21. Mai 2019 Anpassung zahlt sich aus!
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Generalsekretär Ban Ki-Moon,
sehr geehrte Frau Dr. Kristalina Georgieva,
Exzellenzen, sehr geehrte Kommissionsmitglieder,
ich möchte Sie herzlich im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur zweiten Arbeitssitzung der Globalen Anpassungskommission begrüßen.
Es ist kein Zufall, dass wir uns heute hier – im Entwicklungsministerium – treffen. Denn Anpassung an den Klimawandel wird zu einem Muss für unsere Partnerländer, wenn sie dauerhaft Entwicklungserfolge erzielen wollen.
2019 ist ein entscheidendes Jahr für den Klimaschutz und die Erreichung der SDGs. Und es muss ein erfolgreiches werden! Denn sonst verpassen wir die Chance, für unsere Kinder und Enkelkinder eine sichere, lebenswerte Zukunft zu erreichen. Um nichts weniger geht es beim Klima- und SDG-Gipfel im kommenden September.
Nach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen bei der jüngsten Klimakonferenz in Katowice zum Regelbuch von Paris geht es nun darum, das Übereinkommen von Paris umzusetzen und seine Zielsetzung – Begrenzung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad – zum Maßstab unseres Handelns zu machen. Dafür gehen jeden Freitag weltweit Tausende von jungen Menschen auf die Straße – denn es ist ihre Zukunft, die auf dem Spiel steht.
In der letzten Woche wurde ein weiteres Mal eine Rekord-CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre gemessen. Eine ähnlich hohe CO2-Konzentration liegt zwei bis drei Millionen Jahre zurück, als die Temperatur um zwei bis drei Grad Celsius und der Meeresspiegel um zehn bis zwanzig Meter höher gewesen sind.
Wir können den Wettlauf gegen den Klimawandel noch gewinnen. Aber wir müssen nun in den Aktionsmodus treten. Als Kommission insgesamt wie auch als einzelne Mitglieder dieser Kommission haben wir eine Verantwortung. Wir müssen dafür eintreten, dass alle Staaten ihre Klimaschutzanstrengungen erhöhen und spätestens im nächsten Jahr ambitioniertere Klimabeiträge vorlegen.
Auch Deutschland hat hier Aufgaben zu erledigen: Wir haben den Kohleausstieg vereinbart, jetzt müssen wir ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen. Bundeskanzlerin Merkel hat letzte Woche beim Petersberger Klimadialog angekündigt, dass sie prüfen wird, wie Deutschland bis zum Jahr 2050 klimaneutral wird. Es geht also nicht mehr um das ob, sondern um das wie. Das Entwicklungsministerium geht voran: wir stellen uns bis 2020 klimaneutral. Zusätzlich zu unseren staatlichen Anstrengungen mobilisieren wir weitere freiwillige Mittel für Klimaschutz in Entwicklungsländern über unsere Allianz für Entwicklung und Klima.
Klimawandel findet bereits statt – viele Menschen in Entwicklungsländern sind täglich davon betroffen. Die Zahlen der Weltbank sind uns allen bekannt: Ohne entschlossenes Gegensteuern werden in zehn Jahren 100 Millionen mehr Menschen in extremer Armut leben müssen.
Die bereits jetzt absehbaren Folgen für die Ernährungssicherung wie die Wasserversorgung sind erschreckend. Anpassung an den Klimawandel wird damit immer wichtiger!
Ich habe für die politische und operative Arbeit meines Hauses in dieser Legislaturperiode drei große Schwerpunkte gesetzt: die Fortführung des Kampfes gegen den Hunger; die Bekämpfung des Klimawandels und der Schutz der Menschen gegen seine Folgen, sowie der faire und nachhaltige Umbau von globalen Lieferketten.
Diese Programmatik ist deckungsgleich mit den Zielen der Globalen Anpassungskommission.
