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Landwirtschaft und Klimawandel hängen in doppeltem Sinne zusammen.
Einerseits ist die Landwirtschaft durch den Klimawandel besonders gefährdet: Wasserknappheit, extreme Niederschläge und sich verändernde klimatische Bedingungen wirken sich negativ auf das Pflanzenwachstum aus, fördern Bodenerosion und tragen zu einem Rückgang der Erträge, aber auch der Artenvielfalt von Pflanzen bei. Die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern, die bis Mitte des Jahrhunderts von rund 7,5 auf etwa zehn Milliarden Menschen wachsen wird, ist angesichts des Klimawandels eine große Herausforderung.
Die Landwirtschaft trägt aber auch wesentlich zum Klimawandel bei: Die steigende Nachfrage nach agrarindustriellen Produkten wie Palmöl, Soja (als Tierfutter), Rindfleisch oder Kautschuk macht die Landwirtschaft mit Abstand zur wichtigsten Ursache für Entwaldung. Auch Feuchtgebiete wie Sümpfe, Auen und Moore, die erhebliche Mengen an Kohlenstoff speichern, fallen häufig der Landwirtschaft zum Opfer. Keine weiteren Flächenumwandlungen – das muss die oberste Leitlinie beim Klimaschutz in der Landwirtschaft sein.
Darüber hinaus gilt es, landwirtschaftliche Praktiken nachhaltiger zu gestalten. Bei der Nutztierhaltung und bei bestimmten Produktionsmethoden, wie dem Nassreisanbau, entsteht etwa das Treibhausgas Methan, das rund 25-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid ist. Auch ein überhöhter Düngereinsatz und bestimmte Methoden der Bodenbearbeitung schaden dem Klima. Notwendig sind eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen Anbausysteme und eine standortangepasste Produktion, unter Berücksichtigung von Nährstoffkreisläufen.
Auch globale Ernährungsgewohnheiten und das Konsumverhalten beeinflussen die Emissionsbilanz der Landwirtschaft. Rund ein Drittel der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion verdirbt entlang der Lieferkette oder landet auf Mülldeponien. Die Fleischproduktion ist eine der Hauptursachen für die Abholzung des Regenwaldes in Südamerika. Für den Anbau von Futtermitteln wie Soja und die Rinderzucht werden immer mehr natürliche Grünflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt.
Die Landwirtschaft birgt aber auch enormes Potenzial: Nachhaltiger Anbau und agrarökologische Praktiken wie der Einsatz von organischem Dünger oder standortangepasste Fruchtfolgen, eine schonende Bodenbearbeitung sowie eine bessere Ernährung in der Nutztierhaltung können den Ausstoß von Treibhausgasen deutlich reduzieren. Gesunde Böden sind darüber hinaus in der Lage, über Pflanzen große Mengen an Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu ziehen und als Bodenkohlenstoff zu speichern. Weltweit speichern Böden ungefähr fünfmal so viel Kohlenstoff wie oberirdische Biomasse.
Klimaschutz in der Landwirtschaft muss demnach folgende Maßnahmen umfassen:
- Verzicht auf weitere Flächenumwandlungen
- Umstellung auf standortangepasste, diversifizierte Anbausysteme, Schließen von Nährstoffkreisläufen
- Reduktion von Nachernteverlusten und Lebensmittelverschwendung
- Veränderung von Ernährungsgewohnheiten und Konsumverhalten
Steigende Temperaturen mindern Produktivität
Die steigenden Temperaturen werden die landwirtschaftliche Produktion gravierend beeinflussen und die Ernährungssicherheit in vielen Entwicklungsländern merklich beeinträchtigen. Für Afrika südlich der Sahara wird zum Beispiel erwartet, dass der Klimawandel die Flächenproduktivität bis 2080 um bis zu 27 Prozent verringert.
Zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel sind deshalb ehrgeizige Maßnahmen erforderlich. Wie sie aussehen sollen, hängt stark vom jeweiligen Kontext ab. Auf der Ebene der kleinbäuerlichen Betriebe gehören dazu der Aufbau von organischer Materie im Boden durch Mulchen oder Kompost, die Aussaat lokaler, angepasster Sorten, die effizientere Nutzung von Wasserressourcen oder der Anbau kombinierter Pflanzenarten anstelle von Monokulturen. Es kann aber auch heißen, die Viehdichte der Futterproduktion anzupassen oder das Vieh anders zwischen Weiden rotieren zu lassen.
Landwirtschaftliche Ansätze, die an agrarökologischen Prinzipien ausgerichtet sind, haben sich besonders bewährt, um die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern gegenüber dem Klimawandel zu stärken. Landwirtschaft kann aber nicht isoliert betrachtet werden: Sie ist Teil von Ernährungssystemen, muss die natürliche Umwelt bewahren und darf nicht durch Extremwetterereignisse oder akute Preisschwankungen zusammenbrechen.
Viele landwirtschaftliche Maßnahmen steigern die Resilienz gegenüber dem Klimawandel und senken gleichzeitig Emissionen. Fördert man etwa die Kohlenstoffspeicherung in Böden, können sie mehr Feuchtigkeit aufnehmen und der Erosion besser standhalten. Auch die Steigerung der Energieeffizienz in der Agrar- und Ernährungswirtschaft hat diesen Mehrfachnutzen.
Der wegweisende Beschluss zu Landwirtschaft bei der Klimakonferenz 2017 in Bonn (Koronivia Joint Work on Agriculture) ebnete den Weg für einen stärkeren Fokus auf Landwirtschaft und Ernährungssicherheit in den internationalen Klimaverhandlungen. Dabei sollen in Themenfeldern von besonderer Relevanz, wie Klimaanpassung und -resilienz, sowie bei sozioökonomischen Aspekten der Ernährungssicherheit mit Hilfe von Workshops konkrete Fortschritte erzielt werden.
Auch die bei der Klimakonferenz 2018 in Kattowitz gegründete Globale Anpassungskommission (Global Commission on Adaptation, GCA), an der sich das BMZ insbesondere im Aktionsfeld "Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und ländliche Entwicklung" aktiv beteiligt, öffnet die Tür für mutige, transformative Maßnahmen, um die Lebensbedingungen der Landwirte zu verbessern und die globalen Ernährungssysteme widerstandsfähiger zu machen. Dies zu erreichen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe.
Klima-resiliente und emissionsarme Landwirtschaft fördern
Um die Ernährung in Zeiten des Klimawandels zu sichern, reicht eine höhere Produktivität der Landwirtschaft nicht aus. Gleichzeitig müssen Bäuerinnen und Bauern darin gestärkt werden, sich an die Folgen des Klimawandels besser anzupassen. Organische Dünger einzusetzen, standortangepasste Fruchtfolgen oder Agroforstsysteme einzuführen, sind nur einige Beispiele, wie kleinbäuerliche Betriebe widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel werden können.
Insbesondere in der Landwirtschaft ist es wichtig, weniger Treibhausgase auszustoßen, zum Beispiel durch Vermeidung landwirtschaftlich bedingter Abholzung, der Umwandlung von Feuchtgebieten in Ackerflächen oder der Verbrennung von Ernterückständen.
All das geht weit über neue Technologien und Praktiken hinaus. Um einerseits eine höhere Produktivität und Ernährungssicherheit sowie andererseits eine bessere Resilienz der Landwirte und weniger Treibhausgasemissionen zu erreichen, braucht es einen übergreifenden Blick auf Landschaften, Ökosysteme, Märkte und Ernährungssysteme.
Agrarökologie als eine Antwort auf den Klimawandel
Vielerorts ist die Lebensmittelproduktion durch schädliche Anbaumethoden, die Ausweitung von Nutzungsflächen und intensive Landwirtschaft der größte Verursacher für die Zerstörung von Ökosystemen und trägt mit ihren Emissionen zum Klimawandel bei. Agrarökologie kann dieser Entwicklung mit ökosystemerhaltenden und emissionsmindernden Ansätzen in der Landwirtschaft entgegenwirken.
