5. Dezember 2019 Finanzielle Teilhabe – auch dort, wo es keine Geldautomaten gibt

Gastbeitrag von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in der der Zeitschrift „Sparkassen-Magazin“

Jeder Dritte auf der Welt hat keinen Zugang zum Finanzsystem. 1,7 Milliarden Erwachsene auf der Welt besitzen kein Bankkonto. 350 Millionen Unternehmen, vor allem kleine Betriebe, kommen nicht an dringend benötigte Kredite. Diese Menschen haben gar nicht erst die Chance, sich aus eigener Kraft ein besseres Leben zu schaffen. Denn ihnen fehlen das nötige Kapital und die notwendigen Rücklagen für den Aufbau einer eigenen wirtschaftlichen Existenz.

Im 18. Jahrhundert wurden Sparkassen genau für diese Gruppe von Menschen und Unternehmen gegründet: Kleinanleger und kleine Unternehmen. Der Grundgedanke dabei ist bis heute: Jeder Mensch soll sparen und sich absichern können; Unternehmen der Region sollen sich entwickeln können. Sparkassen sind regional ausgerichtet und nutzen lokales Know-how – das ist ihr Erfolgsmodell.

Zusammen mit der Sparkassenstiftung fördern wir seit über 25 Jahren weltweit finanzielle Teilhabe. In über 90 Ländern haben sich Sparkassen bereits engagiert. Wir schaffen gemeinsam Lösungen für Menschen, die sonst keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen bekämen, sei es durch den Aufbau von Strukturen vor Ort oder aber mobil.

Beispielsweise in einem Projekt in Uganda zu sozial benachteiligten Personen und finanzieller Grundbildung: Hier erhalten die Haushalte Informationen darüber, wie sie Finanzdienstleistungen nutzen, Ersparnisse bilden oder Kredite aufnehmen können. Das Projekt stärkt außerdem Mikrofinanzinstitutionen im Land und fördert berufliche Bildung im Mikrofinanzsektor, etwa durch den Aufbau eines Trainingszentrums.

Oder in einem Projekt auf den Philippinen: Dort ist die CARD SME Bank aus der Mikrofinanzinstitution CARD hervorgegangen. Das Projekt unterstützt die Bank bei einer professionellen, effizienten Aufbau- und Ablauforganisation, um auch ein Angebot für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen.

Das mobile Bezahlsystem aus Kenia, M-Pesa, zeigt schon seit Jahren: Mobile Konten und Geldtransfers per Handy ermöglichen Konsum und Absicherung und können so Leben verändern. Knapp 200.000 Haushalte konnten sich dadurch aus der Armutsfalle befreien!

Darüber hinaus hat die Sparkassenstiftung eine Hochschulkooperation zwischen meiner Heimatstadt Kempten und Kigali, der Hauptstadt von Ruanda, ins Leben gerufen. Sie soll den Austausch von Studenten, die gemeinsame Forschung und Lehre ermöglichen. So teilen wir Wissen und vermehren es!

Zudem engagieren wir uns gemeinsam für Klimaschutz. Ich freue mich, dass die Sparkassenstiftung einer der ersten Unterstützer unserer Allianz für Entwicklung und Klima ist. Das Prinzip der Allianz: Unternehmen, Behörden, Vereine oder Privatpersonen stellen sich klimaneutral. Emissionen, die sich im Alltag nicht vermeiden lassen, werden kompensiert. Damit mobilisieren wir zusätzliche Gelder für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Bereits jetzt sind fast 450 Unternehmen, Behörden und Nichtregierungsorganisationen klimaneutral – neben der Sparkassenstiftung heute schon sechs Sparkassen, in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.

Nachhaltigkeit ist heute nicht mehr nur ein Schlagwort. Mit der Agenda 2030 haben vor fünf Jahren alle Staaten der Welt 17 Ziele vereinbart: für ein Leben in Würde für alle Menschen innerhalb der Grenzen des Planeten.

Deshalb ist es gut, dass immer mehr Geldinstitute und Versicherungen ihr Portfolio auf nachhaltige und sozial faire Geldanlagen umstellen. Sie erkennen: klimaschädliche, unethische Anlagen bergen Risiken – und sei es nur, weil sie in ein paar Jahren nicht mehr nachgefragt sind. Schon heute sagen 75 Prozent der europäischen Anleger, dass ihnen Nachhaltigkeit bei der Geldanlage wichtig sei. Hier können die Sparkassen einen wichtigen Beitrag leisten. Sie können Vorbild sein für einen nachhaltigen Finanzmarkt mit attraktiven Anlageprodukten.

Ich bin mir sicher: Gemeinsam können wir mehr leisten, die Finanzsysteme nachhaltig gestalten und die Agenda 2030 umsetzen.