16. Mai 2023 Rede von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze bei einer Veranstaltung des Atlantic Council und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington D.C. (USA)

Originaltitel der Veranstaltung: „Towards a Renewed Multilateralism – A conversation with German Federal Minister for Economic Cooperation and Development, Svenja Schulze“

Es gilt das gesprochene Wort!
Die Originalversion der Rede in englischer Sprache finden Sie hier.


Ladies and gentlemen – good afternoon!

“Shaping the global future together”: Das ist das Motto des Atlantic Council. Und das könnte gut auch das Leitprinzip für die deutsche Entwicklungspolitik sein.

Denn klar ist: Die globalen Herausforderungen, vor denen wir als internationale Gemeinschaft stehen, lassen sich von keinem Land allein bewältigen. Egal, ob es darum geht, den Klimawandel einzudämmen, die Biodiversität zu schützen, globale Sicherheit zu fördern, oder Armut und Krankheiten zu bekämpfen: All diese Herausforderungen erfordern gemeinsames Handeln und multilaterale Lösungen.

Die Bundesregierung setzt sich daher für einen starken Multilateralismus ein. Im Herbst werde ich eine neue Strategie meines Ministeriums für unsere multilaterale Entwicklungszusammenarbeit vorstellen. Ihr Ziel ist, die Handlungs- und Krisenreaktionsfähigkeit multilateraler Organisationen zu stärken. So können sie den Herausforderungen unserer Zeit besser begegnen und unsere gemeinsame Zukunft aktiver gestalten.

Hierfür sind strukturelle Reformen erforderlich. Gerade in Zeiten multipler Krisen müssen multilaterale Organisationen leistungsfähiger werden. Dazu brauchen sie unter anderem eine verlässliche Finanzierung. Sie brauchen Strukturen, die transparent, kohärent und wirksam sind. Und sie brauchen ein klares Mandat, um nicht nur auf Krisen reagieren, sondern auch stärker präventiv wirken zu können.

Ich setze mich dafür ein, dass multilaterale Organisationen – wie zum Beispiel die Weltbank – mehr auf den Schutz und die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter ausgerichtet werden: etwa darauf, ein stabiles Klima, Gesundheit, Frieden und Sicherheit zu gewährleisten. Die Weltbank muss ihre Finanzierung stärker auf den Schutz globaler Güter ausrichten, Kreditnehmern entsprechende Anreize setzen und ihre Finanzierungsmöglichkeiten voll ausschöpfen.

Um multilaterale Organisationen „fit für die Zukunft“ zu machen, unterstützt Deutschland die Ziele der „Common Agenda“ des UN-Generalsekretärs. Das High Level Advisory Board on Effective Multilateralism hat zur Umsetzung interessante Vorschläge entwickelt. Ich möchte dazu beitragen, dass die Vereinten Nationen vernetzter und inklusiver agieren können.

Deutschland verfolgt also eine globale Strukturpolitik, die sich für eine regelbasierte internationale Ordnung einsetzt und darauf abzielt, globale Güter zu schützen, die Resilienz von Staaten zu stärken und nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.

Globale Strukturpolitik lässt sich natürlich nicht alleine vorantreiben. Deutschland sucht daher einen Schulterschluss mit gleichgesinnten Partner*innen, allen voran den USA. So bin ich unter anderem im engen Austausch mit Janet Yellen und Samantha Power, um Themen wie die Weltbankreform, die internationale Finanzierung von Klimaschutz und Klimaanpassung und die Stabilisierung von fragilen Staaten voranzubringen. Es geht darum, gemeinsame Antworten auf die Herausforderungen von heute – und die von morgen – zu finden. Dafür setzt die Bundesregierung auf das transatlantische Bündnis und andere internationale Allianzen.

Bei der Bewältigung globaler Herausforderungen sind gerade auch die afrikanischen Staaten zentrale Partner. Afrika wächst und verändert sich gewaltig. Damit gehen geopolitische, wirtschaftliche und soziale Umbrüche einher. Als Bundesentwicklungsministerin habe ich daher eine neue Afrika-Strategie formuliert: Sie stellt die von der Afrikanischen Union gesetzten Entwicklungsziele in den Mittelpunkt und flankiert sie mit strukturpolitischen Ansätzen.

Ziel ist es, unsere Partner*innen in Afrika dabei zu unterstützten, den Menschen bessere Lebensbedingungen und sichere Zukunftsperspektiven zu bieten. Die deutsche Entwicklungspolitik will die Weichen stellen für mehr Klimaschutz, Nachhaltigkeit und sozialen Zusammenhalt. Das ist im Interesse unserer Partner in Afrika, im deutschen und im globalen.

Ich war vor kurzem mit dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius in Mali. Der Sahel erlebt gerade eine der am schnellsten wachsenden Fluchtsituationen weltweit. Hier sehen wir, wie wichtig es ist, präventiv zu arbeiten: also mit zivilen Mitteln, mit Entwicklungspolitik, dafür zu sorgen, Perspektiven zu schaffen, die Unsicherheit und Terrorismus etwas entgegensetzen. Als internationale Gemeinschaft müssen wir den Menschen vor Ort zeigen: Wir lassen euch nicht im Stich. Wir arbeiten gemeinsam an nachhaltigen, grenzüberschreitenden Lösungen. Genau dafür will ich mich im Rahmen der Sahel-Allianz einsetzen, für deren Vorsitz ich kandidiere.

An diesen wichtigen Hebeln will die Bundesregierung also mit ihren amerikanischen und weltweiten Partner ansetzen, um „die globale Zukunft gemeinsam zu gestalten“. Ich bin gespannt auf Ihre Fragen und unseren Austausch!