26. Juni 2018 Grußwort von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller beim NABUsalon „Gönn Dir Garten“
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,
„Gönn' Dir Garten“ … Ihr Motto gefällt mir. Denn Gärten sind Urgrund der Menschheit! Denken Sie an den „Garten Eden“ – das Paradies. In Deutschland lebt fast jeder zweite mit einem Garten. Für uns bedeutet gärtnern „Lebensqualität“. In vielen Entwicklungsländern aber: „Überleben“! Doch auch wenn die meisten Menschen hierzulande nur noch zum Spaß gärtnern: Auch wir brauchen gesunde Böden, sauberes Wasser, Vielfalt von Tieren und Pflanzen für unsere Existenz.
Der Naturschutzbund NABU engagiert sich dafür seit fast 120 Jahren: Seit 1899 sind Sie eingetragener Verein, national mit 670.000 Mitgliedern, in 2.000 lokalen Gruppen und 80 Umweltbildungszentren. Der NABU ist eine wichtige Bürgerbewegung für einen besseren Umgang mit unserer Natur! Sie und Ihre Mitglieder haben enormes Know-how.
Der NABU ist darum seit über zehn Jahren für unsere Entwicklungszusammenarbeit wichtiger Partner. Wir haben gemeinsame Projekte in Äthiopien, Madagaskar und Kirgistan. Wir arbeiten für Artenschutz, nachhaltige Landwirtschaft, den Erhalt von Wäldern.
Zum Beispiel kooperieren wir mit dem NABU in Äthiopien am Tanasee. In der „Green your Garden Campaign“ pflanzen 200.000 Familien zwei Millionen Bäume in ihren Gärten. Damit verbessert sich die Fruchtbarkeit der Böden, Ernten werden verlässlicher. Im Kafa-Biosphärenreservat werden in Heimgärten Heilkräuter angebaut, klimaresistente Gemüsesorten und Kaffee.
Künftig wollen BMZ und NABU noch enger zusammenarbeiten, in einer Kompetenzpartnerschaft. Wir wollen Ihr Wissen, Ihre Erfahrung, Ihre technologischen Möglichkeiten nutzen für unsere Arbeit in Entwicklungsländern – bei Boden- und Meeresschutz, Schifffahrt und Fischerei, Artenvielfalt und Naturschutz. Ich könnte mir zum Beispiel Austauschprogramme in Sachen Naturschutz gut vorstellen.
Saubere Luft, Wasser, Böden, Artenvielfalt sind globale Güter und wichtiges Naturkapital. Am meisten leiden die Ärmsten, wenn dieses Kapital zerstört wird. Aber auch wir werden das spüren. Beispiel Insektensterben, das auch NABU beschäftigt: Der globale ökonomische Nutzen der Bestäubung von Agrarpflanzen durch Bienen und Insekten wird auf weit über 150 Milliarden Euro geschätzt. Natur wertzuschätzen und zu schützen ist darum auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit!
Wir müssen dreifach umdenken: Wir brauchen erstens ein neues Wachstumsverständnis. Und das heißt: ehrlich rechnen. Es ist doch absurd, dass das BIP zum Beispiel nach einer Umweltkatastrophe steigt, durch die Reparaturen. Naturverbrauch muss auf die Preisschilder!
Wir müssen zweitens die Wirtschaft in Kreisläufen denken. Denn Abfall ist Rohstoff. Es gibt bereits Sportschuhe aus Meeresmüll. Vielleicht stammen die Bestandsteile sogar aus dem NABU-Projekt „Fishing for litter“. Nachhaltigkeit wird zum Geschäftsmodell. Aber: Da ist noch Luft nach oben: Das muss mit weniger Verpackung und mehr Recycling gehen.
Und drittens brauchen wir eine gerechte Globalisierung: mit Fairem Handel, internationalen Umwelt- und Sozialstandards und konsequentem Klimaschutz. Und wir müssen bei unserem Konsum anfangen.
Leben ist lokal, Überleben ist global! Diese Erkenntnis schlägt sich in der Agenda 2030 und den 17 SDGs nieder. Ich freue mich, dass Sie eine Kampagne zu den SDGs planen – denn sie gehen uns alle an. Wir wollen gemeinsam mit dem NABU dafür arbeiten.
Wir wollen Naturkapital erhalten, hier und in Entwicklungsländern. Denn ohne Natur keine Luft zum Atmen, keine Ernährung, aber auch keine wirtschaftliche Tätigkeit, kein technologischer Fortschritt. Faire globale Lieferketten sind ein Teil davon. Ich freue mich über Ihre Bereitschaft, im Textilbündnis zusammenzuarbeiten.
Wir brauchen die kritische Stimme vom NABU. Sie machen Druck auf die Wirtschaft und sensibilisieren die Öffentlichkeit. Das hilft auch uns bei unserer Arbeit!