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Rechte indigener Völker
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Unsere Informationen zum Thema Menschenrechte werden zurzeit grundlegend überarbeitet. Die aktualisierte Version finden Sie demnächst hier.
In etwa 90 Staaten der Welt leben rund 5.000 indigene Völker, denen insgesamt mehr als 370 Millionen Menschen angehören. Sie stellen rund fünf Prozent der Weltbevölkerung – jedoch 15 Prozent der in Armut lebenden Menschen. Indigene Völker sind in den meisten Staaten weitgehend vom politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben ausgeschlossen. Ihr Lebensstandard liegt häufig weit unter dem der ärmsten Schichten der nicht-indigenen Bevölkerung.
Durch diese Ausgrenzung werden nicht nur die bürgerlichen und politischen Menschenrechte der indigenen Völker verletzt. Diskriminierung und Marginalisierung nehmen ihnen ihr Recht auf eine selbstbestimmte Entwicklung und bergen erhebliches Konfliktpotenzial, zum Beispiel wenn es um Landrechte oder die Nutzung weiterer natürlicher Ressourcen geht.
Nachhaltige Entwicklung kann nur erreicht werden, wenn indigene Völker aktiv partizipieren können, also direkt in alle sie betreffenden Entscheidungen einbezogen werden (Recht auf Selbstbestimmung). Dazu muss das Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (free, prior and informed consent, FPIC) eingehalten werden. Dies gilt vor allem für die Bereiche Land, natürliche Ressourcen und Umwelt (Territorium), rechtliche Gleichstellung, inklusive Recht auf kulturell angepasste Bildung und Gesundheitsversorgung, politische Teilhabe und Selbstverwaltung.
Internationale Abkommen und Initiativen
Das Übereinkommen 169 über "eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern" (Indigenous and Tribal Peoples Convention) der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahre 1989 ist das einzige internationale Vertragswerk, das einen umfassenden Schutz der Rechte indigener Völker zum Gegenstand hat. Es wurde bislang von 22 Staaten, vor allem in Lateinamerika, ratifiziert.
Ein weiterer zentraler Referenzrahmen für die Menschenrechte indigener Völker ist die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker. Sie wurde im September 2007 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen und ist ein Meilenstein vor dem Hintergrund der jahrelangen Anstrengungen der Vertreter indigener Völker innerhalb der internationalen Gemeinschaft ein stärkeres Bewusstsein für die Situation der Indigenen zu schaffen.
Die Vereinten Nationen bieten den indigenen Völkern zudem verschiedene Plattformen an, um ihre Belange zu beraten und auf Regierungen und internationale Organisation im Hinblick auf Achtung, Schutz und Gewährleistung ihrer Rechte Einfluss nehmen zu können:
- Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker ist dem Menschenrechtsrat in Genf zugeordnet, unterstützt ihre Belange und beurteilt ihre Situation durch regelmäßige Besuche vor Ort.
- Das Permanente Forum für Indigene Angelegenheiten tritt als beratendes Organ des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen unter breiter indigener Beteiligung seit 2002 jährlich in New York zusammen. Es erlässt Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten, wie die Lage der indigenen Völker verbessert werden kann.
- Der Expertenmechanismus für die Rechte indigener Völker tagt seit 2008 unter dem Dach des Menschenrechtsrats in Genf und unterstützt die Rechte und Interessen indigener Völker vor allem durch Studien und Empfehlungen.
- Die zwei UN-Dekaden der indigenen Völker (1995 bis 2004 und 2005 bis 2014), die Weltkonferenz 2014 sowie der Tag der indigenen Völker (9. August) dienen dazu, die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf die Rechte der Indigenen zu lenken. Zur Umsetzung der zweiten UN-Dekade wurde ein Treuhandfonds eingerichtet, den die Bundesregierung durch finanzielle Beiträge unterstützt hat.
Für indigene Völker hat außerdem Artikel 8 (j) der Biodiversitätskonvention von 1992 einen hohen Stellenwert: Er stellt traditionelles Wissen sowie Erfindungen und Praktiken indigener Völker unter Schutz, die für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung biologischer Vielfalt relevant sind. Die Bundesregierung unterstützt indigene Vertreter laufend dabei, sich auf die Vertragsstaatenkonferenzen zur Biodiversitäts- und zur Klimarahmenkonvention vorzubereiten, um dort ihre Anliegen zu vertreten.