Agrarökologische Anbaumethoden bieten Lösungsansätze in zweierlei Hinsicht. Zum einen nutzen sie vorhandene Ressourcen effizient und nachhaltig und sind oft weniger anfällig bei Wasserknappheit und schwierigen Wetterverhältnissen. Im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft steigern sie daher die Klimaresilienz.
Außerdem bieten sie Potenziale zur Minderung von Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft. So wird beispielsweise durch Gründüngung oder Einarbeitung von Kompost die Bodenfruchtbarkeit verbessert und gleichzeitig Bodendegradierung entgegengewirkt. Dies stärkt auch die Widerstandfähigkeit der Böden gegen Extremwetterereignisse. In der Folge können Hilfsmittel wie mineralische Dünger reduziert werden, was wiederum Emissionen senkt und stark belastete Ökosysteme schont.
Agrarökologie bedeutet aber noch mehr: Mit Blick auf unser Ernährungssystem sind politische Reformen mit agrarökologischer Perspektive gefragt. Dazu gehört eine partizipative Landnutzungs- und Raumplanung, damit wir alle gut in und von den landwirtschaftlich genutzten Regionen leben können.
Kein Feld bleibt vom Klimawandel unberührt
Die Landwirtschaft ist direkt vom Klimawandel betroffen und muss weitere Antworten auf diese Herausforderung finden.
Deshalb sind viele landwirtschaftliche Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auf diese Herausforderungen fokussiert, zum Beispiel das vom BMZ mit 33 Millionen Euro geförderte Anpassungsprogramm für kleinbäuerliche Landwirtschaft (ASAP) des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (International Fund for Agricultural Development, IFAD).
Dieses Programm stärkt die Resilienz von acht Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern in über 40 Ländern. Der Einbezug von sowohl Risiken als auch Chancen angesichts des Klimawandels in allen Investitionsprojekten und Länderstrategien des IFAD ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg dieses Vorhabens.
Landwirtschaft zentral für Klimaziele der Partnerländer
Das BMZ unterstützt die Klimapolitik der Partnerländer, besonders die Umsetzung der nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs). Darin finden sich fast immer Schwerpunkte, die den Landwirtschaftssektor betreffen – vor allem spielt dabei der Bereich Anpassung an den Klimawandel eine große Rolle, die Länder haben sich aber auch Ziele bei der Minderung von Treibhausgasen gesetzt.
Das BMZ fördert unter anderem das Comprehensive Africa Agriculture Development Programme (CAADP) der Neuen Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD), das afrikanische Länder dabei unterstützt, ihre selbst gesetzten nationalen Klimabeiträge in der Landwirtschaft zu erreichen sowie die Arbeit zu Klimawandel und Landwirtschaft im Rahmen der NDC-Partnerschaft voranzubringen.
Forschung und (digitale) Informationssysteme
Vor allem in ländlichen Gebieten in Entwicklungsländern fehlen zuverlässige Wetter- und Klimadaten, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Außerdem mangelt es häufig an standortgenauen Daten zu Böden und an Informationen zu den Funktionsabläufen in Pflanzen sowie an institutionellen Kapazitäten. Die Daten sind jedoch erforderlich, um Modelle der Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die landwirtschaftliche Produktion erstellen zu können. Und dort, wo diese Daten vorliegen, sind sie den kleinbäuerlichen und anderen Zielgruppen oft nicht bekannt oder zugänglich und werden zu wenig für die Planung von landwirtschaftlichen Maßnahmen genutzt.
