Politische Situation Erste Reformschritte vollzogen
So wurden die weibliche Genitalverstümmelung und öffentliche Auspeitschungen verboten, die Todesstrafe für Minderjährige, für die Abkehr vom Islam und für gleichgeschlechtlichen Sex wurde abgeschafft, ebenso das Alkoholverbot für Nichtmuslime.
Die Regierung bekennt sich dazu, die Menschenrechte zu schützen, zu achten und zu fördern. Im Gegensatz zum Baschir-Regime, das die politische Opposition, freie Medienberichterstattung und Menschenrechtsarbeit unterdrückt hatte, sucht die neue Regierung Kontakt zur Zivilgesellschaft (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen) und zu internationalen Nichtregierungsorganisationen (Lexikon-Eintrag zum Begriff aufrufen).
Hohes Eskalationspotenzial
Militär und Sicherheitsapparat verfügen nach wie vor über viel Macht. Unterstützer des alten Regimes besetzen weiterhin einflussreiche Positionen in Wirtschaft und Verwaltung. Es ist daher unsicher, ob der angestrebte politische Wandel erfolgreich verläuft und das Land stabil bleibt. Die Staatsverschuldung ist extrem hoch. Korruption ist weit verbreitet: Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 202 (Externer Link)0 der Nichtregierungsorganisation Transparency International belegt Sudan Platz 174 von 180 ausgewerteten Ländern. Streitigkeiten um die Nutzung des Nilwassers und den Grenzverlauf sorgen für Konfliktpotenzial mit dem Nachbarland Äthiopien.
Die Übergangsregierung schloss am 3. Oktober 2020 in Dschuba ein Friedensabkommen mit einem Großteil der bewaffneten oppositionellen Gruppen ab. Das Abkommen ist ein wichtiger Schritt für die Schaffung eines dauerhaften Friedens. Bisher sind aber noch nicht alle aktiven bewaffneten Gruppen dem Abkommen beigetreten. Seit Anfang 2021 unterstützt die internationale politische Mission UNITAMS den Demokratisierungsprozess.
Hintergrund
Im April 2019 wurde Sudans damaliger Staatspräsident Omar al Baschir, der sich 1989 an die Macht geputscht hatte, durch das Militär abgesetzt. Auslöser war eine friedliche Protestbewegung, die seit Dezember 2018 landesweit für wirtschaftliche und politische Reformen demonstriert hatte. Ausgelöst durch einen Mangel an Nahrungsmitteln und die sich vertiefende Wirtschaftskrise gingen Sudanesinnen und Sudanesen, darunter viele junge Menschen, gegen die Regierung auf die Straße. Anfang 2019 schloss sich der Dachverband der Demonstranten mit Oppositionsparteien, bewaffneten Gruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zum Oppositionsbündnis "Forces for Freedom and Change" (übersetzt: Kräfte für Freiheit und Wandel) zusammen.
Nach der Absetzung Baschirs übernahm zunächst ein militärischer Übergangsrat die Regierungsgewalt. Doch die friedlichen Proteste hielten an und wurden durch Sicherheitskräfte und Milizen teils brutal niedergeschlagen. Unter zunehmendem internationalem Druck einigten sich der militärische Rat und das Oppositionsbündnis auf die Einrichtung einer zivil-militärischen Übergangsregierung, ursprünglich für die Dauer von drei Jahren und drei Monaten. Mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Dschuba wurde die Übergangszeit um etwa ein Jahr (bis Anfang 2024) verlängert.
An der Spitze des Staates steht der Souveränitätsrat, dem zunächst fünf Militärs und sechs Zivilpersonen angehörten. Im Februar 2021 wurde der Rat im Rahmen des Friedensabkommens um drei Mitglieder bewaffneter Rebellengruppen erweitert. In die umgebildete Regierung sind nun Vertreter aller am Friedensabkommen beteiligten Gruppen eingebunden.
Omar al Baschir wurde inhaftiert und in einem ersten Prozess in der Hauptstadt Khartum Ende 2019 wegen Korruption und Geldwäsche zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Seit Juli 2020 steht er außerdem wegen des Staatsstreichs 1989 vor Gericht; ein Urteil steht noch aus. Zudem droht ihm die Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Dieser hatte gegen Baschir – noch zu seiner Amtszeit – Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Völkermord in der Region Darfur erlassen.