24. Septemer 2025 Rede der Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan anlässlich der Haushaltsdebatte 2026 im Bundestag

250924_Screenshot Rede Alabali Radovan

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor ein paar Wochen war ich in Jordanien. Ein Land, das innerhalb kurzer Zeit sehr viele Geflüchtete aufgenommen hat. Fast jeder zehnte Mensch in Jordanien ist geflüchtet. Ein Land, das Großes leistet, obwohl es selbst kaum Ressourcen hat.

Eine Ressource ist besonders knapp: Wasser. Jordanien gehört zu den trockensten Ländern der Welt. Der Klimawandel macht die Lage noch schlimmer.

Die deutsche Entwicklungspolitik unterstützt Jordanien dabei, das knappe Wasser nachhaltig zu verwenden. Also zum Beispiel dabei, Meerwasser zu entsalzen oder geklärtes Abwasser für die Landwirtschaft zu nutzen. Denn jeder Tropfen zählt.

Ich habe dort Ras Al Ein besucht. Das ist die einzig verbliebene Grundwasserquelle in Amman. Gemeinsam mit Dr. Jihad Mahameed, dem jordanischen Staatssekretär aus dem Wasserministerium habe ich die Quelle besucht. Ich habe ihn gefragt: Was würde passieren, wenn Deutschland seine Unterstützung einstellt.

Seine Antwort war sehr direkt – und ich zitiere:

„Wir würden alle sterben. Es gäbe kein Wasser mehr in Jordanien – wir würden alle sterben.“

Und glauben Sie mir, ich habe nochmal nachgefragt, ob er das wirklich so gesagt hat. Ob ich das richtig in Erinnerung habe. Ja, genauso hat er es gesagt. Und warum erzähle ich Ihnen das?

Weil dieses Beispiel deutlich macht, was die deutsche Entwicklungspolitik leistet: Sie sichert Lebensgrundlagen für Menschen in unseren Partnerländern. Und das ist wichtig auch für uns hier in Deutschland.

Eine saubere Wasserquelle in Jordanien mindert Verteilungskonflikte und beugt damit Krisen vor. Ganz simpel: Die Menschen haben genug Wasser und müssen nicht ihren Wohnort verlassen.

Unsere Entwicklungspolitik trägt dazu bei, Fluchtursachen zu mindern. Und das ist Teil einer integrierten Sicherheitspolitik.

Mit unserer Entwicklungszusammenarbeit sorgen wir gemeinsam mit der GIZ und der KfW dafür, dass Menschen trotz Klimakrise in ihrer Heimat bleiben können. Zum Beispiel am Horn von Afrika. Oder dass sie sich trotz Hunger und Armut keiner terroristischen Gruppe anschließen. Zum Beispiel in der Sahelregion.

Unsere Entwicklungspolitik unterstützt Menschen in akuten Krisen. Zum Beispiel im Nahen Osten. Wir unterstützen den Wiederaufbau Syriens und tragen so zur Stabilisierung der Region bei. Damit Krankenhäuser wieder funktionieren und Kinder wieder in die Schule gehen können. Damit Menschen wieder Jobmöglichkeiten haben. Und ein besseres Leben führen können.

Unsere zivile Unterstützung kommt bei den Menschen in unseren Partnerländern an. Sie schafft Perspektiven. Und trägt damit zu mehr Frieden und Sicherheit in Europa und unseren Partnerregionen bei.

Und genau das braucht es. Gerade in einer Zeit, in der weltweit die Krisen und Konflikte zunehmen.

Das habe ich in den letzten Tagen wieder hautnah erlebt. Ich komme gerade aus New York, wo ich an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teilgenommen habe. Auch die Vereinten Nationen stehen unter immensem Druck. Sie werden sich stark verändern müssen, 20 Prozent ihrer Mittel einsparen müssen.

Als Weltgemeinschaft brauchen wir aber ein starkes multilaterales System. Wir stehen vor enormen globalen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können: ein gesundes Klima, Frieden und der Schutz vor Pandemien.

Ich habe mich deshalb gemeinsam mit meinem Kollegen Jo Wadephul in New York dafür eingesetzt, dass die UN-Reformen das multilaterale System als Ganzes stärken, es wirksamer machen. Damit wir gemeinsam mehr erreichen können. Und mein Haushaltsentwurf sieht Mittel dafür vor, gezielt die UN- Organisationen zu fördern, die zu den Best Performern zählen.

Die deutsche Entwicklungspolitik steht zu ihrer internationalen Verantwortung. Gerade jetzt, wo sich die USA aus der internationalen Zusammenarbeit zurückziehen.

Deutschland gewinnt international damit auch an Einfluss. Unser Wort hat vielerorts starkes Gewicht. Und das gilt es jetzt auch klug zu nutzen.

Deshalb werde ich mich im Oktober bei der Jahrestagung der Weltbank für den Schutz globaler öffentlicher Güter einsetzen. Und deshalb werde ich mich im November bei der Weltklimakonferenz für eine solidarische Klimafinanzierung stark machen. Dazu gehört auch, dass Deutschland weiterhin seinen fairen Beitrag leistet.

Denn die Klimakrise ist eine der größten globalen Herausforderungen, vor der wir Menschen stehen. Wir können es uns als Weltgemeinschaft schlichtweg nicht leisten, nationale Eigeninteressen vor das Pariser Klimaabkommen zu stellen.

Denn eins ist klar: Nur wenn wir das Klima weltweit schützen, sichern wir die Lebensgrundlagen von uns allen – hier in Deutschland und auf der Welt.

Es hält die Wasserquellen in Amman am Leben. Es bewahrt den Amazonas, der uns frische Luft schenkt – auch in Europa. Und es macht Landwirtschaft im Sahel möglich, trotz Dürre. So können die Menschen bleiben, statt ihre Heimat zu verlassen.

Genau dafür steht die deutsche Entwicklungspolitik. Und diese gewaltigen Aufgaben müssen wir mit deutlich weniger Mitteln stemmen. In diesem Jahr ist mein Etat um knapp eine Milliarde Euro gesunken. Um weitere 360 Millionen Euro sinkt er in 2026.

Mit über 17 Prozent Einsparungen hat das BMZ bereits einen überproportionalen Beitrag zur Konsolidierung erbracht. Wir sind uns in der Koalition einig, dass wir nicht den amerikanischen Weg gehen wollen. Das wäre fatal. Es geht hier um Menschenleben. Und da setze ich auch auf Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen:

Angesichts der wachsenden Herausforderungen und Krisen in der Welt müssen wir gemeinsam in der Koalition einen Weg finden, damit umzugehen.

Humanitäre Hilfe hilft akut, Entwicklungszusammenarbeit hilft langfristig und nachhaltig. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Der Außenminister, mein Kollege Jo Wadephul, hat vorhin für die Erhöhung der Humanitären Hilfe geworben. Genauso werbe ich für die Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit. So geht internationale Zusammenarbeit aus einem Guss.

Ich setze auch auf Ihre Unterstützung, dass wir gemeinsam für Deutschland international zu unserer Verantwortung stehen. Vielen Dank.