Hauptmenü
Hauptinhalt
Noch Mitte des 20. Jahrhunderts lebte nur etwa jeder dritte Mensch in einer Stadt. Derzeit ist es schon mehr als jeder zweite und bis 2050 werden es mehr als zwei Drittel sein – bei gleichzeitig wachsender Weltbevölkerung. Kein Zweifel: Wir befinden uns im Zeitalter der Urbanisierung.
Es gibt viele Gründe dafür, warum es immer mehr Menschen in die Städte zieht und warum sie Motoren für wirtschaftliche Entwicklung sind. Doch Städte heizen die Erderwärmung an. Bereits jetzt sind sie für rund drei Viertel des Energie- und Ressourcenverbrauchs und des Ausstoßes energiebezogener Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Angesichts der Tatsache, dass bis 2050 über zwei Milliarden mehr Menschen in Städten leben werden als heute, können die globalen Klimaziele nur erreicht werden, wenn Nachhaltigkeit ins Zentrum städtischer Entwicklung rückt.
Dies gilt insbesondere für die Bereiche städtischer Verkehr und Infrastruktur. Denn der Verkehrssektor ist weltweit für rund ein Viertel aller energiebezogenen Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Nachhaltige städtische Planung
Mehr Menschen brauchen mehr Wohnraum. Das Wachstum urbaner Bevölkerungen wird in noch nie dagewesenem Umfang den Neubau von Wohnraum und Infrastruktur erfordern. Wenn die Städte der Zukunft wie bisher vor allem aus Zement, Stahl und Glas gebaut würden, würden die Ziele des Pariser Klimaabkommens – die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf deutlicher unter 2 Grad und möglichst nicht mehr als 1,5 Grad – verfehlt.
Es muss daher effizienter und klima- und ressourcenfreundlicher gebaut werden. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass Gebäude in Städten weniger Energie verbrauchen. Im Jahr 2010 waren Gebäude für rund ein Drittel der globalen Energienachfrage und etwa ein Fünftel der energiebedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Durch Nachrüstungen und energieeffiziente Neubauten ist Analysen zufolge eine Senkung der globalen Energienachfrage von Gebäuden um fast die Hälfte bis 2050 möglich.
Städte sind allerdings nicht nur Treiber des Klimawandels, sondern auch besonders von seinen Folgen betroffen. Sie liegen häufig an Küsten, Flüssen, Deltas oder Berghängen und sind dadurch großen Risiken ausgesetzt: Wirtschaftliche Schäden durch Naturereignisse fallen in Städten besonders hoch aus und vor allem arme Menschen sind Wetterextremen meist schutzlos ausgeliefert. Nachhaltige städtische Planung und Investitionen in widerstandsfähige – klimaresiliente – Infrastruktur, aber auch einfache Maßnahmen, wie etwa das Anlegen städtischer Grünflächen, können hier einen wertvollen Beitrag leisten und die Folgen extremer Wetterereignisse spürbar abmildern.
Städte als Vorreiter
Die globalen Klima- und Entwicklungsziele, auf die sich die Staatengemeinschaft mit der Agenda 2030 und dem Pariser Klimaabkommen geeinigt hat, können nur gemeinsam mit den Städten erreicht werden.
Auf internationaler Ebene, wie zum Beispiel beim Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York und im Rahmen der Globalen Anpassungskommission (GCA), wird deshalb die entscheidende Bedeutung der Städte für die Anpassung an den Klimawandel sowie für die Minderung von Treibhausgasen hervorgehoben. Oder, wie es der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon formulierte: "Städte sind die Orte, an denen der Kampf für nachhaltige Entwicklung gewonnen oder verloren wird."
Eine Studie von UN-Habitat zeigt zudem, dass zwei Drittel aller nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) urbane Ansatzpunkte aufweisen. Die NDCs werden auf nationaler Ebene festgelegt, meist ohne die Städte miteinzubeziehen.
Auf dem Klimagipfel 2017 in Bonn wurde daher der sogenannte Talanoa-Dialog ins Leben gerufen. Dieser ermöglicht nichtstaatlichen und lokalen Akteuren, Vorschläge zu machen, wie man den globalen Klimaherausforderungen begegnen kann. Er bietet nationalen Regierungen einen Rahmen, gemeinsam mit ihren Städten und Kommunen an Lösungen zu arbeiten. Welche Vorteile das hat und wie es geht, zeigt die Publikation "Talanoa and Beyond: Raising Ambition with Cities and Regions" sowie die Talanoa-Serie auf dem Blog URBANET.
