29. September 2022 Debatte zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie: Rede von Entwicklungsministerin Schulze im Deutschen Bundestag
Es gilt das gesprochene Wort!
Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
es geht hier heute um Nachhaltigkeit als die Richtschnur deutscher Politik:
Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie legt dafür den roten Faden fest. Sie ist die konkrete Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Sie macht Erfolge sichtbar – und sie zeigt auf, wo die Herausforderungen am größten sind und wo wir besser werden müssen. Das ist weltweit beispielgebend.
Die sozial-ökologische Transformation ist ein zentraler Baustein für nachhaltige Entwicklung. Aber sie steht vor großen Herausforderungen. Globale Krisen – der Klimawandel, die Corona-Pandemie und die Auswirkungen des Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – verstärken sich gegenseitig und bringen bereits erreichte Fortschritte zum Stocken. Es zeigt sich deutlicher denn je: Wir müssen gemeinschaftlich handeln. Solidarität ist der Schlüssel zur Umsetzung der Agenda 2030. Es geht darum, ein besseres Leben für alle Menschen auf der Welt zu organisieren, ohne dass wir dabei unseren Planeten ruinieren.
Die Bürgerinnen und Bürger können nicht allein mit nationalen Gesetzen vor den Folgen des globalen Klimawandels geschützt werden. Unsere Ernährungssicherheit, unsere Energieversorgung, unsere Arbeitsbedingungen, unsere Zukunft hängt davon ab, was wir gemeinsam als internationale Gemeinschaft schaffen.
Das heißt im Umkehrschluss: Nachhaltige Entwicklung ist nur dann in Deutschland möglich, wenn wir uns global dafür einsetzen. Das umfasst drei Ebenen: in Deutschland, durch Deutschland in multilateralen Bündnissen und mit Deutschland in bilateraler Zusammenarbeit mit Partnerländern.
Genau das treibt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit voran: Durch internationale Allianzen und Kooperationen mit Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft trägt das Entwicklungsministerium weltweit zu strukturellen Veränderungen bei. Und wir arbeiten gemeinsam mit den Partnerländern an Lösungen für die dringlichsten Herausforderungen.
Zu diesen Herausforderungen zählt ohne Zweifel die Transformation hin zur Klimaneutralität. Wir brauchen eine globale Energiewende, bei der gerechte Übergänge und gute Arbeit sichergestellt sind – eine Just Transition. Es ist keine Frage: Eine klimagerechte Wirtschaft bei steigendem Energiebedarf zu schaffen, ist ein immenser Kraftakt. Das gilt hier für uns in Deutschland, das gilt aber noch mehr für unsere Partnerländer. Und dabei ist mir wichtig, diesen Übergang zur Klimaneutralität sozial gerecht zu gestalten. Klimaschutz gelingt nur mit sozialer Sicherheit.
Konkret bedeutet das, dass wir als Entwicklungsministerium unser Engagement für saubere und sichere Energien ausbauen werden, um eine sichere Zukunft für alle Menschen zu ermöglichen. Wir unterstützen unsere Partnerländer dabei, gute, klimagerechte Beschäftigung zu schaffen und leistungsfähige soziale Sicherungssysteme zu stärken. Wir treiben eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft und eine nachhaltige Umgestaltung der Finanzwirtschaft voran. Wir helfen armen Ländern dabei, sich besser an den Klimawandel anzupassen sowie die Artenvielfalt und natürliche Lebensgrundlagen zu schützen. Und wir setzen uns dafür ein, Städte zu klimagerechten, lebenswerten Wohnräumen für alle Menschen zu machen.
Ein Beispiel, wie das BMZ zur sozial-ökologischen Transformation beiträgt, sind die Just Energy Transition Partnerships, wie wir sie im Rahmen der G7 mit Südafrika auf den Weg gebracht haben. Oder die bilateralen Partnerschaften, die ich bereits mit Ländern wie zum Beispiel Ruanda und Indien abgeschlossen und jetzt ganz aktuell mit Côte d’Ivoire angestoßen habe. Im Rahmen dieser Partnerschaften unterstützen wir die Länder beim Kohleausstieg und dem Aufbau alternativer Energiegewinnung. Dabei gilt es, sozial gerechte Strukturen aufzubauen und alle Beteiligten einzubeziehen. So können lokale Wertschöpfung, Ausbildungsmöglichkeiten und qualifizierte Arbeitsplätze in einer Zukunftsindustrie geschaffen werden. Die Länder machen sich schrittweise unabhängig von fossilen Energiequellen und einseitigen Lieferbeziehungen und können Exporterlöse generieren. Das ist ein Gewinn für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz.
Instrumente wie diese Energiepartnerschaften tragen direkt zu den Prinzipien der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie bei. Denn es gilt, jetzt die nötigen Investitionen zu tätigen und die Weichen zu stellen für widerstandsfähige und nachhaltige Gesellschaften weltweit. Sozial gerechte Gesellschaften, in denen eine gleichberechtigte Teilhabe am politischen und wirtschaftlichen Leben für alle Menschen möglich ist. Nicht nur, weil es gerecht ist, sondern auch, weil die Ergebnisse dann besser sind.
Kurz gesagt: Deutschland nimmt seine internationale Verantwortung wahr. Die Bundesregierung setzt sich für eine soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung ein, in Deutschland und weltweit. Nicht trotz der vielen Herausforderungen, sondern weil diese gezeigt haben, dass globale Krisen nur global gelöst werden können. Klimawandel, Pandemie, Konflikte und Kriege dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern ihre Ursachen müssen gleichzeitig angegangen werden. Mehr denn je ist es notwendig, die Ziele der Agenda 2030 als internationale Gemeinschaft zu erreichen.
Das Festsetzen von Zielen und Beschließen von Maßnahmen ist dabei nicht genug: Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken, um grundlegende, strukturelle Veränderungen zu erwirken – und zwar jetzt. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie muss dazu wirksam und verbindlich beitragen – und das tut sie.
Vielen Dank.