Reise nach Jordanien Entwicklungsministerium gibt Mittel für UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge frei

Pressemitteilung vom 7. November 2023 | Nach dem brutalen Angriff der Terrorgruppe Hamas auf Israel am 7. Oktober hatte Entwicklungsministerin Svenja Schulze eine Überprüfung des deutschen Entwicklungs-Engagements in den palästinensischen Gebieten angekündigt. Diese Prüfung ist angesichts der fragilen Lage in der Region noch nicht vollständig abgeschlossen. Mit Blick auf die wachsende Not der Menschen im Gaza-Streifen und die zunehmend instabile Lage in einigen Nachbarländern wurde aber die weitere Unterstützung des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) prioritär geprüft.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze im Gespräch mit UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini in Amman, Jordanien
Entwicklungsministerin Svenja Schulze im Gespräch mit UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini in Amman, Jordanien 

Als erstes Teilergebnis hat die Ministerin entschieden, bereits eingeplante Zusagen in Höhe von 71 Millionen Euro für das UNRWA freizugeben und zusätzliche 20 Millionen Euro neu zur Verfügung zu stellen. In einem ersten Schritt sollen aus diesen 91 Millionen Euro Maßnahmen finanziert werden, die die Basisversorgung der vertriebenen Menschen im Gaza-Streifen aufrechterhalten und die palästinensischen Flüchtlinge in Jordanien unterstützen. Das gab Ministerin Schulze heute nach einem Gespräch mit UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini in Amman bekannt. Schwerpunkte des mit deutschen Entwicklungsgeldern finanzierten UNRWA-Engagements im südlichen Gaza-Streifen sind die dauerhafte Versorgung der Zivilbevölkerung mit Trinkwasser, sowie Hygiene und Sanitäranlagen in Notunterkünften für innerhalb des Gaza-Streifens vertriebene Menschen.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze: „Der brutale Hamas-Angriff gegen Israel schadet auch in großem Maße der palästinensischen Bevölkerung. Wir sehen das große Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza und wollen es lindern. Dabei gilt es, schon heute an die hoffentlich nicht mehr ferne Zeit nach dem Krieg zu denken. Dann wird es Institutionen im Gaza-Streifen geben müssen, die sich wirklich um die Menschen kümmern. Das UN-Hilfswerk UNRWA ist der wichtigste Partner für die Versorgung der Menschen im Gaza-Streifen. Diese Organisation dürfen wir nicht aufgeben, wenn es eine friedliche Zukunft für Israel und die palästinensischen Gebiete geben soll. Das ist auch im Sicherheitsinteresse von Israel und für Millionen Menschen in den palästinensischen Gebieten, die in Frieden leben wollen. Deutschland wird hier seinen Anteil leisten. Das gilt nicht nur für die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen, sondern auch für Jordanien, das seit Jahrzehnten Millionen palästinensischer Flüchtlinge aufgenommen hat.“

UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini: „Wir danken Deutschland für seine großzügige Unterstützung für UNRWA und unsere Arbeit. Deutschland ist bereits lange ein wichtiger Partner für UNRWA. Der deutsche Beitrag kommt zur richtigen Zeit, denn UNRWA leistet derzeit dringend benötigte Hilfe in Gaza für die Zivilbevölkerung in Not. Die Unterstützung wird auch der Arbeit von UNRWA in Jordanien zugutekommen. UNRWA betont erneut, dass der Beitrag für UNRWA ausschließlich für palästinensische Flüchtlinge und Menschen in Not verwendet wird.“

Das UNRWA versorgt seit 1949 gemäß seines von der UN-Generalversammlung erteilten Mandats 5,9 Millionen registrierte Palästina-Flüchtlinge mit Gesundheitszentren, Schulen, Trinkwasser, beruflicher Weiterbildung und weiterer Basisversorgung (unter anderem Abfallentsorgung). Die Organisation mit 30.000 Mitarbeitenden ist nicht nur im Gaza-Streifen aktiv, sondern auch im Westjordanland, in Jordanien, Syrien und im Libanon, wo ebenfalls seit Jahrzehnten Millionen palästinensische Flüchtlinge leben. Gerade in Regionen wie im Gaza-Streifen, wo die terroristischen Hamas-Machthaber nicht für eine Zusammenarbeit infrage kommen, ist UNRWA zentraler Akteur und Ansprechpartner für Deutschland und andere Geber. Allerdings befindet sich die Organisation auch angesichts der aktuellen Eskalation in einer finanziell prekären Lage.

