18. Dezember 2025 Rede der Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan im Bundestag zur Ukraine
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Herr Frohnmaier, Sie reden hier so gerne von Diplomatie.
Was sagen Sie denn eigentlich genau dazu, dass Russland
die vorgeschlagene Waffenruhe zu Weihnachten ablehnt?
Sieht so Diplomatie aus? Das sind die Fakten - Fakten, die
man nachprüfen kann - und diese Fakten verschweigen Sie
gerne, weil es nicht in Ihr Narrativ passt.
Jetzt gerade sitzen die Menschen in der Ukraine im Kalten.
Kinder, ihre Eltern und Großeltern – sie müssen ohne
Heizung durch den Tag kommen. Bei dieser Kälte. Und heute
Abend sitzen sie auch wieder im Dunkeln.
Russland hat über die Hälfte der Energieversorgung der
Ukraine zerstört oder beschädigt. Und seit Oktober hat
Russland die Angriffswellen auf die Energieinfrastruktur
nochmal verstärkt. Mitten im Winter leiden die Menschen in
allen Landesteilen der Ukraine immer wieder unter
stundenlangen Strom- und Heizungsausfällen.
Für uns hier in Deutschland ist es unvorstellbar, in dieser
kalten und dunklen Jahreszeit kein Licht zu haben. Keinen
Strom. Keine warme Dusche. Keine Heizung.
Unvorstellbar, die eigenen Kinder nicht warmzukriegen.
Zu frieren, und gleichzeitig Angst zu haben vor weiteren
Angriffen.
Und trotzdem weiterzumachen. Weiter zur Arbeit zu gehen
und das Land am Laufen zu halten.
Das ist die Realität im vierten Kriegswinter in der Ukraine. Es
ist der schwerste Winter seit Kriegsbeginn. Denn Russland
setzt weiterhin alles daran, die ukrainische Bevölkerung zu
zermürben.
In dieser Situation lässt Deutschland die Ukrainerinnen und
Ukrainer nicht alleine.
Wir leisten ganz konkrete Winterhilfe.
Wir unterstützen die dezentrale Energie- und
Wärmversorgung in der Ukraine.
Dafür stellt das BMZ zusätzliche Mittel bereit. Ich danke den
Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, dass
wir das gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
Mit den zusätzlichen Mitteln unterstützen wir 2,6 Millionen
Ukrainerinnen und Ukrainer bei kurzfristiger Wärme-, Wasser-
und Stromversorgung. In ihren Wohnungen. In den
Krankenhäusern. In Schulen und Kindergärten. In den
Betrieben und Fabriken.
Wir liefern dafür Heizkessel, Pelletanlagen und
Blockheizkraftwerke, die auch dann Strom und Wärme liefern,
wenn die zentrale Energieversorgung nicht läuft. Hinzu
kommen Ersatzteile für zerstörte Anlagen. Und
Schutzvorrichtungen, die Umspannwerke vor Drohnen
schützen.
Diese Technik wird vor allem von deutschen Unternehmen
geliefert. Rund 65 Prozent der Aufträge aus dieser ganz
konkreten Ukraine-Winterhilfe gehen an die deutsche
Wirtschaft. Und über 20 Prozent gehen an Unternehmen aus
anderen EU-Ländern.
Denn: Der Wiederaufbau der Ukraine muss und wird ein
europäischer sein.
An diesem Wiederaufbau arbeitet die Bundesregierung und
arbeite ich als Entwicklungsministerin schon jetzt.
Dabei sind zwei Dinge entscheidend:
Erstens muss Russland für die Kriegsschäden bezahlen.
Dazu gehört auch, dass die eingefrorenen russischen
Vermögenswerte für den Wiederaufbau genutzt werden.
Und zweitens ist klar, dass der Wiederaufbau nicht allein mit
öffentlichen Mitteln zu stemmen ist. Dafür braucht es auch
private Investitionen. Daran arbeitet die Bundesregierung
gemeinsam mit der Ukraine und unseren europäischen
Partnern.
Zum Beispiel mit dem europäischen Ukraine-
Wiederaufbaufonds, den wir gemeinsam in diesem Jahr auf
den Weg gebracht haben.
Wichtig dabei ist: Damit der Wiederaufbau funktioniert und
Investitionen ins Land kommen, braucht es auch Reformen
und Transparenz in der Ukraine. Das weiß die ukrainische
Regierung. Und das spreche ich in meinen Gesprächen mit
den ukrainischen Partnern jedes Mal klar an.
Aber noch etwas ist ganz entscheidend, wenn es um die
Unterstützung für die Ukraine geht: Das Engagement der
vielen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und
Kommunen hier in Deutschland, die sich für die Ukraine
einsetzen.
Viele von ihnen engagieren sich auf der vom
Entwicklungsministerium geschaffenen Plattform
Wiederaufbau Ukraine. Inzwischen sind es mehr als 1.500
Organisationen aus ganz Deutschland. Sie vernetzen sich.
Und sie bringen gemeinsam Ideen auf den Weg, um das
Leben der Menschen in der Ukraine zu verbessern.
Wie die mehr als 250 ukrainischen und deutschen
Kommunen, die enge Partnerschaften geknüpft haben.
Das zeigt, wie viel Solidarität es weiterhin gibt.
Bei meinem Besuch in der Ukraine habe ich Kinder aus dem
Ort Hostomel in der Nähe von Kyjiw kennengelernt. Sie leben
mit der ständigen Angst, dass sie oder ihre Liebsten sterben.
Ihre Väter sind an der Front. Sie haben ständig Angst vor
dem Luftalarm. Für sie ist es Normalität, dass sie während
ihrer Schulzeit jeden Tag mindestens einmal in den Bunker
gehen müssen. Dass sie zeitweise ohne Strom oder Heizung
in die Schule gehen müssen.
Ich habe diese Kinder trotzdem als konzentriert und neugierig
erlebt. Und das, obwohl in ihrem Land der Krieg tobt. Obwohl
Bomben fallen. Obwohl tagtäglich weiterhin Drohnen und
Raketen fliegen. Es ist ein Krieg, der nicht ihr Krieg ist. Den
sie nicht verursacht haben. Den sie aber doch jeden Tag
ertragen müssen. Unter dem sie jeden Tag leiden.
Völlig klar ist: Dieser Krieg muss enden.
Und ein Ende des Krieges kann es nur mit der Ukraine, nur
mit Europa geben.
Die Bundesregierung hat in dieser Woche die Ukraine, die
europäischen Partner und die USA zu Gesprächen hier in
Berlin zusammengebracht. Um einem langfristigen Frieden
näher zu kommen.
Wir haben damit gezeigt: Deutschland und Europa stehen
fest an der Seite der Ukraine.
Gemeinsam setzen wir uns für eine starke, unabhängige und
europäische Ukraine ein.
Die Ukraine verteidigt auch unsere Sicherheit hier in Europa.
Sie verteidigt auch unseren Frieden.
Auf unsere Unterstützung kann sich die Ukraine dabei
verlassen.
Vielen Dank.