Das BMZ unterstützt seine Partnerländer dabei, diese Informationslücken zu schließen, zum Beispiel durch das Programm für klima-intelligente Tierhaltungssysteme, welches die ostafrikanischen Partner unter anderem dabei unterstützt, die Verfahren zur Aufstellung von Treibhausgasen in der Tierhaltung zu verbessern. Dadurch lässt sich nachweisen, ob Maßnahmen des Klimaschutzes tatsächlich wirksam sind oder nicht.
Besser abgesichert gegen Klimarisiken und Ernteausfälle
Arme Kleinbäuerinnen und -bauern sind besonders betroffen, wenn Dürren, Stürme oder Überschwemmungen die Ernte vernichten. Das BMZ unterstützt deshalb im Rahmen der globalen Partnerschaft „InsuResilience" den Ausbau von Klimarisikoversicherungen im Agrarbereich, unter anderem über die Versicherungen der African Risk Capacity (ARC).
Außerdem fördert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit die Verbesserung der Lagerung und des Transports von Nahrungsmitteln, um Verluste nach der Ernte zu reduzieren, sowie den Zugang zu Märkten, um Einkommen zu erhöhen und die Resilienz der Landwirte zu steigern. Auf erneuerbaren Energien basierende Innovationen, wie zum Beispiel solarbetriebene Bewässerungs- und Kühlungssysteme, sind nicht nur klimaschonend, sondern eignen sich auch besonders für abgelegene Regionen mit eingeschränktem Zugang zu Energie.
Videos zum Thema "Landwirtschaft und Klima"
- Dürreresilienz: Sofortmaßnahmen und langfristige Lösungen
- Innovative Anbaumethoden in Bolivien
- Der Klimawandel und die Apfelernte in Bolivien
- Äthiopien: Ernährungssicherung durch Bewässerung
- Äthiopien: Unfruchtbare Flächen wieder nutzbar machen
- Belastet der Sojaanbau unser Klima?
Sofortmaßnahmen und langfristige Lösungen
Dürren sind überaus zerstörerische Naturkatastrophen. Quer über den Globus haben sie Millionen von Toten und die Vernichtung von Lebensgrundlagen verursacht. Oft sind sie mit lokalen Konflikten verbunden und zwingen gerade die Ärmsten zur Migration. Mit dem fortschreitenden Klimawandel werden Häufigkeit, Dauer und Schwere von Dürren zunehmen.
Dieser Film hebt nicht nur die Probleme hervor, sondern stellt Lösungsansätze für größere Dürreresilienz in den betroffenen Regionen vor.
Der Film wurde unter Federführung des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) und der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung der Vereinten Nationen (UNCCD) erstellt und mit Mitteln der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gefördert.
Innovative Anbaumethoden
Der Klimawandel und die Apfelernte
Die Äpfel im Hochland von Bolivien werden als Folge des Klimawandels zu früh reif und die Bäuerinnen und Bauern können nicht fristgerecht liefern. Es kommt aber auch vor, dass unerwartet die Kälte hereinbricht und die gesamte Ernte vernichtet.
Vom Hirtentum zur Bäuerin
Im Gespräch mit Tom Wlaschiha zeigt die ehemalige Hirtin Fatouma ihre Felder und Bananenstauden. Sie erzählt, wie schwierig es für sie geworden war, als Hirtin ihre Existenz zu sichern, weil ihre Tiere unter den vielen Dürrephasen litten. Über Jahre hinweg erlernte sie Techniken der Bewässerung und kann jetzt durch ihre Landwirtschaft die gesamte Familie und sogar noch weitere Verwandte ernähren.
Von der Abhängigkeit zum Selbstversorger
Im Interview mit Tom Wlaschiha erklärt Woda, wie es seinem Dorf gelang, die Abhängigkeit von Nahrungsmittellieferungen zu überwinden: Durch Gemeinschaftsarbeiten wurden die Berghänge terrassiert, Plantagen angelegt und Bewässerungssysteme gebaut. In dem Dorf, das vor 20 Jahren wegen zu großer Trockenheit umgesiedelt werden sollte, sind inzwischen drei Ernten pro Jahr möglich.