Chancen für Städte
Städte können aufgrund ihrer großen Bevölkerungsdichte eine große Hebelwirkung im Kampf gegen Armut, Ungleichheit und den übermäßigen Ressourcenverbrauch entfalten: Hohe Einwohnerzahlen und intensive wirtschaftliche Aktivitäten machen es möglich, durch relativ kleine Veränderungen große Wirkungen zu erzielen und zum Beispiel Ressourcen in großem Maßstab zu sparen. Durch geeignete Strategien können Ressourcenflüsse zwischen Stadt und Umland effizienter genutzt und gesteuert werden.
Schon heute gehen viele Städte und Metropolregionen beim Klima- und Ressourcenschutz voran, etwa durch flächensparende, kompakte Stadtstrukturen, emissionsarme Verkehrssysteme, energieeffiziente Gebäude oder eine effiziente Abfallentsorgung.
Dadurch haben es Städte wie Kopenhagen, Stockholm und Tokio geschafft, ihren Kohlendioxid-Ausstoß pro Kopf zu senken – bei gleichzeitig steigendem Wohlstand und Einkommen.
Um Städte in Entwicklungs- und Schwellenländern dabei zu unterstützen, frühzeitig den Pfad zu nachhaltiger städtischer Entwicklung einzuschlagen, setzt die deutsche Entwicklungspolitik unter anderem auf klimafreundliche, sichere und erschwingliche städtische Mobilität. Denn Mobilität ist Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, Handel und Kreativität – aber auch für persönliches Wohlbefinden.
Viele Städte weltweit werden weiterhin unter Staus, schlechter Luft und Lärm leiden, wenn sie keine nachhaltigen Verkehrskonzepte anwenden und die Anzahl der Fahrzeuge pro Einwohner weiter zunimmt.
Im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung gilt es, den öffentlichen Nahverkehr genauso zu fördern wie den nicht-motorisierten Verkehr, die Armen genauso einzubeziehen wie die Wohlhabenden und neue umweltfreundliche Mobilitätsformen, wie zum Beispiel Carsharing oder Fahrgemeinschaften in den Blick zu nehmen.
Das BMZ hat daher Ende 2016 auf dem Städtegipfel der Vereinten Nationen in Quito die Initiative für Transformative Urbane Mobilität (Englisch: Transformative Urban Mobility Initiative, kurz "TUMI") ins Leben gerufen. Gemeinsam mit seinen Partnern fördert Deutschland nachhaltige und innovative Mobilitätsansätze in Entwicklungs- und Schwellenländern – für klimafreundliche und lebenswerte Städte weltweit.
Nachhaltige städtische Infrastruktur finanzieren
Investitionen in eine nachhaltige städtische Infrastruktur sind unerlässlich, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. In den kommenden 15 Jahren müssen schätzungsweise 93 Billionen US-Dollar in nachhaltige Infrastruktur – davon über 70 Prozent in städtischen Gebieten – investiert werden: Das sind mehr als das 4,5-fache Bruttoinlandsprodukt der USA. Um Städte dabei zu unterstützen, diesen massiven Investitionsbedarf zu bewältigen, hat Deutschland zusammen mit Partnern aus aller Welt die Initiative Leadership for Urban Climate Investments (LUCI) ins Leben gerufen.
LUCI wird Städte und Kommunen in Entwicklungs- und Schwellenländern bei der Entwicklung von bankfähigen und klimagerechten Infrastrukturprojekten unterstützen, unter anderem durch einen neuen City Climate Finance Gap Fund, mit dem bis zu vier Milliarden Euro für klimafreundliche Infrastruktur in Städten mobilisiert werden soll. Darüber hinaus unterstützt das BMZ bereits seit längerem mit dem Städtenetzwerk C40 und der Asiatischen Entwicklungsbank Städte bei der Vorbereitung von nachhaltigen Infrastrukturprojekten.
Klimafreundliche Stadtentwicklung und Mobilität
Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind lebenswerte und klimafreundliche Städte durch eine Wende hin zu nachhaltiger Mobilität.
