UN-Gelände in der Hauptstadt Dschuba, das ab 2014 zu einem Lager für Binnenvertriebene umfunktioniert wurde

Politische Situation Wiederholte Rückfälle in die Gewalt

Mit einer deutlichen Mehrheit von 98,8 Prozent stimmte die südsudanesische Bevölkerung im Januar 2011 für eine vollständige Loslösung von der Republik Sudan. Am 9. Juli 2011 wurde dieser Schritt offiziell vollzogen: Südsudan erklärte seine Unabhängigkeit und wurde zu einem souveränen Staat.

Die Bundesrepublik Deutschland erkannte das Land bereits am Tag der Unabhängigkeit völkerrechtlich an und eröffnete in der Hauptstadt Dschuba eine Botschaft. Fünf Tage später wurde Südsudan als 193. Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen.

Nach Jahrzehnten des Unabhängigkeitskrieges verbanden die Südsudanesinnen und Südsudanesen mit der Staatsgründung die Hoffnung auf Frieden, politische Stabilität sowie wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Von Beginn an war klar, dass der Weg zu diesen Zielen hart sein würde: Es fehlt an funktionierenden Staats- und Verwaltungsstrukturen, an Fach- und Führungskräften, an Bildungsangeboten und Gesundheitsdienstleistungen, an Nahrungsmitteln und Infrastruktur.

Der Fund for Peace zählt Südsudan zu einer der fragilsten Staaten der Erde, Korruption ist weit verbreitet und belastet sowohl das Verhältnis zwischen Staatsführung und Bevölkerung als auch zwischen Regierung und internationalen Gebern. Der Korruptionswahrnehmungsindex 2019 (Externer Link) von Transparency International führt Südsudan auf Platz 179 von 180 bewerteten Staaten.

Bürgerkrieg und Friedensprozess

Nur wenige Jahre nach der Unabhängigkeit Südsudans von Sudan entbrannte ein Bürgerkrieg. Ursache ist die Rivalität zweier großer, sich weitgehend ethnisch definierender Gruppen um Präsident Salva Kiir auf der einen und dem früheren Vizepräsidenten Riek Machar auf der anderen Seite.

Im August 2015 unterzeichneten die Konfliktparteien einen Friedensvertrag, der unter der Vermittlung der Regionalorganisation Intergovernmental Authority on Development (IGAD) ausgehandelt worden war. Die Umsetzung des Abkommens und die Regierungsbildung erfolgten erst im Mai 2016 und nur zwei Monate später flammten die Kämpfe wieder auf.

2018 wurde das Friedensabkommen erneuert: Im September unterzeichneten Kiir und Machar in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba erneut einen Friedensvertrag. Er regelt unter anderem die Machtverteilung unter Einbeziehung aller Oppositionsparteien, die Bildung einer Übergangsregierung und die Rückkehr Machars auf einen Vizepräsidentenposten, eine Neuaufstellung der Armee und die Festlegung der im Krieg immer wieder verschobenen Binnengrenzen zwischen den Bundesstaaten. Im Februar 2020 wurde erneut eine Übergangsregierung gebildet. Innerhalb von drei Jahren solle es zu Neuwahlen kommen.

Trotz des Friedensvertrags ist der Frieden brüchig. Insbesondere gewaltsame Viehdiebstähle und ethnisch motivierte Überfälle auf andere Dörfer halten an. Ursachen dafür liegen unter anderem in dem lang anhalten ethnisch ausgetragenem politischen Konflikt. Auch die schlechte humanitäre Lage und dadurch steigende Frustration und Perspektivlosigkeit tragen dazu bei.

Durch das hohe Maß an Gewalt gilt Südsudan als eines der gefährlichsten Länder der Welt für humanitäre Helfer.

Menschenrechtsverletzungen

Laut Untersuchungen der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union und verschiedener Nichtregierungsorganisationen haben alle Kriegsparteien (sowohl Regierung als auch Oppositionsparteien und Rebellengruppen) schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen. Dazu zählen ethnisch motivierte Morde, Gruppenvergewaltigungen, Entführungen, die sexuelle Versklavung von Frauen und Mädchen sowie die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten.

Über die Zahl der Bürgerkriegsopfer gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Eine im September 2018 vorgestellte Studie der London School of Hygiene & Tropical Medicine beziffert sie auf fast 400.000 Menschen.


Bei den Unabhängigkeitsfeierlichkeiten in Südsudan 2011

Unabhängigkeitsfeierlichkeiten in Südsudan 2011

Unabhängigkeitsfeierlichkeiten in Südsudan 2011

Hintergrund

Bis zur Teilung war Sudan der flächenmäßig größte Staat Afrikas. In der Vergangenheit kam es dort immer wieder zu politischen, kulturellen und religiösen Spannungen. Regionen in der Peripherie, darunter der heutige Südsudan, wurden politisch und wirtschaftlich vernachlässigt. 1955 – ein Jahr vor der Unabhängigkeit Sudans von ägyptisch-britischer Herrschaft – mündeten die Spannungen in einen Bürgerkrieg, der 17 Jahre andauerte.

Der anschließende Frieden währte nur kurz: Als 1983 die vereinbarte Teilautonomie der Südprovinzen wieder aufgehoben und islamische Rechtsprechung (Scharia) auch für die mehrheitlich nichtmuslimische Bevölkerung im Süden eingeführt wurde, entbrannte ein neuer Bürgerkrieg. Erst mit Beginn der 2000er Jahre fanden erneut Friedensverhandlungen statt, die 2005 in einen Friedensvertrag mündeten. Das Abkommen sah für den Süden zunächst eine weitreichende Autonomie und schließlich ein Referendum über die Unabhängigkeit vor.

Im April 2010 fanden sowohl für Gesamtsudan wie auch für die teilautonome Region im Süden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. In Südsudan ging Salva Kiir als Sieger aus der Wahl hervor, der seit 2005 bereits Vizepräsident Sudans war. Mit der Unabhängigkeitserklärung im Juli 2011 wurde er erster Staats- und Regierungschef der neuen souveränen Republik Südsudan.

Im oft angespannten Verhältnis zum Nachbarstaat Sudan trat 2019 Entspannung ein, nachdem dort ein politischer Umbruch eine neue Ausrichtung der außenpolitischen Beziehungen ermöglichte.