In diesem Zusammenhang hat in den vergangenen Jahren der REDD-Ansatz (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation, deutsch: Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern) für indigene Völker große Bedeutung erlangt. Bei REDD-Vorhaben in ihren Territorien fordern sie zunehmend ihr Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung ein.
Prinzipien und Leitlinien
Als wichtige internationale Instrumente und Leitlinien zum Schutz der Rechte indigener Völker sind noch zu nennen:
- UN-Leitlinien von 2012 für verantwortungsvolle Landpolitik (Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests in the Context of National Food Security)
- UN-Leitlinien von 2011 zu Menschenrechten und Wirtschaft (Guiding Principles on Business and Human Rights, "Ruggie Principles")
- Schutzstandards der International Finance Corporation (IFC Performance Standards), insbesondere Nummer 7 zu indigenen Völkern sowie Nummer 5 zu Landerwerb und Zwangsumsiedelungen
- OECD-Leitlinien für öffentlich unterstütze Exportkredite von 2012 (OECD Common Approaches for Officially Supported Export Credits and Environmental and Social Due Diligence)
- Prinzipien von FAO, Weltbank und anderen von 2010 für verantwortungsvolle Investitionen im Agrarsektor (Principles for Responsible Agricultural Investment that Respects Rights, Livelihoods and Resources)
Die Bundesregierung orientiert sich an diesen Prinzipien und Leitlinien und fördert ihre Weiterentwicklung. Sie unterstützt zum Beispiel die Überarbeitung der Schutzstandards der Weltbank (safeguard review), um so einen besseren Schutz indigener Völker zu erreichen.
Weltkonferenz der indigenen Völker 2014
Erstmals in der Geschichte fand im September 2014 im Rahmen der UN-Generalversammlung eine Weltkonferenz indigener Völker statt. UN-Mitgliedsstaaten und Vertreter indigener Völker nutzten diese prominente Plattform, um die Achtung, den Schutz und die Gewährleistung der Menschenrechte indigener Völker einzufordern und die Situation indigener Völker in den Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit zu rücken.
Bei der Weltkonferenz wurden Perspektiven und gute Beispiele für die Verwirklichung der Rechte indigener Völker ausgetauscht. Das Abschlussdokument der Konferenz enthält Ansätze und Aktivitäten zur effektiveren Umsetzung der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte Indigener Völker (UNDRIP) und zur wirksameren Verankerung der Erklärung im Rahmen der UN-Strukturen.
Die Weltkonferenz sowie der Entwurf des Abschlussdokuments wurden unter aktiver Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern indigener Völker – etwa durch regionale Konferenzen – langfristig und intensiv vorbereitet.
Das BMZ hat im Vorfeld der Konferenz die umfassende und wirksame Beteiligung indigener Völker an der Konferenz gefördert. In spezifischen entwicklungspolitischen Vorhaben zu indigenen Völkern wurde zum Beispiel die Artikulationsfähigkeit und aktive Interessenvertretung indigener Repräsentantinnen und Repräsentanten gestärkt.
Die deutsche Entwicklungspolitik unterstützt zudem das Ziel der Konferenz, konkrete Vorgehensweisen für die Verwirklichung der Rechte indigener Völker durch eine effektive Umsetzung der UN-Erklärung über die Rechte Indigener Völker zu formulieren.
Der deutsche Beitrag
Der Schutz der Menschenrechte indigener Völker und das Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (FPIC) bei Planungen, die indigene Völker und lokale Gemeinschaften betreffen, sind wichtige Bestandteile des BMZ-Menschenrechtskonzepts von 2011. Für die Entwicklungspolitik ist die aktive Partizipation indigener Völker eine wichtige Voraussetzung für die Verwirklichung ihrer Menschenrechte. Über die Mitwirkung in den Gremien der Vereinten Nationen hinaus nutzt das BMZ seine bilateralen Kontakte zu Ländern mit indigener Bevölkerung, um sich im Politikdialog für deren Belange einzusetzen.
Das BMZ richtet sich zudem nach den Vorgaben der ILO-Konvention 169 und unterstützt die Umsetzung der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker (UNDRIP). Der regionale Schwerpunkt der bilateralen Zusammenarbeit zur Stärkung indigener Rechte liegt bislang in Lateinamerika. Hierfür legte das Konzept zur Zusammenarbeit mit indigenen Völkern in Lateinamerika und der Karibik von 2006 eine wichtige Grundlage.