Unser finanzieller Beitrag zu Klimaschutz und Anpassung betrug 2017 3,65 Milliarden Euro. Die Bundeskanzlerin hat letzte Woche nochmals bestätigt, dass wir uns bis nächstes Jahr vier Milliarden Euro – die Verdopplung unserer öffentlichen Klimafinanzierung seit 2014 – vorgenommen haben. Den deutschen Beitrag zur Wiederauffüllung des Grünen Klimafonds wollen wir ebenfalls – auf 1,5 Milliarden Euro – verdoppeln.
Rund 40 Prozent unserer bilateralen Klimafinanzierung gehen in Anpassung. Ziel ist es, Anpassung und Klimaschutz in gleichem Umfang zu fördern. Klimaschutz und -anpassung werden bereits heute in quasi allen Länderprogrammen des BMZ gefördert.
Mit G7 und G20 bringen wir ferner Klimarisikofinanzierung und -versicherungen voran. 2017 haben wir dazu eine Globale Partnerschaft mit den vulnerabelsten Ländern und der Privatwirtschaft gegründet.
Ein weiterer Schwerpunkt meiner Politik liegt auf klima-resilienter Landwirtschaft, einer agrarökologischen Wende, um Umwelt und Gesundheit zu schützen. So können wir für nachhaltige Ertrags- und Einkommenssteigerungen sorgen.
Was können und müssen wir besser machen, um Entwicklungschancen in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels zu erhöhen? Was bedarf es für „klimasichere Entwicklung“?
Wir brauchen risikobewusste Planung, um richtige Investitionsentscheidungen zu treffen. Wenn jährlich sieben Milliarden Dollar in Infrastruktur investiert werden, muss sie klimasicher sein. In Afrika wird in den nächsten zehn Jahren so viel gebaut wie in Europa in 100 Jahren.
Wir brauchen finanzielle Schutzschirme: Die Global Risk Financing Facility bei der Weltbank beispielsweise soll verwundbare Staaten dabei unterstützen, sich besser auf Klimarisiken vorzubereiten, zum Beispiel durch Versicherung kritischer öffentlicher Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen.
Und wir müssen den Klimawandel in allen Wirtschaftsbereichen berücksichtigen. Wir müssen gezielter Anpassung an den Klimawandel fördern. Das im Übereinkommen von Paris verankerte Anpassungsziel ist dafür ein wichtiger Schritt.
Der Bericht unserer Globalen Anpassungskommission kann die internationale Debatte und das Handeln beeinflussen. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel – besonders für die ärmsten und verwundbarsten Länder und Menschen.
Wir müssen uns auf die Chancen konzentrieren! Dann kann es uns gelingen, Anpassung ganz oben auf der globalen Agenda zu verankern.
Deutschland wird sich aktiv hieran beteiligen. Konkret wollen wir bis 2030 60 Millionen Kleinbauernfamilien helfen, „klimasicher“ zu werden. Über die Sonderinitiative „Eine Welt Ohne Hunger“ unterstützen wir sie dabei, ihre Erträge und Einkommen in der Landwirtschaft ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig zu steigern und so die Ernährung insgesamt zu verbessern.
Bis zum Klimagipfel werden wird einen zusätzlichen Beitrag über Mikroversicherungen für weitere Millionen von Kleinbauern erarbeiten.
Und auch die deutsche EU-Präsidentschaft 2020 bietet die Chance, dem Thema Anpassung und Resilienz gegenüber dem Klimawandel besonderes Gewicht zu geben.
Wir brauchen Klimaneutralität in Entwicklungsländern und massiven Ausbau erneuerbarer Energien. Entscheiden wird sich Klimafrage in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das heißt nicht, dass wir in den Industrieländern nicht einen besonderen Beitrag erbringen müssen. Aber dort findet das meiste Wachstum der Bevölkerung, der stärkste Ausbau von Infrastruktur, Verkehr, Energie statt.
Dazu brauchen wir Willen und Technologietransfer.
Wissen ist nicht genug. Wir müssen handeln.