Statement Entwicklungsministerin Schulze zur Annahme der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte durch den Ministerrat

16. Mai 2023 | Nach dem EU-Parlament hat heute auch der Rat der Mitgliedstaaten der neuen EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte zugestimmt, wonach unter anderem Palmöl, Kaffee, Kakao und Soja nur eingeführt werden dürfen, wenn deren Erzeugung nicht auf nach Dezember 2020 gerodeten Waldflächen erfolgte. Damit tritt die Verordnung im Juni in Kraft und wird nach einer Übergangszeit für Unternehmen, die relevante Produkte im EU-Binnenmarkt anbieten, verbindlich.

Dazu erklärt Entwicklungsministerin Svenja Schulze:

„Wir haben heute gemeinsam in der EU einen Meilenstein zum weltweiten Schutz der Wälder gesetzt. Auch wir in Europa tragen mit unserem Konsum zur Abholzung von Wäldern in Afrika, Südamerika und Südostasien bei. Das wollen wir mit der neuen EU-Verordnung ändern. Aber die Arbeit ist mit dem heutigen Beschluss nicht beendet. Jetzt kommt es darauf an, die neuen Regeln entwicklungspolitisch zu flankieren und gemeinsam mit unseren Partnern Lieferketten zu sichern, die nicht auf Waldrodung beruhen. Unser Ziel ist nicht weniger Handel, sondern fairerer Handel. Wir dürfen die Menschen in den Erzeugerländern mit der neuen Gesetzgebung nicht allein lassen. Darum unterstützen wir gerade Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dabei, ohne Entwaldung zu produzieren und das auch nachzuweisen.“

Hintergrundinfos zur Verordnung

Funierproduktion in Kamerun

Rund 90 Prozent der Entwaldung sind auf die Ausweitung der Landwirtschaft zurückzuführen. Die EU ist nach China der zweitgrößte Importmarkt entwaldungstreibender Agrarrohstoffe, zum Beispiel Palmöl, Soja, Kakao, Kaffee oder Naturkautschuk. Die Verordnung soll sicherstellen, dass in der EU konsumierte Agrarrohstoffe nicht zu Entwaldung oder Waldschädigung im Produktionsland nach 2020 geführt haben und unter Einhaltung internationaler Menschenrechte sowie relevanter Gesetze der Produktionsländer zum Beispiel zu Landrechten und Umweltschutz produziert wurden. Sie wird für Soja, Rindfleisch, Palmöl, Kakao, Kaffee, Naturkautschuk und Holz sowie bestimmte daraus hergestellte Produkte wie Leder, Schokolade und Möbel gelten. Dazu müssen nach einer Übergangszeit größere Unternehmen ab Dezember 2024 (Übergangszeit 18 Monate) und kleinere und Kleinstunternehmen ab Juni 2025 (Übergangszeit 24 Monate) festgelegte Sorgfaltspflichten zum Walderhalt erfüllen, wenn sie die genannten Produkte auf dem EU-Markt verkaufen wollen.

Sie finden die Verordnung unter: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/PE-82-2022-INIT/en/pdf (Externer Link).

Beispiele des deutschen Engagements für entwaldungsfreie Lieferketten im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit

  • Unmittelbar zur Unterstützung von Partnerländern bei der Umsetzung der neuen EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten hat das Entwicklungsministerium (BMZ) gemeinsam mit der Europäischen Kommission ein neues Projekt initiiert. Mit einer Investition von über 25 Millionen Euro werden zentrale Produzentenländer wie Brasilien, Ecuador, Sambia und Indonesien unterstützt, die notwendigen Rahmenbedingungen zur Umsetzung von entwaldungsfreien Lieferketten aufzubauen und die bestehenden Strukturen zu stärken.
  • In den Partnerländern Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Côte d’Ivoire, Äthiopien und Indonesien fördert das BMZ bereits konkrete Maßnahmen für eine nachhaltige Landnutzungsplanung mit Walderhalt, unterstützt die Lebensgrundlage und Rechte von lokalen, indigenen Gemeinschaften und arbeitet mit dem Privatsektor an entwaldungsfreien und rückverfolgbaren Agrarlieferketten.
  • Zudem fördert das BMZ Multistakeholder-Partnerschaften auf internationaler Ebene wie die Tropische Waldallianz (TFA) oder die deutschen Foren für nachhaltigen Kakao und nachhaltiges Palmöl.
  • Zur Unterstützung von Unternehmen finanziert das BMZ derzeit die Entwicklung eines „OECD-FAO-Handbuchs zu Sorgfaltspflichten für entwaldungsfreien Lieferketten“.