Da die Emissionen aus städtischem Verkehr weiterhin steigen, fördert Deutschland beispielsweise auf kommunaler und nationaler Ebene Stadtentwicklungs- und Mobilitätsstrategien, mit denen der Klimaschutz und die Anpassungsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels gestärkt werden.
Diese Konzepte konzentrieren sich darauf, Verkehr zu vermeiden und den Umstieg von motorisiertem Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel (ÖPNV) und nicht-motorisierten Verkehr zu beschleunigen. Auch eine höhere Umweltverträglichkeit von Verkehrssystemen, zum Beispiel durch die Förderung von Elektromobilität, gehört dazu.
Zusätzlich fördert die Bundesregierung den Ausbau moderner und leistungsfähiger ÖPNV-Systeme wie U-Bahnen, Straßenbahnen, Schnellbus-Systeme und den Bau integrierter Fuß- und Radwege. Dies soll allen Menschen den Zugang zu bezahlbarer, sicherer und umweltfreundlicher Mobilität ermöglichen.
Einen weiteren Schwerpunkt legt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auf den Aufbau von Infrastruktur, die den Auswirkungen des Klimawandels standhält. Im Förderbereich "Anpassung an den Klimawandel" werden über die Hälfte der Mittel der deutschen finanziellen Zusammenarbeit in Städten eingesetzt. Im Bereich "Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes" sind es sogar knapp zwei Drittel der deutschen Kredite und Zuschüsse.
Der Wandel zu nachhaltiger, klimafreundlicher Mobilität weltweit bedarf breiter Bündnisse. Durch die auf dem UN-Klimagipfel in New York 2019 gegründete und vom BMZ unterstützte Action towards Climate friendly Transport Initiative (ACT) wird der Umstieg auf klimafreundlichen Verkehr beschleunigt. Der Zusammenschluss von über 100 Akteuren – nationale und lokale Regierungen, Stadtverbände, multilaterale Organisationen, NGOs, Unternehmen – trägt somit zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und des Pariser Klimaabkommens bei. Mit deutscher Unterstützung soll in diesem Rahmen zum Beispiel die Beschaffung von 100.000 Elektro-Bussen in Entwicklungs- und Schwellenländern vorbereitet werden.
Initiative für Transformative Urbane Mobilität (TUMI)
Das rasante Wachstum der Städte und das steigende Verkehrsaufkommen tragen immer stärker zum Klimawandel bei. Der Verkehrssektor ist für 23 Prozent der weltweiten energiebezogenen Treibhausgase verantwortlich und gleichzeitig der Sektor mit dem am schnellsten wachsenden Emissionsausstoß. Ohne eine weltweite Verkehrswende lassen sich die Ziele des Pariser Klimaabkommens und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung nicht erreichen.
Daher hat das BMZ gemeinsam mit acht Partnerinstitutionen die Initiative für Transformative Urbane Mobilität (Transformative Urban Mobility Initiative, TUMI) ins Leben gerufen. Im Mittelpunkt dieser Mobilitätsoffensive steht die Förderung einer klimafreundlichen, sicheren und erschwinglichen städtischen Mobilität. Ziel ist es, das Klima zu schützen und gleichzeitig den ärmsten Bevölkerungsschichten Zugang zu Arbeit, Gesundheitsfürsorge und Bildung zu ermöglichen. Für Menschen, die am Stadtrand oder in Slums leben, sind ohne funktionierende Nahverkehrssysteme oder sichere Fuß- und Radwege die besser erschlossenen Stadtbezirke kaum erreichbar und damit soziale und wirtschaftliche Teilhabe nicht möglich.
Seit 2016 fördert die Initiative nachhaltige Mobilitätssysteme in Entwicklungs- und Schwellenländern in drei Schwerpunkten:
- TUMI mobilisiert finanzielle und technische Unterstützung zum Auf- und Ausbau sowie zur Modernisierung einer nachhaltigen städtischen Mobilitätsinfrastruktur. So konnten bisher fast zwei Milliarden Euro in Projekte wie die ÖPNV-Infrastruktur in Rio de Janeiro, Tunis und Nagpur investiert werden.
- TUMI hat innerhalb von zwei Jahren bereits über 2.000 Stadtverantwortliche, Entscheidungsträgerinnen und -träger, Planerinnen und Planer sowie Studentinnen und Studenten aus- und weitergebildet, damit Projekte nachhaltiger Mobilität qualifiziert umgesetzt werden können.