Das Auswärtige Amt, das in der Bundesregierung federführend für UNRWA ist, hatte im Oktober bereits zusätzliche Mittel für humanitäre Hilfe über UNRWA zugesagt. Damit werden zum Beispiel Lebensmittel- und Trinkwasserlieferungen finanziert. Die Entwicklungsgelder des BMZ wiederum gehen in die Reparatur von Infrastruktur wie Wasserleitungen, in Beschäftigungsförderung, Schulen, Krankenhäuser oder psychosoziale Angebote. Die Lieferung von Wasser per Lastwagen kann auf Dauer nicht ausreichen, um mehr als zwei Millionen Menschen im Gaza-Streifen zu versorgen. Nötig sind zum Beispiel auch Wasserleitungen und Wasseraufbereitungsanlagen, die eine dauerhafte Versorgung ermöglichen.

Die nun für 2023 insgesamt zugesagten 91 Millionen Euro kann das UNRWA zunächst für Hilfen im südlichen Gaza-Streifen sowie in Jordanien einsetzen. Konkret geht es derzeit unter anderem darum, die 1,4 Millionen in den südlichen Teil des Gaza-Streifens geflüchtete Menschen mit Trinkwasser zu versorgen sowie die Hygiene und Sanitäranlagen in Notunterkünften zu verbessern. Zusätzlich werden auch bereits laufende Vorhaben mit UNRWA entsprechend umgestellt, um auf die neue Notlage zu reagieren.

In Jordanien geht es unter anderem darum, mit Investitionen in Schulen, Krankenhäuser und Beschäftigungsmöglichkeiten einen Beitrag zur Stabilisierung der Lage in den dortigen Flüchtlingslagern zu leisten.

Mittel an UNRWA unterliegen einem mehrstufigen Kontrollsystem. Damit wird sichergestellt, dass Mittel direkt bei den Bedürftigen ankommen und nicht in die Hände der Hamas oder anderer Terrororganisationen gelangen. Diese Kontrollen umfassen sowohl die Mitarbeitenden von UNRWA, als auch Partnerorganisationen, Baufirmen und Lieferanten. Bei der Projektumsetzung finden kontinuierlich Fortschrittskontrollen vor Ort statt, um festzustellen, dass die Materialien auch an ihrem Bestimmungsort landen. Israelische Behörden sind bei der Umsetzung in den Palästinensischen Gebieten eng eingebunden, in Gaza etwa bei der Genehmigung von Materialeinfuhren.

Update vom 23. November 2023

Als weiteres Teilergebnis der Überprüfung hat das BMZ am 22. November 2023 entschieden, dass das UNRWA die vom BMZ zur Verfügung gestellten Mittel in all seinen Einsatzgebieten verwenden kann, also neben Jordanien auch im Westjordanland sowie in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon und vereinzelt auch Syrien. Ausgenommen bleiben aufgrund der derzeitigen Situation längerfristige entwicklungspolitische Maßnahmen über das UNRWA im Gaza-Streifen.

Außerdem sollen laufende Vorhaben der Übergangshilfe weitergeführt und umgesteuert werden: Im Gaza-Streifen sollen sie den Schwerpunkt auf die Basisgrundversorgung in der aktuellen Kriegs- und Vertreibungssituation legen. Konkret geht es etwa darum, über das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) Traumatherapie für Kinder anzubieten und Notunterkünfte einzurichten. Über das Deutsche Rote Kreuz und die Palästinensische Rothalbmond-Bewegung sollen das Katastrophenmanagement gestärkt und die Ersthelferkapazitäten in der Zivilbevölkerung erweitert werden. Das UN-Welternährungsprogramm unterstützt vor allem bei der Sicherung der Ernteerträge. in Im Westjordanland soll der Fokus der weitergeführten und umgesteuerten Vorhaben auf der sozialen Kohäsion liegen, um in der aktuell angespannten politischen Lage zu Deeskalation beizutragen.