23. November Rede von Bundesministerin Svenja Schulze bei der Haushaltsdebatte vor dem Deutschen Bundestag
Es gilt das gesprochene Wort!
Eine druckbare Version der Rede (PDF 67 KB, barrierefrei) finden Sie hier (Externer Link).
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mit dem vorgelegten Haushaltsplan setzt die Bundesregierung klare Prioritäten. Sie nimmt diejenigen in den Blick, die die Auswirkungen der aktuellen multiplen Krisen am schmerzhaftesten spüren. Sie setzt die verfügbaren Mittel gezielt dafür ein, die Krisenfolgen abzufedern und Gesellschaften widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen. So auch jetzt mit dem Einzelplan 23 für die internationale Entwicklungszusammenarbeit: Mit den zusätzlichen Geldern – insbesondere aus der allgemeinen Krisenvorsorge des Einzelplans 60 – stehen nun insgesamt rund 12,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist für die deutsche Entwicklungspolitik eine gute finanzielle Basis für das kommende Jahr.
Es braucht eine stabile Entwicklungspolitik; das ist aus zwei Gründen ganz besonders wichtig. Zum einen sendet die Bundesregierung, sendet der Bundestag damit die klare Botschaft: Auch in Krisenzeiten bleibt Deutschland solidarisch und ein verlässlicher Partner für die Länder des Globalen Südens, auch in Krisenzeiten verlieren wir die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung nicht aus dem Blick. Das ist ein unmissverständliches Signal, und es ist gerade jetzt besonders wichtig. Denn Verlässlichkeit erhält und schafft Vertrauen, und Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit. Nur so können wir gemeinsam mit unseren Partnerländern strukturelle Veränderungen anstoßen und wichtige Reformen umsetzen, für mehr soziale Gerechtigkeit, für mehr Klimaschutz in der Welt.
Das bringt mich zum zweiten Grund, warum eine solide Entwicklungspolitik wichtig ist: Sie stärkt unzählige Menschen weltweit, damit sie besser durch die Krisenzeit kommen, und sie trägt dazu bei, weltweit bessere Zukunftsperspektiven zu schaffen. Ich hatte heute das Vergnügen, mit unseren WZ-Referenten in einer Videokonferenz zu diskutieren – das sind wichtige Brückenköpfe in unsere Partnerländer –; sie haben noch mal bestätigt, wie wichtig Vertrauen, wie wichtig diese intensive Zusammenarbeit ist.
Wie genau schaffen wir Vertrauen und Zukunftsperspektiven? In der Ukraine – das haben Sie betont; ich will das aber noch mal herausheben – werden diese Mittel dafür sorgen, dass die Menschen Wasser, Wärme, Strom und medizinische Versorgung erhalten. So können sie dem Winter und dem russischen Angriffskrieg besser trotzen und anfangen, ihre Heimat wieder aufzubauen. Unsere Unterstützung geht dabei über humanitäre Nothilfe hinaus; sie wirkt langfristig, und sie wirkt jetzt schon strukturbildend.
Sie haben es angesprochen, Frau Raffelhüschen: Unter Ihrer Leitung sind die Berichterstatterinnen und Berichterstatter für den Einzelplan 23 in die Ukraine gereist und konnten sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen. Ich will noch mal ausdrücklich dafür danken, dass Sie fraktionsübergreifend dafür gesorgt haben, dass Deutschland die Menschen in der Ukraine verlässlich und wirksam unterstützen kann.
Mit den Mitteln aus dem Einzelplan 23 werden wir jetzt auch das Bündnis für globale Ernährungssicherheit weiter voranbringen. Es muss jetzt darum gehen, zu verhindern, dass infolge des russischen Angriffskriegs die weltweite Hungerkrise noch weiter eskaliert. Das Bündnis sichert Existenzen, es rettet Leben, etwa am Horn von Afrika und im Nahen Osten, wo die Menschen ganz besonders unter den steigenden Preisen für Nahrungsmittel, aber auch für Dünger leiden. Das Bündnis trägt ganz konkret dazu bei, die globale Ernährungssicherheit auch langfristig zu verbessern. Eine nachhaltige und klimaangepasste Landwirtschaft steigert die Erträge, macht Ernten robuster; so werden die lokale Versorgung gestärkt und die Armut reduziert. Wir bekommen weltweit sehr viel Applaus dafür, dass wir dieses Bündnis vorangebracht haben.
Wir werden mit den Mitteln aber auch das weitere Aufspannen des Globalen Schutzschirms gegen Klimarisiken voranbringen, für den wir auf der Klimakonferenz als Trailblazer ausgezeichnet wurden, also eine Auszeichnung für dieses wichtige Instrument gegen Loss and Damage bekommen haben. Dieser Schutzschirm wird armen und vulnerablen Ländern wie Bangladesch, Ghana, Senegal helfen, die unter den Folgen des Klimawandels besonders leiden. Für jedes dieser Länder wird ein umfassendes Absicherungspaket entwickelt. So sind diese Länder dann besser auf klimabedingte Katastrophen vorbereitet und können im Notfall den Menschen schneller helfen. Das hilft, klimabedingte Verluste und Schäden zu begrenzen.
Ich werde auch im kommenden Jahr die Umsetzung unserer feministischen Entwicklungspolitik weiter beschleunigen. Mein Ziel ist es, dass 2023 drei Viertel der Vorhaben zur Geschlechtergerechtigkeit beitragen. So eröffnen wir Frauen und Mädchen neue Perspektiven, wir verschaffen ihnen Gehör, wir machen sie zu aktiven Mitgestalterinnen einer nachhaltigen Entwicklung. Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Nur mit den Frauen werden Gesellschaften sich nachhaltig entwickeln können.
Das sind nur einige wenige Beispiele dafür, wie wir die deutsche Entwicklungszusammenarbeit im nächsten Jahr wieder nutzen werden, um die Ziele der Agenda 2030 umzusetzen. Vertrauen und Zukunftsperspektiven lassen sich aber nur schaffen, wenn es auch Planbarkeit, wenn es Verlässlichkeit gibt. Gerade der weitere Verlauf des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und seine Folgen für die Entwicklungsländer sind aber unsicher. Daher ist es gut, dass im Einzelplan 60 für 2023 weiter vorgesorgt ist und im Notfall weitere Mittel zur Verfügung stehen.
Wir müssen unsere Entwicklungspolitik auch mittelfristig im Haushalt absichern und stabil machen. Das ist wichtig für die vielen Menschen und für die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich weltweit unter großem Einsatz engagieren. Eine solide Entwicklungspolitik stärkt ihnen den Rücken. Mit diesem Haushalt stellt sich die Bundesregierung ihrer globalen Verantwortung, und sie setzt ein Zeichen der Hoffnung und des Aufbruchs in Krisenzeiten.
Ich danke nochmals sehr, dass der Haushalt so verbessert wurde und dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles ermöglicht haben. Vielen Dank.