Um konkrete Unterstützung der Erzeugerländer zu besprechen und gemeinsam fairere Produktions- und Arbeitsbedingungen zu erreichen, ist Entwicklungsministerin Schulze Anfang des Jahres zusammen mit Arbeitsminister Heil beispielsweise nach Côte d’Ivoire gereist. Dort hat sie mit Kakaokooperativen, Unternehmen, Gewerkschaften und Politikern über die geplanten EU-Regelungen für weltweit nachhaltige Lieferketten gesprochen und sich mit den unmittelbar betroffenen Menschen ausgetauscht, wie Verbesserungen gerade für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern vor Ort verwirklicht werden können. Hierzu gehört eine faire Bezahlung genauso wie waldschonende Anbaumethoden.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze beim Besuch einer Kakaoplantage der Cooperative Rasso in Agboville, Côte d’Ivoire, im Februar 2023

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze beim Besuch einer Kakaoplantage der Cooperative Rasso in Agboville, Côte d’Ivoire, im Februar 2023

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze beim Besuch einer Kakaoplantage der Cooperative Rasso in Agboville, Côte d’Ivoire, im Februar 2023

Konkretes Beispiel: BMZ-Projekt zu entwaldungsfreien Lieferketten auf Borneo

In Indonesien arbeitet das BMZ an der Umsetzung entwaldungsfreier Lieferketten, zum Beispiel auf der Insel Borneo im Distrikt Kapuas Hulu. 2018 wurde Kapuas Hulu der Status als UNESCO-Biosphärenreservat verliehen. Kapuas Hulu beherbergt wertvollen Tropenwald und kohlenstoffreiche Torfböden. Diese Flächen sind durch die Ausweitung von Palmöl und Naturkautschuk gefährdet. Das BMZ arbeitet daher mit der lokalen Regierung, Kleinbäuerinnen und -bauern, indigenen Gruppen und Unternehmen zusammen, um die landwirtschaftliche Entwicklung von Entwaldung zu entkoppeln. Dazu hat das BMZ zusammen mit dem Reifenhersteller Continental AG die erste rückverfolgbare, entwaldungsfreie Lieferkette von Naturkautschuk von Kapuas Hulu bis Deutschland aufgebaut. Rund 2.000 Produzent*innen bekommen Unterstützung bei der Verbesserung der Kautschukqualität und der Erhöhung ihres Einkommens. Zudem wurden schützenswerte Wald- und Torfflächen im gesamten Distrikt identifiziert, um diese im Rahmen einer Revision der lokalen Landnutzungsplanung zu erhalten.

Mehr Informationen hier: Achieving more Sustainability in Global Agricultural Supply Chains (Externer Link)

Konkretes Beispiel: BMZ-Projekt zu Kakao in Côte d’Ivoire

Der Kakaosektor gilt als besonders von Menschenrechts- und Umweltrisiken, wie Kinderarbeit und Entwaldung, betroffen. Das BMZ-Projekt PRO-PLANTEURS (Externer Link) hat das Ziel, 30.000 kakaoproduzierende Familienbetriebe und ihre Organisationen in der Côte d’Ivoire zu professionalisieren, um durch Einkommenssteigerung und bessere Ernährung die Lebenssituation der Familien zu verbessern. Hierdurch werden zahlreiche menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken minimiert, die auch durch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abgedeckt sind. PRO-PLANTEURS ist ein gemeinsames Projekt des BMZ mit Forum Nachhaltiger Kakao e.V., des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem ivorischen Kaffee-Kakao-Rat (Conseil du Café-Cacao).

BMZ-Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen bei der Umsetzung und Erfüllung von Sorgfaltspflichten

Das BMZ unterstützt Unternehmen im Agrar- und Ernährungssektor bei der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und der kommenden EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten. Durch die Initiative für Nachhaltige Agrarlieferketten (INA) (Externer Link) erhalten Unternehmen direkt durch Informationsveranstaltungen sowie konkrete Tools und Leitfäden konkrete Hilfestellungen. Durch die INA fördert das BMZ außerdem Projekte zur innovativen Umsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten über den Due Diligence Fund (DDF), bei dem sich Unternehmen zusammen mit gemeinnützigen Partnern um Fördermittel bewerben können. Ein Fokus ist die Etablierung wirksamer Beschwerdemechanismen im Kaffee- und Kakaoanbau, durch die Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte wirksamer erkannt und bekämpft werden können. So entstehen best practices, die für weitere Lieferketten adaptiert werden können. Zudem fördert das BMZ die Erstellung eines OECD-FAO-Handbuchs zu Sorgfaltspflichten für entwaldungsfreie Lieferketten, um Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Selbstverpflichtungen zu entwaldungsfreien Lieferketten zu unterstützen, und eines OECD Handbook on Living Income and Wages, welches Unternehmen konkrete Strategien und Methoden an die Hand gibt, um existenzsichernde Einkommen und Löhne in ihren Lieferketten zu fördern. Die BMZ-geförderten Multistakeholder-Initiativen wie das Forum Nachhaltiger Kakao sowie das Forum für Nachhaltiges Palmöl haben zudem sektorspezifische Leitfäden zur Risikoanalyse nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erstellt.