29. November 2018 Rede von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller zur UN-Klimakonferenz 2018 in Katowice
Es gilt das gesprochene Wort!
Eine Videoaufzeichnung der Rede finden Sie hier (Externer Link).
Eine druckbare Version der Rede (PDF 109 KB) finden Sie hier (Externer Link).
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!
Neben der Ernährungsfrage ist der Klimaschutz die Überlebensfrage der Menschheit. Die Treibhausgasemissionen steigen weltweit. Das ist dramatisch. Deshalb muss Katowice eine Trendwende sein. Die Weltgemeinschaft muss die Vorgaben des Pariser Abkommens verbindlich einhalten und umsetzen. Derzeit erfüllen von 187 Ländern nur 17 ihre Zusagen. Auch Deutschland liegt zurück. Es gibt keinen Zweifel, dass wir hier ehrgeizig aufholen müssen.
Deutschland und Europa – deshalb spreche ich als deutscher Entwicklungsminister –, die Industrieländer insgesamt machen zehn Prozent der Menschheit aus und tragen zu 50 Prozent zu den Treibhausgasemissionen bei. Von den Folgen sind die Ärmsten auf dem Planeten am stärksten betroffen, die Entwicklungsländer. Wenn Sie mal wie ich an der somalischen Grenze sind – dort sterben Pflanzen, Tiere und Menschen – und mit Klimaflüchtlingen zusammensitzen und ihnen in die Augen schauen, dann möchten Sie nicht zum Klimaflüchtling werden, liebe Kollegen von der AfD.
Somalia, die Tschad-Region, Bangladesch: drei Jahre ohne Regen. In der Region gibt es bereits über 20 Millionen Klimaflüchtlinge. Deshalb übernehmen wir in Deutschland Verantwortung in der Klimapolitik. Das ist einer der zentralen Schwerpunkte deutscher Entwicklungspolitik.
Ich werde deshalb in Katowice – ihn möchte ich hier im Deutschen Bundestag einführen – einen Sieben-Punkte-Plan zum internationalen Klimaschutz vorstellen. Herr Lindner, Sie haben da einige wichtige Impulse gesetzt. Daran knüpfe ich direkt an.
Die staatlichen Vorgaben von Paris allein reichen nicht aus. Es wird ein riesiges Gap bleiben, selbst wenn alle Staaten diesen Pariser Klimavertrag einlösen. Wir müssen mehr tun. Wir müssen die Wirtschaft mitnehmen. Deshalb freue ich mich, dass ich gestern den Startschuss für die Allianz für Entwicklung und Klima geben konnte. Bereits 70 Firmen, Verbände, Institutionen wie SAP, die Munich Re, der NABU und hoffentlich auch bald der Deutsche Bundestag, streben an, sich klimaneutral zu stellen und, nachdem sie ihren Kohlendioxid-Ausstoß reduziert und vermieden haben, in den Entwicklungsländern zu kompensieren und zu investieren: in den Aufbau von erneuerbaren Energien, in Waldschutzprogramme, in Regenwaldprogramme, um dort den Einstieg in die Kohle zu verhindern und die Förderung von erneuerbaren Energien nach vorne zu bringen.
Wir brauchen zusätzlich private Investments in erneuerbare Energie in Entwicklungs- und Schwellenländern, in die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe. Der Klimaschutz entscheidet sich in Indien, Afrika, in den Schwellenländern, auch in China – jede zweite Woche wird dort ein Kohlekraftwerk in Betrieb genommen – und in Brasilien.
Weil hier die Steckdose angesprochen wurde: Sollte jeder Haushalt in Afrika und in Indien – wer kann das den Menschen dort verwehren – einen Anschluss an elektrische Energie bekommen – das wollen wir alle –, wären nach derzeitigem Stand mehr als 1.000 Kohlekraftwerke notwendig. Diese Länder setzen, so wir sie nicht unterstützen, auf Kohle, Öl und Gas. Dann gehen im Bundestag, Herr Präsident, bildlich gesprochen, die Lichter aus. Über den Klimaschutz wird in diesen Staaten entschieden. Wir entscheiden darüber, wie stark wir uns dort engagieren. Afrika sollte nicht der schwarze, sondern der grüne Kontinent der Bio- und erneuerbaren Energien werden.
Dieser Sieben-Punkte-Plan setzt auf globale Energiewende, Ausbau der erneuerbaren Energien, Technologietransfer, Waldschutz, Stärkung der Klimarisikoversicherung und die Verdoppelung des deutschen Beitrages für den Green Climate Fund auf 1,5 Milliarden Euro. Deshalb reise ich mit Kollegin Schulze nach Katowice. Wir kämpfen gemeinsam für diese Ziele.