpft sind, auch wenn sie die politischen Koalitionen herausfordern, müssen die großen demokratischen Linien, muss der Wert des politischen Kompromisses immer erkennbar bleiben und darf nicht im Streit untergehen.
Und es liegt an uns, den Bürgerinnen und Bürgern schwierige politische Entscheidungen gut zu erklären. Entscheidungen, die für Einzelne manchmal hart sind. Die aber dennoch richtig sind, weil sie für unsere gesamte Gesellschaft von Bedeutung sind. Das ist auch eine Frage von Respekt.
Und drittens: Es muss uns gemeinsam gelingen, den demokratischen Geist dieses Landes zu stärken. Unsere Demokratie lebt von selbstbewussten Menschen, die sie verteidigen indem sie sich engagieren.
Unsere Demokratie ist das stärkste, das wir Hass und Hetze entgegensetzen können. Das tut auch die deutsche Entwicklungspolitik.
Ich erlebe bei meinen Reisen, wie sehr sich Menschen demokratische Strukturen wünschen. Hätten sie die Wahl, würden die Allermeisten in demokratischen Staaten leben wollen. In denen sie frei und selbstbestimmt entscheiden dürfen. In denen friedlicher Protest möglich ist. Die Demokratie ist nach wie vor die beste Regierungsform die es gibt. Sie verdient unseren Schutz.
Und mit einem Zitat unseres aktuellen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier möchte ich schließen: Wir brauchen die Demokratie, aber die Demokratie braucht zur Zeit vor allem uns.