Minister Müller zu Flüchtlingszahlen Traurigen Höchststand erreicht – Flüchtlinge besonders von Corona betroffen – 90 Prozent flüchten in Entwicklungsländer

Bun­des­ent­wick­lungs­mi­nis­ter Gerd Mül­ler beim Be­such des Flücht­lings­la­gers Ku­tupa­long in Cox Ba­zar, Ban­gla­desch. Dort le­ben rund 800.000 Mit­glie­der der Ro­hin­gya, die aus Myan­mar ge­flo­hen sind oder ver­trie­ben wur­den.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller beim Besuch des Flüchtlingslagers Kutupalong in Cox Bazar, Bangladesch. Dort leben rund 800.000 Mitglieder der Rohingya, die aus Myanmar geflohen sind oder vertrieben wurden.

Bun­des­ent­wick­lungs­mi­nis­ter Gerd Mül­ler beim Be­such des Flücht­lings­la­gers Ku­tupa­long in Cox Ba­zar, Ban­gla­desch. Dort le­ben rund 800.000 Mit­glie­der der Ro­hin­gya, die aus Myan­mar ge­flo­hen sind oder ver­trie­ben wur­den.

19. Juni 2020 | Die Zahl der Geflüchteten und Vertriebenen ist weltweit im vergangen Jahr weiter gestiegen. Aktuell sind laut UNHCR 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht vor Konflikten, Krieg und Gewalt – deutlich mehr Menschen als im Vorjahr. Davon sind 46 Millionen Menschen Binnenvertriebene innerhalb ihres eigenen Landes.

Dazu Entwicklungsminister Gerd Müller:

„Die Flüchtlingszahlen haben erneut einen traurigen Höchststand erreicht. Weltweit sind fast 80 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie nie zuvor. Die Zahl der Vertriebenen hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt und Corona wird diese Entwicklung noch beschleunigen. Das zeigt sich besonders in Lateinamerika und der Sahelregion. Alleine in Burkina Faso dürfte die Zahl der Binnenvertriebenen in diesem Jahr auf bis zu eine Million Menschen ansteigen. Für viele Flüchtlinge ist die Corona-Krise bereits eine dramatische Hungerkrise. 80 Prozent der Flüchtlinge sind in Regionen, wo die Ernährungslage sehr kritisch ist, wie in Jemen oder der Sahelregion.

Menschen auf der Flucht sind auch besonders hart von der Corona-Pandemie getroffen: Durch Grenzschließungen können viele von ihnen kein sicheres Aufnahmeland mehr erreichen – Menschenhändler profitieren auf abscheuliche Weise davon. Auch in den Lagern sind die Zustände katastrophal: Händewaschen, Abstand zu anderen, mit dem Ersparten über die Runden kommen – all das ist für Flüchtlinge nicht möglich. In den Flüchtlingslagern der Rohingya in Cox's Bazar: In dem Camp gibt es kein fließendes Wasser, keine Kläranlage – das Abwasser läuft mitten durchs Camp. Jetzt gibt es schon erste Todesfälle infolge eines Corona-Ausbruchs im Camp.

Wir haben unmittelbar mit einem weltweiten Corona-Sofortprogramm reagiert. Damit unterstützen wir vor allem Menschen in Flucht- und Krisenregionen. Denn wir dürfen nicht vergessen: 90 Prozent der Flüchtlinge werden von Entwicklungsländern aufgenommen, die sich offen zeigen.

Im Irak bauen wir etwa sechs Behelfskrankenhäuser für 14.000 Patienten. Damit verdoppeln wir die intensivmedizinischen Kapazitäten im Land. In Äthiopien stellen wir Textilfabriken auf die Produktion von Millionen Schutzmasken um. Zehntausende Näherinnen bleiben so in Arbeit. Und wir sagen 19 Millionen Euro für Ernteausfallversicherungen zu und unterstützen so Millionen Kleinbauern, durch die Krise zu kommen.

Auf Vorschlag des Finanzministers wurde mit dem Nachtragshaushalt 2020 auch der Ausbau unseres weltweiten Corona-Sofortprogramms um drei Milliarden Euro für dieses und nächstes Jahr beschlossen. Darüber freue ich mich. Deutschland setzt so ein wichtiges Zeichen der Solidarität und wird damit seiner Verantwortung in der Welt gerecht.“

Hier Beispiele für das durch das Corona-Programm verstärkte Engagement in Flucht- und Krisenregionen:

  • Ausbau der Unterstützung in unterschiedlichen afrikanischen Flüchtlingsregionen: In Somalia, Mali und der Zentralafrikanischen Republik helfen wir beim Bau von sanitären Anlagen und Hygienekampagnen in Flüchtlingssiedlungen. Im Sudan unterstützen wir lokale, von Frauen geführte Unternehmen, die Schutzmasken herstellen. Mehr als 300 Frauen werden so etwa 1,5 Millionen Masken herstellen. Und in Burkina Faso versorgen wir Landwirte mit Dünger, um die Ernten zu sichern.
  • In den Flüchtlingscamps der Rohingya in Bangladesch, wo eine Million Menschen unter schlimmsten Bedingungen leben, haben wir unser Engagement mit UNICEF ausgeweitet. Wir bauen Sanitär- und Kläranlagen und sorgen dafür, dass die Menschen Hygienemaßnahmen umsetzen können und medizinische Betreuung erhalten. Über 2.000 besonders arme Haushalte in den aufnehmenden Gemeinden erhalten derzeit Geldtransfers, da ihre Einkommen wegen der Pandemie weggebrochen sind.
  • Stärkung der Hilfe für aus Venezuela geflüchtete Menschen: Im kolumbianischen Grenzgebiet stellen Experten der Charité 80.000 COVID-19-Tests zur Verfügung, mit denen die besonders gefährdeten Flüchtlinge und Migranten getestet werden. Die Epidemiologen konnten dank unserer „Schnell einsetzbaren Expertengruppe Gesundheit“ (SEEG) schnell vor Ort sein.
  • Stärkung der medizinischen Versorgung in Irak: Das BMZ investiert in den Aufbau von bis zu sechs voll ausgestatteten Behelfskrankenhäusern, in denen 14.000 Menschen pro Jahr behandelt werden können. Die intensivmedizinischen Kapazitäten im Land werden verdoppelt und medizinisches Fachpersonal geschult. Nach Corona können die Krankenhäuser weiterhin genutzt werden.
  • Stärkung von Aufnahmeländern, Beispiel Äthiopien: In unserem Reformpartnerland, das über 750.000 Flüchtlinge aufgenommen hat, sind die Exporte nach Europa um ein Drittel eingebrochen. Viele Millionen Menschen rutschen in Armut ab und die großartigen Entwicklungserfolge der letzten Jahre sind in Gefahr. Deswegen unterstützt das Ministerium Äthiopien zusätzlich mit über 120 Millionen Euro bei der Pandemiebekämpfung. So können weiter Gehälter gezahlt, medizinische Güter beschaffen und Unternehmen beim Erhalt der Arbeitsplätze unterstützt werden. Ganz konkret werden die Jobs von tausenden Näherinnen gesichert, indem Experten helfen, die Produktion auf Schutzmasken umzustellen. Fünf Millionen Schutzmasken und 20.000 Feldbetten werden so produziert.