- TUMI fördert innovative Lösungen, zum Beispiel durch die Global Urban Mobility Challenge. Mit diesem weltweit ausgeschriebenen Wettbewerb werden aktuell 20 Städte ermutigt, lokale Mobilitätsherausforderungen anzugehen und ambitionierte Pilotprojekte wie Bike-Sharing, die Einrichtung von Fußgängerzonen, elektrisch betriebene Transportfahrzeuge und digitale Integration von ÖPNV umzusetzen.
TUMI als Wegbereiter: Weltweites deutsches Engagement bei städtischer Mobilität
Indien, einer der größten Emittenten von Treibhausgasen überhaupt, steht gerade erst am Anfang des Urbanisierungsbooms, hat aber bereits mit einem enormen Bevölkerungswachstum und einer sehr hohen Motorisierungsrate zu kämpfen.
In Nagpur, im Zentrum Indiens, fördert TUMI über die KfW Entwicklungsbank den Bau einer Hochbahn, die nach Fertigstellung eine halbe Million Passagiere täglich befördern wird. Durch Solarpanels auf den Stationsdächern, das Recycling von Abwässern und die Nutzung von Regenwasser wird der Betrieb der Hochbahn besonders umweltfreundlich. Im Umfeld der Stationen werden Geh- und Radwege gebaut und Bike-Sharing-Systeme installiert. Ein Bus-Zubringersystem ist geplant, sodass die Hochbahn mit anderen Verkehrsträgern verbunden wird. So entsteht ein nutzerfreundliches, integriertes ÖPNV-System.
In Bogotá, Kolumbien, fördert TUMI die Entwicklung einer App namens "SafetiPin", die Mobilitätsdaten in der Stadt sammelt, um die Sicherheit von Frauen und Mädchen zu erhöhen.
Darüber hinaus führte TUMI zahlreiche Workshops und Trainingsmaßnahmen in verschiedenen Ländern durch. Diese fanden zum Beispiel in Namibia, Kolumbien, Thailand und in China statt. Bisher konnten über 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vornehmlich aus Verkehrsministerien oder städtischen Verkehrsbehörden, erreicht werden.
TUMI Women Mobilize Women
Mit TUMI Women Mobilize Women ist es gelungen, eine internationale Debatte anzustoßen, in der es um Rolle und Potenzial von Frauen im Bereich urbaner Mobilität geht.
Im Mai 2018 wurde mit der Konferenz Women Mobilize Women ein Stein ins Rollen gebracht: Als Vorveranstaltung des Weltverkehrsforums in Leipzig hat es die TUMI-Konferenz geschafft, Frauen aus aller Welt an der Diskussion zur Situation, zu den Chancen und Herausforderungen von Frauen im Transportsektor zu beteiligen und ihnen eine Stimme zu geben. Mit einem für den Verkehrssektor wohl einmaligen, ausschließlich weiblich besetztem Panel diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Fragen zur Sicherheit im öffentlichen Raum, Empowerment von Entscheidungstragenden sowie sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von ambitionierter, gendersensibler Verkehrsplanung.
Die Konferenz hat die internationale Debatte zur Rolle von Frauen aus dem Mobilitätsbereich stark geprägt und Women Mobilize Women ist aus der Konferenz zu einer Marke erwachsen: TUMI Women Mobilize Women ist heute ein Netzwerk, stellt Wissen zur Verfügung und fördert Women Empowerment durch weitere Regionalkonferenzen und Netzwerke in Afrika und Lateinamerika.
Videos zum Thema "Stadt und Klima"
Leben mit dem Klimawandel
Hochwassermanagement in Naga City
Die Stadt Naga auf den Philippinen liegt im Zentrum eines Taifun-Gebietes, regelmäßig kommt es zu Überschwemmungen. Mit Hilfe der "Initiative Stadtentwicklung für Asien" (CDIA) wurden in Naga Maßnahmen zur Hochwasserbekämpfung finanziert.
Luftverschmutzung reduzieren durch E-Trikes
In Naga City auf den Philippinen hat sich ein Betrieb auf den Bau von E-Trikes spezialisiert. Durch die Elektrofahrzeuge soll die Luftverschmutzung reduziert werden. 90 Prozent der benötigten Materialien werden aus der direkten Umgebung geliefert, nur zehn bis 15 Prozent müssen importiert werden.