Schwerpunkt Lateinamerika
Der Anteil Indigener an der Gesamtbevölkerung beträgt in Lateinamerika rund zehn Prozent, und ihre Rechte und Interessen werden von den Regierungen zunehmend anerkannt. Unterstützt werden vor allem die Bereiche Demokratieförderung, Schutz und Management natürlicher Ressourcen, Krisenprävention und Konfliktmanagement sowie Bildung. Bei allen Aktivitäten der bilateralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit in dieser Region wird geprüft, ob sie negative Auswirkungen auf indigene Völker haben könnten. Bei Vorhaben, die Indigene direkt betreffen, werden diese bereits frühzeitig und umfassend in die Planung einbezogen.
In Guatemala – wie zuvor in der Andenregion – wird der Auf- und Ausbau eines interkulturellen zweisprachigen Erziehungssystems unterstützt. In Brasilien wurden mit deutscher Unterstützung in einem partizipativen Prozess große indigene Gebiete (insgesamt in etwa die Fläche Deutschlands) demarkiert. Der Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegt nun auf ihrem Schutz und nachhaltigen Management. In Bolivien wurden und werden im Dezentralisierungsprozess indigene Selbstverwaltungen gestärkt.
In Nicaragua und Honduras wird die indigene Bevölkerung dabei unterstützt, im mesoamerikanischen Biokorridor das Management ihrer Territorien zu verbessern und dadurch zur Verringerung der Waldzerstörung beizutragen. In Mexiko entwickeln indigene Gemeinschaften Regelungen für Zugang und Schutz von biologischen Ressourcen und traditionellem Wissen, die in sogenannten biokulturellen Gemeinschaftsprotokollen festgelegt werden.
Ergänzend zu den bilateralen Vorhaben werden auf regionaler Ebene indigene Dachverbände dabei unterstützt, sich politisch zu positionieren und ihre Rechte einzufordern. Dadurch wird auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordination der indigenen Organisationen gefördert. Ein Beispiel ist das regionale Netzwerk "Indigene interkulturelle Universität" mit Sitz beim Fondo Indígena in La Paz. Es bietet Postgraduiertenstudiengänge zu interkultureller, zweisprachiger Bildung und Medizin sowie zu Rechtspluralismus an.
Auch die Stärkung der Rechte indigener Frauen ist Thema der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit Lateinamerika. Seit 2009 unterstützt die Bundesregierung außerdem die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bei der Umsetzung indigener Rechte innerhalb des interamerikanischen Systems. Ziel ist, die Mitgliedsstaaten stärker für die Belange indigener Völker zu sensibilisieren und die Beteiligung Indigener an den OAS-Gremien zu erhöhen.
Positionspapier in Vorbereitung
Auch in Asien und Afrika bezieht die deutsche Entwicklungszusammenarbeit die Belange der zahlreichen indigenen Völker und anderen marginalisierten Bevölkerungsgruppen in ihre Aktivitäten mit ein. Die Selbstorganisation der indigenen Völker und die Sensibilisierung der Regierungen für deren Rechte und Interessen sind allerdings noch nicht so weit fortgeschritten wie in Lateinamerika. Ein BMZ-Positionspapier zu Rechten indigener Völker weltweit ist in Arbeit.
Weitere Informationen
Informationen
Siehe auch
Externe Links
- Offizielle UN-Website zur Weltkonferenz indigener Völker (englisch)
- International Work Group for Indigenous Affairs (englisch)
- Indigenous Global Coordinating Group site about the World Conference on Indigenous Peoples (englisch)
- Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern (ILO-Konvention 169)
- Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Rechte indigener Völker (englisch)
- Permanentes Forum der Vereinten Nationen für indigene Angelegenheiten (englisch)
- Expertenmechanismus für die Rechte indigener Völker (englisch)
- Report 2010 der Vereinten Nationen zur Lage der indigenen Völker weltweit
(PDF 2,8 MB, englisch) - Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker
(PDF 188 KB) - UN-Leitlinien für verantwortungsvolle Landpolitik
(PDF 723 KB, englisch) - UN-Leitlinien zu Menschenrechten und Wirtschaft
(PDF 136 KB, englisch) - Schutzstandards der International Finance Corporation
(PDF 490 KB, englisch)
Publikationen
-
Entwicklungszusammenarbeit mit indigenen Völkern in Lateinamerika und der Karibik
BMZ Konzepte 139 Neues Fenster, PDF 685 KB 08/2006 | pdf | 685 KB | 22 S. -
Development Cooperation with Indigenous Peoples in Latin America and the Caribbean
Strategies 141 Neues Fenster, PDF 1,6 MB, englisch 12/2006 | pdf | 1,6 MB | 22 S.